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Region Wertingen: Das Zusamtal geht im Starkregen unter

Region Wertingen

Das Zusamtal geht im Starkregen unter

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    Auch in Hohenreichen wütete das Unwetter. Dort blieb ein Auto in den Wassermassen stecken.
    Auch in Hohenreichen wütete das Unwetter. Dort blieb ein Auto in den Wassermassen stecken. Foto: Ulrike Walburg

    Sintflutartige Regenfälle haben am späten Sonntagnachmittag im Zusamtal zu einem Ausnahmezustand geführt. Mehr als 120 Liter Regen pro Quadratmeter gingen seit 14 Uhr über der Wertinger Region nieder. So viel wie sonst in einem ganzen Monat. Zu viel für die Kanalisationen und Bachläufe.

    Viele Menschen sind fassungslos

    Gegen 17.30 Uhr wurden die Feuerwehren alarmiert. Von Buttenwiesen bis Roggden, von Wertingen bis Hohenreichen und Wortelstetten – überall liefen am Sonntagabend innerhalb weniger Minuten die Keller voll. Mehr als 120 sind es nach einer ersten Auskunft der Wertinger Feuerwehr.

    Teilweise werden Granitsteine aus den Gehwegen herausgespült – etwa am Kalteck in Wertingen. Auf vielen Straßen steht das Wasser bis zu einem halben Meter hoch. Einsatzkräfte der Feuerwehren müssen deshalb vielerorts Straßen sperren. Eine braune Brühe wälzt sich in Wertingen auch von der Staatsstraße 2027 von Roggden her auf die Kreuzung zur Staatsstraße 2033 hinab. Die Polizei berichtet von zahlreichen liegen gebliebenen Autos, die mit Wasser volllaufen. In Hohenreichen müssen die Helfer einen Mann retten, dessen Wagen von den Wassermassen eingeschlossen ist. Dort ist auch ein Rettungshubschrauber im Einsatz.

    Dramatische Szenen spielten sich wegen des Starkregens am Sonntagabend im Zusamtal ab. In der Hauptstraße in Wertingen entstand ein reißender Bach.
    Dramatische Szenen spielten sich wegen des Starkregens am Sonntagabend im Zusamtal ab. In der Hauptstraße in Wertingen entstand ein reißender Bach. Foto: Feuerwehr

    Der Schaden, den dieses heftige Unwetter hinterlassen hat, dürfte immens sein. Neben den örtlichen Feuerwehren rücken auch Floriansjünger aus Höchstädt, Dillingen und Lauingen sowie die Wasserwacht an, um Keller leerzupumpen, Straßen zu sperren und den Verkehr zu regeln.

    Ein Wort macht bei vielen Menschen an diesem Sonntagabend die Runde: „Wahnsinn.“ Die Szenen, die sich im Zusamtal abspielen, machen viele Bewohner fassungslos. Als Daniel Müller seinen überfluteten Markt Los Sparos in der Wertinger Industriestraße sieht, ist er sichtlich bemüht, Haltung zu bewahren. Nach dem Lockdown habe er nun durchstarten wollen. „Und jetzt das, ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

    Die Redaktion der Wertinger Zeitung wurde ebenfalls überflutet: Hier versuchen Otto und Gabi Killensberger, Hertha Stauch und fleißige Helfer das Wasser vom Gebäude fernzuhalten.
    Die Redaktion der Wertinger Zeitung wurde ebenfalls überflutet: Hier versuchen Otto und Gabi Killensberger, Hertha Stauch und fleißige Helfer das Wasser vom Gebäude fernzuhalten. Foto: Homann/Veh

