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Politischer Abend: Söders Donnerwetter in Wertingen

Politischer Abend

Söders Donnerwetter in Wertingen

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    Wird er nun Bayerns Ministerpräsident oder nicht? Markus Söder (2. von rechts) kokettierte im Lauf des Abends öfter mit dieser Möglichkeit. Dank und Unterstützung bekam er von regionalen Vertretern der CSU wie Hans Moraw (links) und Alfred Schneid (2. von links), sowie Festwirt Werner Schmid (rechts).
    Wird er nun Bayerns Ministerpräsident oder nicht? Markus Söder (2. von rechts) kokettierte im Lauf des Abends öfter mit dieser Möglichkeit. Dank und Unterstützung bekam er von regionalen Vertretern der CSU wie Hans Moraw (links) und Alfred Schneid (2. von links), sowie Festwirt Werner Schmid (rechts).

    War der Einmarsch des Heimat- und Finanzministers Dr. Markus Söder nun standesgemäß? Eine Frage, die kurz vor Beginn seiner Rede an den Biertischen eifrig diskutiert wurde. Denn Söders Gang durch das Festzelt des Wertinger Volksfestes wurde neben dem Wummern des Starkregens auch vom Bayerischen Defiliermarsch begleitet. Und darauf kam Söder gleich in den ersten Minuten seiner Rede zu sprechen. Es handele sich da um einen „Formfehler“, denn der Defiliermarsch sei bei Veranstaltungen ja dem Ministerpräsidenten vorbehalten. Eifriges Murmeln, Kunstpause. „Ich glaube aber, ich kann das emotional verkraften“, schob Söder grinsend nach und erntete lauten Beifall.

    Der Hochkaräter der CSU sprach vor vollem Haus, aber überbelegt war das Festzelt auch nicht. Von der ersten Sekunde an zog Söder die Menge in seinem Bann. Der Franke sprach rund 50 Minuten kraftvoll, mitreißend und unterhaltsam, ohne sich nur ein einziges Mal zu verhaspeln oder ins Stocken zu geraten. So austauschbar der Ort schien, an dem er sprach – von ein paar Anekdoten über den heimischen Landtagsabgeordneten Georg Winter abgesehen, ging er auf den Landkreis selbst nie konkret ein – so unterhaltsam war seine Rede.

    Vorbereitet worden war der Auftritt von einem doppeldeutigen Eingangssatz des einzigen Nicht-CSU-lers des Abends, Bürgermeister Willy Lehmeier (Freie Wähler): „Wenn ich schon einmal die Gelegenheit habe, vor so einem Publikum zu sprechen, werde ich es natürlich bei einem Grußwort belassen.“

    Söder schien es recht zu sein, als er die Bühne betrat. Nach ein paar anfänglichen Witzen folgten viele lobende Worte über Bayern und den Fleiß des Mittelstandes – speziell im ländlichen Raum. Deutschland sei stark, weil es Leistungskerne gebe. „Europa ist stabil, weil

    Da das CSU-geführte Bayern wunderbar dasteht, sparte Söder nicht mit Seitenhieben auf alles, was sich politisch links der CSU bewegt. Speziell auf die Bundeshauptstadt schoss er sich ein. „Eigentlich müssten die in Berlin einen mit Dankesgesten empfangen, wenn man ankommt. Aber die halten stets die Hand auf und fordern mehr“, sagte Söder. Das andauernde Debakel des Hauptstadtflughafens BER führte er als Zeugnis des politischen Versagens ebenso an wie die neuen Enthüllungen um die möglichen Vertuschungen im Fall des Terroristen Anis Amri. Alles, was politisch links stehe, setze sich zudem gerade für Steuererhöhungen ein. Dabei sei es sein Anliegen, dass alle, die fleißig und ehrlich arbeiteten, endlich mehr im Geldbeutel haben sollen.

    Der Finanzminister vereinnahmte dann noch ein Zitat des berühmten Augsburger Lyrikers (und Kommunisten) Bertolt Brecht und wandelte es leicht ab in: „Das Schönste an Berlin ist die Rückfahrt nach Bayern.“ Brecht sagte einst über seine Geburtsstadt Augsburg, dass das Schönste an ihr der Zug nach München sei. Söders Liebe zur Landeshauptstadt hält sich dagegen scheinbar in Grenzen, denn da habe man ja mittlerweile Glück, wenn man auf der Straße noch einen Bayer treffe. Deshalb: „Etwas weniger für

    So polternd und zielgerichtet blau-weiß-bayerisch der Großteil seiner Rede ausfiel, so ging Söders Blick auch über den Tellerrand hinaus. Für die Niederlande, die aufgrund eines Auftrittsverbots für türkische Politiker ebenfalls ins Visier von Präsident Erdogan geriet, der es ebenso wie Deutschland mit wirren Nazi-Anschuldigungen belegte, gab es Schützenhilfe. „Da muss man sich schon fragen, ob der Mann ein emotionales Problem hat“, rief Söder. „Gerade Holland, das Opfer des Nationalsozialismus geworden ist, in diese Ecke zu drängen, ist völlig absurd.“ Die Gespräche mit Erdogan über einen EU-Beitritt will er abbrechen.

    Härte forderte er außerdem bei der Integration, die doppelte Staatsbürgerschaft will Söder abgeschafft sehen – er könne sich nicht vorstellen, dass man sich zwei Ländern gleich verbunden fühlt. Und bei der Diskussion über die Werte, die es zu vermitteln gelte, sieht er eine falsch verstandene Toleranz in Teilen der Gesellschaft – vor allem den Grünen und Linksliberalen. „Wer hierbleiben will, muss unsere Sitten und Gebräuche lernen und nicht umgekehrt“, so Söder, wofür er von den Gästen bejubelt wurde.

    Wenn die Stimmungslage zu sehr ins Ernste abzudriften drohte, schaffte es Söder stets, mit Witz abzufedern. Dabei kokettierte er nicht nur mit einer möglichen Nachfolge Seehofers als Ministerpräsidenten. Auch bei der eigenen Biografie wusste Söder zu unterhalten. „Ich habe es geschafft, Abitur zu machen, zu studieren, einen Doktor zu machen. Und ich habe es auch geschafft, diesen Titel zu behalten.“

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