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Wertingen: Bald wird in Wertingen wieder demonstriert

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Bald wird in Wertingen wieder demonstriert

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    Michelle Lindner und Niklas Zöschinger engagieren sich bei „Fridays for Future“. Doch dieses Engagement soll bald über reine Demonstrationen hinausgehen.
    Michelle Lindner und Niklas Zöschinger engagieren sich bei „Fridays for Future“. Doch dieses Engagement soll bald über reine Demonstrationen hinausgehen. Foto: Benjamin Reif

    Drei Mal haben Schüler im März und April in Wertingen für mehr Klima- und Umweltschutz unter dem Motto „Fridays for Future“ demonstriert. Doch die Prüfungszeit hat die Proteste vorerst pausieren lassen. Die Wertinger Zeitung hat mit zwei engagierten Schülern über den Stand der Dinge und künftige Aktionen gesprochen. Michelle Lindner wird demnächst eine Ausbildung beginnen, Niklas Zöschinger bleibt vorerst noch in der Schule und absolviert ab Herbst die 13. Jahrgangsstufe.

    Seit den Demonstrationen von „Fridays for Future“ sind nun ungefähr sechs Wochen vergangen. Was für ein Fazit zieht ihr nun mit etwas Abstand?

    Zöschinger: Die „Testphase“ von Fridays for Future in Wertingen ist vorbei. Die Demos sind insgesamt wirklich toll gelaufen, es waren eine Menge Leute da, die sich wirklich für die Sache einsetzen. Doch manches ist auch noch nicht so gut gelaufen, es war einfach alles noch sehr spontan und teilweise auch chaotisch. Wir machen uns gerade intensiv Gedanken darüber, wie wir uns verbessern können. Aber insgesamt glaube ich, dass wir das sehr gut hinbekommen haben.

    Lindner: Persönlich kann ich sagen, dass die Demonstrationen ein tolles Erlebnis waren. Es hat mir gezeigt: „Hey, ich bin nicht allein damit, es fühlen noch andere Menschen so wie ich.“

    Fridays for Future in Wertingen geht weiter

    Wie geht es jetzt mit den Demonstrationen weiter?

    Zöschinger: Die Demonstrationen sollen bald wieder beginnen. Wir wollen einen geregelteren Ablauf hinbekommen und auch nicht mehr nur auf Wertingen beschränkt bleiben. Eine Demonstration in Dillingen beispielsweise sollten wir ebenfalls bald hinbekommen. Wir wollen natürlich auch noch größer werden und noch mehr Leute motivieren, zu den Demonstrationen zu kommen. Wir wollen im Landkreis einen Standpunkt zwischen Günzburg und Augsburg etablieren.

    Wie kam es bei euch zu dem Entschluss, euch für das Klima zu engagieren?

    Lindner: Als ich das erste Mal die Demonstrationen von „Fridays for Future“ in den Nachrichten gesehen habe, wusste ich sofort: Da will ich mitmachen. Und dann kam bald Niklas auf mich zu, und ich war sofort dabei.

    Zöschinger: Das Thema Klimaschutz war mir zwar schon immer irgendwie wichtig, doch ist es sozusagen unter dem Radar geflogen. Das hat sich dann auch bei mir geändert, als das Engagement von Greta Thunberg und die Demonstrationen in die Medien gekommen sind. Dann fand eine Demonstration in München statt, zu der wir und ein paar andere Schüler gefahren sind. Das war eine tolle Atmosphäre dort, man hat sich einfach sofort verstanden und aufgenommen gefühlt. Anschließend habe ich mir gedacht: Warum sollen wir „Landkinder“ denn zum demonstrieren in die Großstadt fahren? Da habe ich nach Gleichgesinnten gesucht, und so haben wir in Wertingen Fridays for Future etabliert.

    Wie empfandet ihr das Video des Youtubers Rezo, der die Union heftig für ihre Versäumnisse beim Klimaschutz kritisiert hat?

    Lindner: (lacht) Ja, das war mal was. Er hat ja mit den meisten Sachen recht, aber ich finde solche Videos auch problematisch. Auf Youtube werden die ja von sehr vielen sehr jungen Zuschauern geschaut. Da das so provokant ist, hinterlässt es sicher einen großen Eindruck und bildet vielleicht deren Meinung, ohne dass sie eigentlich verstehen, worum es genau geht. Ich finde es halt gefährlich, wenn nur einer Meinung nachgelaufen wird, egal, worum es geht.