    Auch die Redaktion der WZ ist überflutet

    In Bächen ist das Wasser durch die Wertinger Hauptstraße und über den Marktplatz geschossen. Überflutet ist auch die Redaktion der Wertinger Zeitung. Die Eigentümer des Gebäudes, Otto und Gabi Killensberger sowie unsere frühere Kollegin Hertha Stauch, sind mit fleißigen Helfern bemüht, mit Schaufeln und Besen die Wassermassen vom Gebäude fernzuhalten. Vergeblich. Ähnlich ist die Lage bei Manuel Contartese in der Mühlgasse. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt er. Innerhalb von zehn Minuten sei das Wasser einen halben Meter hoch im Keller gestanden. Aus den offenen Fenstern eines Gasthofes schütten Menschen eimerweise Wasser auf die Straße. Aus vielen Hofeinfahrten ragen Schläuche heraus, da wird ein Keller leer gepumpt, dort ein Erdgeschoss. Teils in kurzen Hosen und nass bis auf die Haut versuchen die Bewohner zu retten, was zu retten ist.

    Vom Kreisverkehr her und vom Aufbach lief das Wasser durch Roggden.
    Vom Kreisverkehr her und vom Aufbach lief das Wasser durch Roggden. Foto: Homann/Veh

    Auch das Seniorenzentrum St. Klara bleibt nicht verschont. „Ich weiß nicht, was wir verbrochen haben, das ist furchtbar“, sagt Leiterin Pauline Wiesenmayer. Die Einrichtung war durch Corona heftig getroffen worden, und jetzt werde das Heim überschwemmt. Dort pumpt die Dillinger Feuerwehr den Keller aus, nachdem das Erdgeschoss wieder einigermaßen frei ist. Hunderte Liter braunes Wasser laufen auf die Bauerngasse hinaus. Der Bliensbach, der sonst unter der Donauwörther Straße in Wertingen hindurch rinnt, ist zu einer schlammigen Suppe angeschwollen, die sich noch gerade so unter der Brücke durchdrückt.

    Land unter herrschte auch in der Wertinger Mühlgasse.
    Land unter herrschte auch in der Wertinger Mühlgasse. Foto: Cordula Homann

    Auch in Roggden heißt es am Sonntagabend Land unter. Mit Sandsäcken versuchen die Menschen dort, ihren Besitz vor den Wassermassen zu schützen. Ein Radweg ist von Schlamm überspült. Auf Facebook melden sich Menschen, deren Keller überflutet sind oder die es gerade noch rechtzeitig vor einer Straßensperrung nach Hause geschafft haben. Buttenwiesen soll gesperrt sein, ebenso Frauenstetten. In Hohenreichen stehen die Markt- und die Frauenstetter Straße sowie weitere Verbindungen komplett unter Wasser. Eine Überquerung ist wegen zu starker Strömung nahezu unmöglich. Der Reichenbach ist über die Ufer getreten. Derweil regnet es immer weiter. Auch auf den Feldern um Wertingen herum steht das Wasser. An einer beliebten Gassistrecke ragt eine Straßenlaterne nur halb aus dem Schlamm.

    Im Seniorenheim St. Klara in Wertingen lief nicht nur der Keller, sondern auch die Küche voll Wasser. Dort half die Dillinger Feuerwehr.
    Im Seniorenheim St. Klara in Wertingen lief nicht nur der Keller, sondern auch die Küche voll Wasser. Dort half die Dillinger Feuerwehr. Foto: Homann/Veh

    Und überall sind Feuerwehr und Polizei im Einsatz, klären Autofahrer auf, sperren Straßen oder stellen Warnhinweise auf. Etwa auf der Strecke zwischen Binswangen und Kicklingen, wo die Straße stellenweise ebenfalls überschwemmt ist.

    Gegen 21 Uhr hört der Regen auf

    Mehr als 300 Einsätze aus dem Gebiet laufen insgesamt über den ganzen Tag bei der Wertinger Feuerwehr ein. Dort ist eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Gegen 21 Uhr hört zumindest der Regen auf. Doch die Pegel der Bäche steigen weiter an. Das Rote Kreuz richtet in Wertingen eine Verpflegungsstation ein. Auch THW, Wasserwacht und der städtische Bauhof sind bis spät in der Nacht im Einsatz. Letzterer verteilt an diesem Abend mehr als 1000 Sandsäcke in der ganzen Region.

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