Es ist nur ein kleines, fast unscheinbares Ölbild, das im Eingangsbereich des Wertinger Schlosses hängt. Abgebildet ist darauf die Wertingerin Agnes Kratzer. Als sie 1946 ihren 100. Geburtstag in Wertingen im Bürgerspital beging, der Vorgängereinrichtung des Seniorenzentrums St. Klara, war trotz der harten Nachkriegszeit einiges los: Die amerikanischen Soldaten waren so fasziniert vom hohen Alter der Einwohnerin, dass sie Agnes Kratzer mit dem Jeep im Bürgerspital in der Bauerngasse 29 abholten, mit ihr durch Wertingen fuhren und sie auf diese Art feierten.
Besucher im Wertinger Bürgerspital
Die heutigen Nachfahren von Agnes Kratzer sind die Ururenkel Peter Kolb, Elisabeth Bunk und Stefan Kolb. Deren Mutter Thea Kolb war eine geborene Kratzer. Thea Kolbs Mutter berichtete ihren Enkeln, dass die Amerikaner zudem 100 Rosen überreicht hätten. In Wertingen erzählt man sich, dass manche Einwohner zur Gratulation ins Bürgerspital kamen, um die 100-Jährige zu sehen. So nahm auch Alfred Siggs Mutter ihren damals vierjährigen Sohn und zeigte ihm die rüstige Jubilarin.
Selbst heute noch ist ein 100. Geburtstag etwas Besonderes und wird entsprechend gewürdigt. Neben Bürgermeister und Landrat gratulieren der Ministerpräsident und der Bundespräsident dem Jubilar.
Agnes Kratzer wurde in Wertingen geboren
Agnes Kratzer, eine geborene Egger, wurde am 14. Juli 1846 in Wertingen geboren. Sie wohnte in der heutigen Badgasse 12. Im Alter kam sie ins Bürgerspital. 1872 heiratete sie den Wagnermeister Josef Kratzer (* 21.02.1844) aus Oberthürheim. Von ihren neun Kindern lebten 1949 noch drei. Ein Foto zeigt Agnes und Josef Kratzer anlässlich der goldenen Hochzeit am 1. Mai 1922 im Gasthof Seitz – in dem Gebäude ist mittlerweile der Drogeriemarkt Müller untergebracht.
Agnes Kratzer starb am 12. Februar 1949 im Bürgerspital. Sie wurde 102 Jahre alt. Der Maler Georg Stark verewigte Agnes Kratzer 1948 in einem Ölporträt, das sie als 102-Jährige zeigt. Dieses Gemälde ist im Besitz des Heimatmuseums Wertingen und ist Objekt des Monats Februar.
Weitere alte Bilder aus Wertingen
Von Georg Stark besitzt das Museum noch zwei weitere Bilder: ein Porträt des ehemaligen Stadtapothekers Eugen Bertele (undatiert) und ein Landschaftsbild (1920). Wie Stadtarchivar Dr. Johannes Mordstein recherchieren konnte, kam Stark am 29.11.1900 in Bergen im Landkreis Neuburg an der Donau zur Welt. Er zog 1923 nach München. Hier heiratete er am 24.09.1934 die Münchnerin Wilhelmine Cäcilie Stark, geborene Krähn. Von München ging es 1945 nach Wertingen. Er wohnte zunächst in der Schmiedgasse 5, später 1952 in der Fritz-Sauter-Straße 2. Am 4. Dezember 1963 zieht er von Wertingen weg nach Herrsching. Dort stirbt er am 17. März 1984.
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