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Wertingen: Für Wertingen gibt es kein extra Starkregen-Geld

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Für Wertingen gibt es kein extra Starkregen-Geld

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    Über Wertingen ging am 6. Juni ein Jahrhundertregen nieder. Doch zusätzliches Geld von Freistaat oder Bund ist nicht zu erwarten.
    Über Wertingen ging am 6. Juni ein Jahrhundertregen nieder. Doch zusätzliches Geld von Freistaat oder Bund ist nicht zu erwarten. Foto: Berthold Veh (Archiv)

    Der Landtagsabgeordnete Johann Häusler ist normalerweise ein sachlicher und zurückhaltender Politiker. Doch aus seiner jüngsten Mitteilung an unsere Zeitung lässt sich deutlicher Frust herauslesen. Überschrieben ist die Pressemitteilung mit den Worten: „Der Bund lässt die Flutgeschädigten im Landkreis Dillingen im Stich.“

    Worum geht es? Am 22. Juli fasste der Bayerische Landtag den Beschluss, „schnelle und unbürokratische Hilfe“ für Betroffene hinsichtlich der schweren Hochwasserereignisse im Juni und Juli bereitzustellen. Ausgangspunkt war ein gemeinsamer Dringlichkeitsantrag der beiden Regierungsfraktionen im Landtag, CSU und Freie Wähler. Denn eigentlich hatte der Ministerrat seit dem Juli 2019 die Soforthilfen nach Überschwemmungen eingestellt.

    Nachdem sich der Bund allerdings laut Häusler bereit erklärt hatte, Unterstützung für ein Soforthilfeprogramm für durch Hochwasser betroffene Länder anzubieten, nahm auch der Freistaat Bayern den Dringlichkeitsantrag an. Das Hilfsprogramm sollte von Bund und Bundesländern gleichermaßen finanziert werden.

    Freie Wähler drängten auf Ausweitung der Hilfen

    Die FW-Politiker Johann Häusler und Fabian Mehring drängten dabei darauf, den Antrag auch auf den Juni 2021 auszuweiten, und nicht wie vom Bund geplant auf den Juli zu beschränken. Am 6. Juni traf ein extremes Starkregenereignis Wertingen und sorgte für zahlreiche vollgelaufene Keller und andere Schäden. „Ich habe direkt auch Ministerpräsident Markus Söder angesprochen, der diesem Ansinnen sehr wohlwollend gegenüberstand“, so Häusler. Er hielt auch Rücksprache mit Finanzminister Albert Füracker und habe diesen direkt in der Aussprache im Plenum um eine verbindliche Auskunft gebeten, inwieweit Bayern dann auch bereit sei, die von Häusler vorgetragenen Regionen, darunter den Landkreis Dillingen, zu berücksichtigen. Es kam von Füracker eine Zusage – allerdings unter der Bedingung, dass der Bund dabei mitzieht.

    Dann die böse Überraschung: Ende Oktober erreichte den Abgeordneten Häusler die Nachricht aus dem Finanzministerium, dass der Bund eine Ausweitung der Hilfen auf Juni, wie von Bayern beantragt, abgelehnt habe. „Insofern hat auch das Bayerische Kabinett sein beschlossenes Hilfsprogramm auf die Juli-Hilfen reduziert, um einen Gleichklang mit dem Bund sicherzustellen“, schreibt Häusler. „Insofern verbleiben den Hochwassergeschädigten im Landkreis Dillingen, schwerpunktmäßig im Zusamtal, nur marginale Finanzhilfen.“ Diese seien nach der sogenannten Härtefondsrichtlinie zu beantragen.

    Häusler nennt diese Weigerung des Bundes, alle betroffenen Hochwassergeschädigten in Deutschland gleich zu behandeln, ein „unverhältnismäßiges und ungerechtes Verhalten“. Er spüre bei den Juni-Opfern einen schweren Vertrauensverlust gegenüber den verantwortlichen Organen des Bundes.

    Der Schaden durch den Starkregen ist schwer zu beziffern

    Der Schaden durch den Starkregen am 6. Juni in Wertingen ist für die offiziellen Stellen nach wie vor schwer in Zahlen zu fassen. Laut den Aufzeichnungen der Stützpunktwehr Wertingen habe es über 290 Einsätze gegeben, berichtet Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier. Dabei waren viele Keller geflutet – in manchen stand das Wasser zwei Zentimeter hoch, in anderen zwei Meter. Ertrunkene oder schwer verletzte Personen habe es nicht zu beklagen gegeben.

    Wie viel Geld von Freistaat und Bund ins Zusamtal geflossen wäre, lässt sich laut Lehmeier deshalb kaum abschätzen. „Es liegen mir keine Zahlen über die eingetretenen Privatschäden vor“, sagt Lehmeier. Auch habe er keine Kenntnis darüber, wer sich von den Betroffenen ausreichend versichert hat.

    Lehmeier verweist auch auf den Ausgangspunkt der Entscheidung für zusätzliche Hilfen: Die katastrophalen Ereignisse in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Belgien von Mitte Juli, die ganze Landstriche verwüsteten und mehr als 220 Menschenleben kosteten. „Nun waren die Starkregenereignisse am 6. Juni im Zusamtal für die Betroffenen wirklich schlimm und außergewöhnlich. Ich möchte die eingetretenen Schäden im Zusamtal aber nicht mit den Überflutungen und den schweren Schäden in

    Bürgermeister Willy Lehmeier ruft die Wertinger zur Eigeninitiative auf

    Er appelliere stattdessen an alle Bürgerinnen und Bürger, nicht bei jedem Thema „reflexartig ständig nach Staat und Stadt zu rufen“, sondern die Eigenverantwortung wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Jeder sollte den Abschluss einer Elementarversicherung ernsthaft prüfen. Jeder sollte sein Gebäude laut Lehmeier auf Schwachstellen untersuchen und aktiven Objektschutz betreiben: Sicherung der Kellerfenster, des Kellerabgangs, Einbau von Rückschlagklappen, Kontrolle der Revisionsschächte.

    Landrat Leo Schrell, ebenfalls Freier Wähler, äußert sich gegenüber unserer Zeitung folgendermaßen: „Für die betroffenen Grundstückseigentümer in Wertingen ist die Entscheidung des Ministeriums schmerzlich. Allerdings habe ich diese erwartet, weil bereits im Jahr 2017 die Bayerische Staatsregierung klar kommunizierte, dass künftig keine Entschädigungen bei Hochwasserschäden aus Steuermitteln mehr geleistet werden, falls eine Elementarschadenversicherung hätte abgeschlossen werden können.“ Inwieweit dies bei den geschädigten Grundstücken in Wertingen zutrifft, könne er nicht beurteilen.

    Die Situation im Ahrtal stelle sich anders als in Wertingen dar, weil dort die Grundstücke wohl nicht versicherbar waren und der Bund seine Entschädigungsleistungen davon abhängig mache, dass auch das Bundesland in gleicher Weise die Flutopfer entschädigt. „In Wertingen ist dies nicht der Fall“, so Schrell.

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