    Zöschinger: Ich finde es auch problematisch. Die Diskussion sollte sachlicher bleiben, als sie da von Rezo geführt worden ist. Klar spricht er wichtige Punkte an. Und ich sehe es auch so, dass die Regierungsparteien jetzt einen klaren Auftrag haben, mehr für den Klimaschutz zu tun. Aber dieses Video und der Hashtag „Nie mehr CDU“, das finde ich nicht gut. Ich würde nie von vornherein ausschließen, eine Partei noch einmal zu wählen. Da unterstellt man den Leuten doch, dass sie sich niemals ändern könnten. Das finde ich unfair.

    Der Hype soll in Wertingen nicht abflauen

    Und freut euch im Gegenzug der Höhenflug der Grünen, die teilweise schon zur neuen Volkspartei erklärt werden?

    Zöschinger: Es wird ja teilweise so getan, als wären die Grünen die Eier legende Wollmilchsau unter den Parteien. Das sind sie sicher auch nicht. Aber wir freuen uns, dass sie sich ebenfalls für unsere Ziele von mehr Klima- und Umweltschutz einsetzen.

    Niklas, du hast auch vor, einen Verein zu gründen. Was hat es damit auf sich und wie ist der Stand der Dinge?

    Zöschinger: Ja, denn ich will nicht, dass der Hype um „Fridays for Future“ irgendwann abflaut und dann nichts Greifbares übrig bleibt. Deshalb soll hier ein Verein entstehen, der zwar im Prinzip dieselben Ziele verfolgt wie die Demonstrationen, doch lokal verwurzelt und unabhängig ist. Das soll sich zu einem gewissen Grad auch abheben von der Bewegung. Manchmal denke ich mir, dass das schon ein arg ambitioniertes Ziel ist. Aber ich finde, man muss das Thema Umweltschutz größer denken, nicht immer nur klein-klein. Mir geht es darum, konstruktiv zusammenzuarbeiten, anstatt sich gegenseitig die Schuld zu geben.

    Was wollt ihr mittelfristig erreichen?

    Zöschinger: Es sollen noch mehr konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, die dem Umweltschutz vor Ort dienen. Reden und fordern sind eine Sache, doch wir wollen auch tatsächlich vor Ort etwas bewirken. Dazu stehen wir mit dem Betriebshof in Verbindung – Müllsammelaktionen sind eine gute, einfach umzusetzende Maßnahme vor Ort. Außerdem sollen noch mehr Informationsveranstaltungen stattfinden, um die Wichtigkeit des Klimaschutzes in der Gesellschaft zu verankern.

    Das eigene Leben umgestellt

    Was habt ihr selbst in eurem Leben geändert, seit ihr mit den Demonstrationen angefangen habt?

    Lindner: Ich kaufe mittlerweile viel bewusster ein als noch vor ein paar Monaten. Ich will meinen Konsum so nachhaltig wie möglich machen und habe darüber auch mit meinen Eltern gesprochen. Das hat schon etwas bewirkt. Ich selbst esse nun beispielsweise viel weniger Fleisch als früher.

    Zöschinger: Man kann ja nicht Wasser predigen und Wein trinken. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir bei uns selbst anfangen und unser Handeln mit dem in Einklang bringen, was wir von anderen Leuten fordern. Aber es soll auch nicht so rüberkommen, als wollten wir den Leuten vorschreiben, wie sie zu leben haben. Das ist alles eine Gratwanderung. Niemand verhält sich jederzeit zu 100 Prozent korrekt. Ich fahre zum Beispiel auch Auto. Aber wenn es eine Zugverbindung gibt, nehme ich sie normalerweise auch.

    Würdet ihr noch Flugreisen unternehmen?

    Lindner: Ich bin in meinem Leben noch nie geflogen, insofern schwierige Frage (lacht). Ich finde, es kommt auf den Grund an, warum jemand fliegen will. Wenn es eine besondere Reise ist, zum Beispiel eine Hochzeitsreise, dann finde ich das völlig in Ordnung. Aber im Billigflieger für ein paar Tage nach Malle? Das ist jetzt nicht so toll.

    Zöschinger: Ich sehe es genauso. Grundsätzlich sollte man nichts verbieten, auch das Fliegen nicht. Wenn jemand bewusst eine Reise unternimmt, finde ich das nicht verwerflich. Ich überlege gerade selbst, ob ich noch einmal eine unternehmen will. Aber da habe ich mich noch nicht entschieden. Das Wichtigste ist für mich, dass man ein Bewusstsein für das hat, was man tut, und einem die Auswirkungen klar sind.

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