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Wertingen: Wer pflegt die größte Buche im Buchenweg?

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Wer pflegt die größte Buche im Buchenweg?

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    Marwe Hannich liebt die große Buche, die in ihrem Garten steht. Da sie mittlerweile 25 Meter hoch ist, müssen für die Baumpflege Spezialisten anrücken: Benedikt Kraus (Mitte) ist ein zertifizierter „European Treeworker“ und kennt sich mit der Arbeit an riesigen, alten Bäumen bestens aus.
    Marwe Hannich liebt die große Buche, die in ihrem Garten steht. Da sie mittlerweile 25 Meter hoch ist, müssen für die Baumpflege Spezialisten anrücken: Benedikt Kraus (Mitte) ist ein zertifizierter „European Treeworker“ und kennt sich mit der Arbeit an riesigen, alten Bäumen bestens aus. Foto: Bärbel Schoen

    „Ich sitze gerne in ihrem Schatten“, erzählt Marwe Hannich, während sie beobachtet, wie zwei Baumexperten an ihrer alten Rotbuche hochklettern. Immer wieder ist ein Knacksen zu hören, bevor Äste zu Boden fallen. Darunter sind auffallend viele dünne Äste. Später erklärt der Spezialist Benedikt Kraus, warum keine armdicken Äste abgesägt worden sind: „Bei der Kronenpflege nimmt man nur Äste, die maximal fünf Zentimeter Durchmesser haben.“ Andernfalls könnte der Baum einen Sonnenbrand erleiden und ihn unnötig schwächen. Weil die Rinde der Buche sehr dünn ist, wäre ein Aufplatzen zu befürchten. Dadurch käme der Nährstoff-Fluss des Baumes ins Stocken. Und noch einen Grund führt der Baumpfleger an: „Wir schneiden nie ins Starkholz, weil wir große Wunden vermeiden wollen.“ Diese könnten dazu führen, dass Pilze, Bakterien, Viren und Feuchtigkeit ins Bauminnere gelangen und folgenschwere Erkrankungen hervorrufen. Kleine Wunden könne der Baum dagegen auf natürliche Weise selbst schließen. Nur eine Ausnahme machen die Baumpfleger – wenn Einrisse gefunden werden, muss auch mal ein dicker Ast fallen.

    Der aus Reutern stammende Baumpfleger kennt sich in seinem Metier aus. Er hat eine Zertifizierung als „European Treeworker“ in der Tasche. Dieser in gegenwärtig 21 europäischen Ländern anerkannte Abschluss dokumentiert, dass sein Inhaber alle wesentlichen Arbeiten am und im Baum unter Berücksichtigung des Natur-, Umwelt- und Unfallschutzes unter Anleitung durchführen kann. Neben der sogenannten Altbaumpflege ist er auch als Baumkontrolleur zugelassen. Der Wertinger Baumpfleger Marco Hillenmeyer hat Benedikt Kraus gern in seinem Team. „Ich hole mir immer zusätzlichen Rat von Experten.“ Die nachhaltige Baumpflege müsse das Ziel sein, macht er deutlich. Im vergangenen Jahr stand ihm zum Beispiel ein versierter Forst- und Fachagrarwirt zur Seite, als im Biergarten „Lagoi“ in Pfaffenhofen die 130 Jahre alten Kastanien kontrolliert und zurückgeschnitten wurden.

    Zurück zur Wertinger Rotbuche: Fast ehrfürchtig beobachtet Julins Möhler von seinem Anwesen aus die Sägearbeiten. „Der Baum muss stehen bleiben“, hofft er darauf, dass die Männer ihre Arbeit gut machen. „Die Lichtspiele in der Rotbuche sind unbeschreiblich. Im Frühjahr die herrliche Blütezeit, im Herbst erfreue ich mich an den Bucheckern, die mich an meine Kindheit erinnern. Und erst die leuchtend roten Blätter des Baumes.“ Möhler schüttelt den Kopf. Ihm sei klar, dass der Baum nicht allen Nachbarn gefalle. „Er macht viel Arbeit und er wirft manchem zu viel Schatten.“ Doch in Zeiten des Klimawandels müsse man die Vorteile eines alten Baumes sehen.

    Marwe Hannich erinnert sich, wie sie mit ihrem Mann 2002 hierher gezogen ist: „Wir fanden die Rotbuche damals so schön. Vielleicht haben wir uns deshalb für das Haus entschieden.“ Heute hütet sie den Baum wie ihren Augapfel. Nicht nur angenehmen Schatten spendet der alte Baum, sondern auch „unseren Sauerstoff“. Die letzte Sanierung liegt zehn Jahre zurück. Im vergangenen Herbst hat nach einem Sturm ein weiterer schonender Schnitt stattgefunden. Zwei Stunden lang arbeiten die beiden Baumpfleger an diesem Samstagmorgen. Die Straßenlaterne kann nun wieder die Kurve ausleuchten. Der Verkehrssicherheitspflicht sind die Hannichs mit dem Baumschnitt ebenfalls nachgekommen. Am Ende bringt Hillenmeyer ein kleines Schild mit der Nummer 000013 an der markanten Rotbuche an. Der zertifizierte Baumpfleger hat sich sein eigenes Baumkataster angelegt. Im Schadensfall kann die Versicherung nachlesen, welche Pflegearbeiten durchgeführt worden sind.

    Marwe Hannich kann jetzt wieder ruhig schlafen. Zumindest bis vier Uhr. Um diese Zeit versammeln sich so viele Vögel in ihrem Baum, dass an Schlaf fast nicht mehr zu denken ist. „Die haben sich morgens schon so viel zu erzählen“, lacht sie und schaut nach oben.

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