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Tierisch in Possenried: Im Schlammbad fühlen sich die Schweine wohl

Tierisch in Possenried

Im Schlammbad fühlen sich die Schweine wohl

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    Die Schweine verbringen auf dem Gnadenhof den größten Teil des „Jahrhundertsommers“ in ihrer Schlammsuhle.
    Die Schweine verbringen auf dem Gnadenhof den größten Teil des „Jahrhundertsommers“ in ihrer Schlammsuhle.

    Der Boden unter Peter Rotters Füßen staubt, als er über das schmale, selbst gebaute Brückchen geht. Stolz schaut er auf zwei Schweine, die sich in einem Schlammbad wälzen. „Wir haben hier ein ziemlich hohes Grundwasser, aber dieses Jahr reicht das nicht aus“, erzählt er und zeigt auf den Gartenschlauch, der frisches Wasser in die Suhle spritzt.

    Peter Rotter leitet gemeinsam mit seinem Ehepartner Daniel Rotter seit 2011 den Gnadenhof Franziskus im Ortsteil Possenried. Inzwischen haben die Beiden etwa 200 Tiere – bei den diesjährigen Temperaturen eine besondere Herausforderung. Besonders wichtig sind laut Peter Rotter genügend Schattenplätze. Da es auf ihrem Anwesen nicht genügend Bäume gibt, müssen diese manchmal selbst gebaut werden. So auch bei den Schafen und Ziegen, die sich über zwei neue Sonnenzelte und Marquisen freuen dürfen.

    Handwerksarbeit ist für Peter und Daniel Rotter nichts Neues, bis zum Einzug der ersten Tiere im Gnadenhof war es ein langer Weg. Nach der Gründung des Hofs 2011 musste das komplette Anwesen renoviert werden – das Haus hatte nicht mal ein Bad. Dennoch konnten im Januar 2012 nicht nur die beiden Männer, sondern auch vier Schweine einziehen.

    Heute hat das Paar nicht nur jede Menge Katzen, Hunde und Ziegen, sondern auch einige exotische Tiere, wie zum Beispiel die Nutrias, die ursprünglich aus Russland stammen.

    Wer die große „Tierfamilie“ der Rotters mit eigenen Augen sehen möchte, hat am heute beim alljährlichen Sommerfest die Möglichkeit dazu. Ab 14.30 Uhr sind dort nicht nur mehrere Führungen, sondern auch ein Glücksrad, sowie vegetarische und vegane Speisen und Cocktails geboten.

    Die flauschigen Nutrias, die nahe mit Bibern verwandt sind und deswegen oft auch Biberratte genannt werden, bekamen sie aus Reutlingen. Dort wurden 30 Tiere auf nur einem Quadratmeter gehalten – weswegen sie Hitze schon gewohnt sind und den diesjährigen Sommer nicht so schlimm finden, wie Peter Rotter vermutet. Ursprünglich sollten alle 30 Nutrias aufgenommen werden. Da den Rotters allerdings eine artgerechte Haltung sehr wichtig ist, haben sie sich entschieden, nur drei zu sich zu nehmen. „Das fällt uns manchmal schwer“, sagt Daniel Rotter, „aber wenn es nicht geht, dann geht’s halt nicht.“

    Außerdem versuchen die Tierfreunde, anderweitig zu helfen: Auf ihrer Homepage haben sie eine Vermittlungsseite, auf der Bilder und Schicksale von Tieren veröffentlicht werden können. So gelingt es oft, ein neues Zuhause zu finden.

    Seit Mai 2018 hat der Gnadenhof ein neues Vogelhaus mit Voliere. „Das war wirklich eine Blitzaktion“, berichtet Peter Rotter. Geplant war es nämlich nicht – eine Frau aus Pfaffenhofen, deren Vögel in Possenried ein neues Zuhause gefunden hatten, weil sie auf die Tiere allergisch war, hat nach einem Besuch beschlossen, es den beiden Männern zu schenken. Innerhalb von zwei Wochen stellten Daniel Rotter und sein Vater das neue Zuhause für die Vögel auf. „Die Vögel freuen sich, wenn es so warm ist, dann können sie schön herumfliegen“, freut sich Rotter.

