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Unternehmen der Region: Ein Auftrag des Schahs brachte den Durchbruch für Roma in Buttenwiesen

Unternehmen der Region

Ein Auftrag des Schahs brachte den Durchbruch für Roma in Buttenwiesen

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    Wo einst alles mit einer 3000 Quadratmeter großen Wiese am Ortsrand von Unterthürheim begann, erweiterte sich die Firma „Roma“ nach und nach auf die Fläche von 17 Hektar.
    Wo einst alles mit einer 3000 Quadratmeter großen Wiese am Ortsrand von Unterthürheim begann, erweiterte sich die Firma „Roma“ nach und nach auf die Fläche von 17 Hektar. Foto: Romakowski GmbH & Co. KG

    Minus 70 Grad Celsius und Winde mit 260 Stundenkilometern – die Antarktis. Dort steht seit fünf Jahren die indische Polarstation "Bharati". Die Wände stammen aus Buttenwiesen bei Wertingen von der Firma "Roma", gefertigt aus sogenannten Sandwichpaneelen. Platten sozusagen, die aus mehreren Schichten unterschiedlichen Materials bestehen. Mit geringem Gewicht und exakten Steckverbindungen sind die Paneele schnell und mit wenigen Handgriffen montiert. Sie dämmen und bieten flexibles Bauen, speziell für die Industrie.

    Reinhold und Margarethe Romakowski waren Heimatvertriebene aus Oberschlesien

    Dieter Romakowski machte sich Anfang der 70er Jahre zum Vorreiter in der Branche. Doch die Konkurrenz hat nicht geschlafen. Heute erhebt er den Anspruch, noch immer "Qualitätsführer" zu sein: "Für alle, die sich keine Experimente leisten wollen", sagt der 66-Jährige. Dabei hat der Unternehmer sich in seinem Leben schon auf vielfältige Experimente eingelassen und so im vergangenen Jahr erneut einen Umsatz von rund 120 Millionen Euro erzielt. Kein Vergleich zu dem, wie einst alles begann.

    Los geht die Geschichte mit den Großeltern Reinhold und Margarethe Romakowski. Mit Sohn Werner kamen sie als Vertriebene von Oberschlesien nach Unterthürheim. "Auf 700 Einwohner kamen 700 Flüchtlinge, und viele ohne Arbeit", sagt Dieter Romakowski. Aus der Not heraus gründeten der damalige Bürgermeister, der Pfarrer, ein Viehhändler und Reinhold Romakowski – ein gelernter Spirituosenhändler – die "Flüchtlingshilfe". Sie ließen Tonfiguren, Holzartikel und Küchenmöbel herstellen, beschäftigten dafür 40 Personen. "Vier verschiedene Firmenköpfe, das ging auf die Dauer nicht gut", erzählt Dieter Romakowski. So scherte sein Großvater aus, übernahm die Schreinerei und legte damit den Grundstein des heutigen Unternehmens "Roma". 1950 kassierte der Großvater das Heiratsgut der Schwiegertochter – eine 3000 Quadratmeter große "saure Wies" – und errichtete darauf die erste Halle.

    So entstand die Idee, zerlegbare Kühlräume herzustellen

    Von seinem Büro im ersten Stock schweift heute Dieter Romakowskis Blick durch die Glasfront über ein Firmengelände von 17 Hektar. Fünf große Produktionshallen stehen hier am Ortsrand des Buttenwiesener Ortsteils Unterthürheim. Dazwischen reiht sich auf durchnummerierten Asphaltflächen Palette an Palette. "Lösungen mit System. Damit alles passt." Mit diesem Slogan wirbt die Firma heute für sich. Knapp 300 Mitarbeiter beschäftigt Dieter Romakowski derzeit, alle an einem einzigen Standort. Dort, wo einst alles mit der sauren Wiese seiner Mutter begonnen hat. Einmal, kurz nach der Wiedervereinigung hatte er überlegt, einen Teil nach Ostdeutschland umzusiedeln, weil es dafür finanzielle Unterstützung des Staates gab. Heute ist er "überglücklich", dass alles beieinanderblieb. "Geballtes Know-how in einem Haus", sagt er.

    Doch zurück zu den Anfängen, als der Opa 1950 die erste Produktionshalle errichtete und Kühlraumtüren, Ladentheken und Stühle in seinem Betrieb schreinern ließ. Als dieser sieben Jahre später mit 51 Jahren starb, übernahm Sohn Werner das Unternehmen und legte den Grundstein für die heute ebenfalls noch hergestellten Produkte: zerlegbare Kühl- und Tiefkühlzellen aus Fertigteilen. "Dies war der eigentliche Beginn unserer Paneelfertigung", sagt Dieter Romakowski.

