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Wertingen: Tragödie bei Bliensbach: Wie konnte der tödliche Unfall passieren?

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Tragödie bei Bliensbach: Wie konnte der tödliche Unfall passieren?

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    Bei Bliensbach kam es zu einem tödlichen Verkehrsunfall.
    Bei Bliensbach kam es zu einem tödlichen Verkehrsunfall. Foto: Dominik Bunk

    Den eintreffenden Polizisten und Feuerwehrleuten bot sich ein erschütterndes Bild, als sie am frühen Mittwochmorgen an der Unfallstelle nahe Bliensbach eintrafen. Zwei Autos waren dort frontal ineinander geprallt. Ein 19-Jähriger war auf der Staatsstraße 2033 in einer Mercedes-C-Klasse Richtung Augsburg unterwegs gewesen. Auf Höhe Bliensbach, kurz vor der lang gezogenen Senke, wollte er einen vor ihm fahrenden Lastwagen überholen – zuvor hatte er bereits ein anderes Auto überholt. Er übersah dabei laut Polizei einen ihm entgegenkommenden Renault Twingo, in dem zwei Männer saßen – ein 59-jähriger Fahrer und ein 30-jähriger Beifahrer.

    Den ungebremsten Zusammenstoß überlebte der Beifahrer im Twingo nicht. Das Auto wurde um die eigene Achse gedreht und stieß mit dem hinter dem Unfallverursacher fahrenden Auto zusammen, berichtet die Polizei. Die Rettungskräfte konnten den 30-Jährigen nur noch tot aus dem Auto bergen. Der 19-jährige Unfallverursacher kam mit leichten Verletzungen davon, ebenso der 50-jährige Fahrer des hinter ihm fahrenden Autos. Der 59-jährige Fahrer des Twingo wurde mit mittelschweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Mehr als 40 Einsatzkräfte von Rettungsdienst und Feuerwehren waren an der Unfallstelle vor Ort, dazu noch vier Streifenfahrzeuge der Polizei. Die Staatsstraße 2033 war von 5.40 bis 10.30 Uhr voll gesperrt, es wurde eine Umleitung eingerichtet.

    Bei einem illegalen Autorennen bei Bissingen starb vergangene Woche auch ein Mann

    Erst vergangene Woche hatte es im Landkreis Dillingen einen tödlichen Unfall gegeben. Zwei junge Männer hatten sich in der Nähe von Bissingen vermutlich ein illegales Autorennen geliefert. Dabei war eines der Autos von der Fahrbahn abgekommen – ein 19-Jähriger wurde herausgeschleudert und starb (wir berichteten). Der Fahrlehrer Thomas Egelhofer, der in Wertingen, Welden und Zusmarshausen Fahrschulen betreibt, sieht die zwei tragischen Unfälle grundsätzlich als völlig unterschiedlich an. Doch es gebe eine verbindende Komponente: eine gefährliche Verbindung von Unerfahrenheit und einer Tendenz zu mehr Risiko hinter dem Steuer bei jungen Fahrern. „Bis der eigene ‚Verkehrssinn‘ komplett ausgebildet ist, braucht es ungefähr sieben Jahre Fahrpraxis“, sagt Egelhofer.

    Sein Kollege Peter Seefried – Wertinger Stadtrat, Kreisrat und Inhaber von Fahrschulen in Wertingen, Binswangen und Blindheim – äußert sich gegenüber unserer Zeitung ähnlich. Er sagt es deutlich: „Das Gefahrenbewusstsein ist bei vielen nicht da.“ Erst am Vortag sei ihm beinahe etwas Vergleichbares passiert, als ihm ein überholender junger Mann auf der eigenen Fahrspur entgegengekommen sei – er habe eine Vollbremsung machen müssen, um einen Frontalzusammenstoß zu verhindern. „Es geht halt hundertmal beim Überholen gut – und dann einmal nicht mehr“, sagt Seefried. Er vermutet außerdem einen indirekten Zusammenhang zwischen der Pandemie und so manchem Unfall. Die Beschränkungen hätten zu deutlich weniger Fahrgelegenheiten für junge Leuten geführt. In den wichtigen Jahren, in denen die Fahrfähigkeiten verinnerlicht würden, sei die fehlende Praxis schlecht für die Sicherheit hinter dem Steuer.

    Die Staatsstraße 2033 gilt auf dem Abschnitt nahe Bliensbach als gefährlich

    In den Kommentaren zu der Unfallmeldung auf der Facebook-Seite unserer Zeitung diskutierten Leser außerdem intensiv über den Streckenabschnitt der Staatsstraße 2033 nahe Bliensbach. Hier gehen die Meinungen nicht auseinander: Diese sei sehr gefährlich, das sehen auch die Fahrlehrer Egelhofer und Seefried so. Beide wünschen sich dort bessere Möglichkeiten zum Überholen, etwa durch eine dritte Fahrspur auf einem Teil der Strecke.

    Auch Martina Guß, Leiterin der Polizeistation in Wertingen, kennt die Gefahren der Strecke. Schon Anfang Februar hätte es beinahe einen solch tragischen Unfall gegeben, und zwar an fast exakt derselben Stelle. Ebenfalls in den Morgenstunden, gegen 8 Uhr, setzte damals eine 40-jährige Frau zu einem Überholmanöver bei einem Lkw an, ohne ein entgegenkommendes Auto zu bemerken. Dessen Fahrer machte eine Vollbremsung und wich nach rechts aus, sodass alle drei Fahrzeuge nebeneinander passten und sich nur leicht touchierten. Dabei wurde niemand verletzt.

    Die Betroffenheit der Einsatzkräfte hängt stark vom persönlichen Bezug ab

    Mit vor Ort an der Unfallstelle am Mittwochmorgen war auch Bastian Beck. Der 45-jährige Wertinger betreut im Rahmen der psychosozialen Notfallversorgung die Einsatzkräfte im Kreis Dillingen. In diesem Fall scheinen die Feuerwehrleute – zumindest was bis jetzt abschätzbar sei – keine psychologische Unterstützung zu benötigen. „Es deutet im Moment auch nichts darauf hin, dass noch etwas im Nachgang kommt“, sagt Beck aus jahrelanger Erfahrung. Laut Beck kannte von den Einsatzkräften vermutlich keiner die Beteiligten. Wie sich ein Unfallgeschehen auf die Rettungskräfte auswirkt, hängt laut Beck vorwiegend davon ab, welche emotionalen Zusammenhänge es gibt.

    Auftauchen könnten Reaktionen auch immer im Nachgang. „Im ersten Moment steht der Körper unter Strom und Adrenalin, zu spüren ist manches erst, wenn der Körper runterfährt.“ Umsonst fuhr Beck allerdings keineswegs frühmorgens an die Unfallstelle. Als „First Responder“ beteiligte er sich an der Erstversorgung der Verletzten. (mit dem, dbk)

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