    Bevor sie den Hof in Possenried gegründet hatten, waren Peter und Daniel Rotter bereits erfahrene Tierhalter. In Horgau hatten sie einen kleinen Gnadenhof mit Gänsen und Ziegen. Dort wurde die Nachfrage irgendwann zu groß und der Platz zu klein. Zunächst schauten sich die Beiden auch in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern um. Besonders wichtig war, dass ein Bach in der Nähe ist. Deswegen und wegen des hohen Grundwassers fiel die Wahl letztendlich auf den Wertinger Ortsteil.

    Daniel Rotter bedauert, dass Einrichtungen wie der Gnadenhof Franziskus überhaupt existieren müssen. Er wünscht sich, die Menschen würden sich mehr informieren, bevor sie sich ein Haustier anschaffen. „Der größte Teil der Tiere hier sind ausgesetzte Weihnachts- oder Ostergeschenke“, erzählt er. Wie zum Beispiel der Hase Watson, den ein Bekannter der Beiden in einem Einkaufswagen in Augsburg Oberhausen entdeckt hat, ausgestattet mit ein paar kleinen Karotten und einem Schild mit der Aufschrift „Ich heiße Watson, nimm mich mit.“ Peter Rotter meint, dafür gäbe es eine einfache Lösung; „In der Schweiz muss man einen Haustierführerschein machen, bevor man sich ein Tier anschafft. Das wäre in Deutschland auch sehr sinnvoll.“

    Deswegen setzen sich die Beiden dafür ein, die Leute zu informieren. Sie erinnern sich an eine junge Frau, die sich vor kurzem eine Bartagame – ein Reptil aus Australien – anschaffen wollte, aber keine Ahnung hatte, wie viel Zeit und Geld sie dafür investieren muss. „Klar“, meint Peter Rotter, „das Terrarium kostet vielleicht nur zehn Euro, aber durch das spezielle Licht und das Zubehör, das unbedingt benötigt wird, kann der Preis schnell in die Höhe schießen.“

    Auch viele Abenteuer haben die Beiden schon erlebt, wie zum Beispiel, als sie das Hängebauchschwein Hanna gerettet haben. Sie war mit einem großen Zirkus unterwegs gewesen und im Winter bei einem Bauer untergebracht worden. Auf die Ärzte, die das Schwein untersuchen sollten, war der Bauer bereits mit einer Mistgabel losgegangen. Mit drei Polizeiautos wurden die zwei Männer auf den Bauernhof gebracht.

    Sie baten aber darum, vor einem Einschreiten der Beamten zunächst alleine mit dem Mann reden zu dürfen. Und tatsächlich: Ohne große Probleme übergab der Bauer Hanna dann in ihre Obhut.

    Mittlerweile können kaum noch Tiere aufgenommen werden, weil Peter Rotter „hauptberuflich“ am Gnadenhof arbeitet, dafür aber keinen Cent bekommt.

    Das Paar lebt von Peter Rotters Gehalt als Tierheilpraktiker. Davon muss nicht nur ihr Leben, sondern auch das der Tiere finanziert werden, da der Gnadenhof keine städtischen und staatlichen Zuschüsse bekommt, wie die Rotters berichten. Neue Tiere können nur noch mit einer Patenschaft aufgenommen werden, die für das Tier zahlt.

    Auch Großtiere wie Kühe und Pferde können nicht in den Gnadenhof einziehen, da die Rotters sich dafür nicht als qualifiziert betrachten.

    Die Schweine führen jedoch schon von Anfang an ein glückliches Leben in Possenried und werden sich auch weiterhin in ihrem Schlammbad suhlen – bei der diesjährigen Hitze natürlich ein absolutes Muss!

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