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Wertingen: An die 100 Bauern machten sich auf den Weg zur Groß-Demo

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An die 100 Bauern machten sich auf den Weg zur Groß-Demo

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    Der 29-jährige Landwirt Reiner Egger aus Hohenreichen führte die Kolonne von rund 100 Traktoren an, die sich am Sonntagmorgen von Wertingen aus auf den Weg zur Demonstration nach Augsburg machte.
    Der 29-jährige Landwirt Reiner Egger aus Hohenreichen führte die Kolonne von rund 100 Traktoren an, die sich am Sonntagmorgen von Wertingen aus auf den Weg zur Demonstration nach Augsburg machte. Foto: Birgit Hassan

    Sonntagmorgen, kurz vor halb neun. Raureif überzieht die Felder am Straßenrand. Auf der Wertinger Umgehungsstraße fährt an diesem nebligen Morgen bereits ein Traktor in Richtung Kreisverkehr. In der nächsten halben Stunde kommen noch viele mehr dazu. An die 100 Schlepper sind es letztendlich, die sich um 9 Uhr auf den Weg machen in Richtung Augsburg. Allen voran der 29-jährige Landwirt Reiner Egger aus Hohenreichen mit einem knallig roten Schild an seinem Traktor. „Auflagenflut killt Bauernmut“ steht darauf geschrieben – das große Thema einer Demonstration auf dem Augsburger Plärrergelände.

    Bauern wollen Aufmerksamkeit

    „Die Landwirte bekommen immer härtere Gesetze aufgebrummt, die Düngeverordnungen sollen nochmals verschärft werden, das hat mit der Praxis nichts mehr am Hut“, sagt Stefan Leutenmaier aus Binswangen. Der 35-jährige Landwirt aus Binswangen weist darauf hin, dass heutzutage alles auf die Landwirte geschoben werde und gibt zu bedenken, dass beispielsweise das gereinigte Klärwasser nicht auf Nitrat untersucht werde. Außerdem vermisst er ein System bei der Anlage von Nitrat-Messstellen. „Die Abstände sind absolut willkürlich.“ Leutenmaier war an diesem Morgen der Erste, der sich auf dem Gelände der neuen Tankstelle am Wertinger Kreisverkehr eingefunden hat. Gemeinsam mit Benedikt Stallauer (31) und Josef Häußler (15), ebenfalls aus Binswangen, erklärt er bereitwillig, um was es den Landwirten bei der Demonstration geht. „Mit einem Prozent der Bevölkerung haben wir in der Politik keine Lobby mehr, sind als Wähler nicht mehr wichtig“, sagt Stallauer. An diesem Sonntag wollen die Bauern die Aufmerksamkeit auf sich lenken, wollen in Augsburg mit Ministerpräsident Söder, der zum dortigen CSU-Neujahrsempfang erwartet wird, reden.

    „Wir müssen uns wieder zeigen“, erklärt Stefan Weishaupt. Der 47-Jährige ist einer der drei letzten Haupterwerbslandwirte in Wertingen. „Was die Politik mit uns vorhat, ist existenzbedrohend für viele von uns“, sagt Weishaupt. Am Flashmob kurz vor Weihnachten in Dillingen hatte er sich bereits beteiligt. Die Demonstrationen in Berlin und anderen großen Städten waren ihm zu weit weg. Zur Demo nach Augsburg hat er gleich drei Schlepper mitgebracht.

    Partnerinnen und Kindern mit dabei

    Auf den beiden anderen sitzen die beiden Nebenerwerbslandwirte Elias Maier (21) aus Gremheim und Andreas Mundi (26) aus Wertingen. Während Stefan Weishaupt seine Tochter Lena (13) und seinen Sohn Max (9) mitgebracht hat, werden andere von ihren Lebenspartnerinnen begleitet.

    Insgesamt gibt es laut Egger derzeit noch 1176 Höfe im Landkreis Dillingen, teils von Haupt-, teils von Nebenerwerbslandwirten betrieben. Mit 85 Bullen im Stall kann auch Gerhard Jäger aus Gremheim nur noch eine Nebenerwerbslandwirtschaft betreiben – „ein Hobby“, wie der 52-Jährige sagt. Auch für ihn ist wichtig, dass Bürokratie und Auflagen nicht noch mehr zunehmen.

    Leitung der Wertinger Gruppe übernommen

    In kleinen Grüppchen stehen die Bauern zwischen ihren Traktoren zusammen und unterhalten sich. Auf einigen Schleppern haben sie große Schilder montiert. „Ist der Landwirt ruiniert, wird dein Essen importiert“, heißt es auf dem einen. Auf einem anderen prangern sie an, dass jeder den Bauern wolle, doch seine Arbeit nicht anerkannt werde.

    „Ich mache meinen Beruf aus Leidenschaft“, erzählt Reiner Egger, „meinen Tieren geht es gut.“ Als Junglandwirt hat der Hohenreichener die Leitung der in Wertingen startenden Gruppe übernommen. Bereits im Vorfeld hatte er erinnert, dass jeder seinen Führerschein und TÜV-Plakette sowie Warnwesten, Verbandskasten und Rundumleuchten dabei und 0,0 Promille intus hat. „Wir wollen, dass die Veranstaltung ruhig verläuft.“ Mit diesen Worten steigt der 29-Jährige auf seinen Schlepper.

    Von Wertingen erst nach Eisenbrechtshofen

    Mit 40 Stundenkilometern fahren die ersten auf die Staatsstraße in Richtung Augsburg ein. Nächste Station ist der Biberbacher Ortsteil Eisenbrechtshofen. Dort wollen sich weitere Landwirte aus dem Landkreis Augsburg anschließen, ebenso in Gablingen.

    „Scheiß Bauern“ – Worte wie diese wollen Reiner Egger und seine Kollegen aus dem Kopf und Wortschatz der Bevölkerung eliminieren. „Wir tun für die Umwelt mehr als viele andere“, betont er. „Schwarze Schafe“ gebe es überall. Doch dürfe man nicht alle über einen Kamm scheren.

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