    Entstanden ist die Idee aus Holzkisten mit Zinkwannen voller Eis, in denen die Getränke kalt blieben. "Den Sommer über haben wir tausende dieser Cola-Boxen hergestellt", erinnert sich Dieter Romakowski an seine Kindheitstage. Doch es gab klare Grenzen. Ein eingestellter Meister, "ein Tüftler", entdeckte die Lösung. Er hatte über zerlegbare Kühlräume in Amerika gelesen. Und so fingen sie an, selbst kleine Teile zu individuellen Kühlräumen zusammenzufügen. "Wer keine Ahnung hat, wie was geht, geht offen an Themen ran und entwickelt ganz Verrücktes." Die Erkenntnis begleitete Dieter Romakowski durch sein weiteres Leben.

    Schah von Persien hatte die Vision vieler Gefrierhäuser an den Wegesrändern in Richtung Mekka

    Er war gerade 20 Jahre alt, als sein Vater 1970 überraschend mit 42 Jahren starb, und steckte mitten in einer Ausbildung. So kehrte er heim, stieg ins Geschäft ein und spürte enormen Druck. Die Firma beschäftigte mittlerweile 60 Mitarbeiter. Zunächst "plätscherte" laut Romakowski alles weiter wie gewohnt: "Die Auftragslage war gut, die Vertreter verkauften gut, doch nichts entwickelte sich weiter."

    Dort, wo er bereits als Kind spielte, zwischen Maschinen, Holz, Blechen, Styropor und Hartschaum, konnte er jetzt seinen wahren Mut und Ideenreichtum zeigen. Dieter Romakowski suchte innovative Menschen, die sich etwas zutrauten, setzte sich mit ihnen und ihren Ideen auseinander und alles Geld, was ihm zur Verfügung stand, aufs Spiel. Dank einer gemeinsam entwickelten Maschine war es plötzlich möglich, 400.000 Paneele pro Jahr anzufertigen, das Zehnfache wie bisher. Jetzt galt es, diese enormen Menge von Paneelen zu verkaufen. "Der Vorteil war, dass die Technik so neu war, dass wir Zeit hatten", reflektiert der 66-Jährige, "wir mussten allerdings die Menschen dazu bringen, von der klassischen, konventionellen zur neuen, modernen Sandwich-Bauweise zu wechseln". Der überzeugende Vorteil lag neben dem Preis in den maßgeschneiderten Lösungen, angepasst auf die unterschiedlichsten Temperaturen.

    Der Durchbruch gelang schließlich mit einem Auftrag des Schahs von Persien. Dieser hatte die Vision vieler Gefrierhäuser an den Wegesrändern in Richtung Mekka. So könnten die iranischen Pilger ihre Opferlämmer kühlen. "Es war unser größter Auftrag, den wir je hatten", freut sich Dieter Romakowski noch heute, "153 Lkw-Ladungen voll mit Paneelen." Ob die Kühlhäuser je aufgebaut wurden, weiß der Buttenwiesener Unternehmer nicht. Denn der Schah stürzte, die Rechnungen hatte der Monarch glücklicherweise bereits bezahlt.

    Romakowski: "Rückblickend wäre mir heute einiges zu riskant"

    Mut und der "richtige Riecher" zahlten sich erneut aus, als Romakowski 2007 mit rund 35 Millionen Euro in die dritte Polyurethan-Doppelbandanlage und die zusätzliche Herstellung von Mineralwollpaneelen investierte, die speziell dem Brand- und Schallschutz dienen. 2012 richtete der Buttenwiesener Unternehmer seinen Blick nochmals auf den Kühlsektor, den Klassiker der Firma. Produkte, Vertrieb und Organisation wurden "runderneuert". Romakowski hatte erneut nach seinem "Bauchgefühl" gehandelt. Ein Rekordumsatz im vergangenen Jahr bestätigte die Investition.

    Rückblickend sagt der 66-Jährige: "Wenn ich mit meiner heutigen Erfahrung manche Entscheidungen noch einmal treffen müsste, wäre mir einiges zu riskant." Er hatte kein Vorbild, nahm nachts alles mit ins Bett und grübelte.

    Für seinen Sohn wünscht sich der Unternehmer einen anderen Übergang: "Dass wir miteinander reden und noch gemeinsam etwas durchziehen können." Schon früh sprachen sie offen und klar miteinander. Im Moment studiert der 21-Jährige Betriebswirtschaft und Ingenieurwesen. Dem Vater gefällt das natürlich: "So wird er technisch mitreden und gleichzeitig den Kontostand im Blick bewahren können."

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