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Lauterbach: Der Baum ist mit seinem Besitzer alt geworden

Lauterbach

Der Baum ist mit seinem Besitzer alt geworden

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    Über drei Meter misst der Umfang der Rotbuche im Garten von Hermann Janka in Lauterbach. Er liebt den Baum über alles.
    Über drei Meter misst der Umfang der Rotbuche im Garten von Hermann Janka in Lauterbach. Er liebt den Baum über alles. Foto: Bärbel Schoen

    „Der Baum bleibt stehen, solange ich lebe.“ Hermann Janka blickt voller Liebe auf die über 20 Meter hohe Rotbuche, die ihn an den 29. November 1969 erinnert. „Da habe ich meine Eva geheiratet.“ Vor sechs Jahren ist seine große Liebe gestorben. Doch der alte Baum symbolisiert die Verbindung bis heute. Denn die Rotbuche war ein Hochzeitsgeschenk seines Jugendfreundes, des Wertinger Gärtnermeisters Hans Reiter.

    Gerade in diesen Tagen, an denen das Thermometer über 36 Grad Celsius klettert, ließe es sich unter dem Blätterdach gut aushalten. „Wenn nicht die Straße wäre“, bedauert der 78-Jährige. Der Lärm von Autos und Lastkraftwagen stört die idyllische Lage von damals. Vor lauter Krach verstehe man oft sein eigenes Wort nicht mehr. Eine Umgehungsstraße werde er wohl nicht mehr erleben, befürchtet Janka und schüttelt den Kopf. Ja, früher, da habe er oft mit seiner Eva unterm Baum gesessen und den Tag ausklingen lassen. Ein Baum strahlt Gelassenheit aus und beruhigt, wenn die Blätter im Wind rauschen.

    Den Platz für die Rotbuche am Gartenrand habe seine Frau vor 50 Jahren ausgesucht, erinnert sich Janka noch. Heute führt ein Radweg daran vorbei. Nicht selten kommt es vor, dass Radler hier Halt machen, um Schutz vor Regen oder Sonne zu suchen. Und manches Mal hat der Rentner Radfahrer in seinen Garten hereingebeten und ein kühles Bier angeboten. Dabei wurde unter dem Baum über das Leben philosophiert und viel gelacht, und es wurden Erfahrungen ausgetauscht, während über den Köpfen Vögel zwitscherten.

    Die Gefühle für den Baum haben sich verändert

    „Sie glauben nicht, wie viele Blätter dieser Baum hat“, lacht der Lauterbacher. Es müssen Tausende und Abertausende sein. Im Herbst, wenn die Buche ihre rotgefärbten Blätter abwirft, kommt er kaum nach mit dem Zusammenrechen. Entsorgt werden sie aber nicht. Der 78-Jährige hat eine praktische Verwendung, ein natürliches Recycling gefunden. Die frostempfindlichen Hortensien und Geranien, die den Eingang des Einfamilienhauses schmücken, setzt er im Winter in die Hecke und deckt sie mit dem anfallenden Laub meterhoch zu. Mit der schützenden Decke können die Blumen schadlos Minusgrade überstehen. Gleichzeitig bietet die Blättermulche Nahrung für Würmer, Schnecken, Asseln, Insekten, Pilze und Mikroben. „Ich liebe den Baum über alles und empfinde jedes Mal große Freude, wenn ich ihn sehe.“ Ein alter Baum sei etwas ganz Besonderes. Erst in den letzten Jahren habe er derartige Gefühle für seinen Baum entwickelt. „Anfangs habe ich nichts empfunden, doch heute mache ich mir viele Gedanken“, erzählt Janka.

    Werden sich auch Mensch und Baum immer ähnlicher?

    Vielleicht liegt es an der Ähnlichkeit, die Baum und Mensch mit den Jahren aufzeigen, wie der Arzt, Alchemist und Philosoph Paracelsus (1493 bis 1541) einmal schrieb: „Dieses Gewächs gleicht dem Menschen. Es hat eine Haut, das ist die Rinde; sein Haupt und Haar sind die Wurzeln; es hat seine Figur und seine Zeichen, seine Sinne und seine Empfindlichkeit im Stamme.“ Die Symbolkraft des Baumes schlägt sich in vielen Volksweisheiten und Zitaten nieder, wie dieses: „Ein alter Baum ist ein Stück Leben. Er beruhigt. Er erinnert. Er setzt das sinnlos heraufgeschraubte Tempo herab, mit dem man unter großem Geklapper am Ort bleibt. Und diese alten sollen dahingehen, sie, die nicht von heute auf morgen nachwachsen? Die man nicht nachliefern kann? (Kurz Tucholsky).

    Mehr als 300 Jahren alt kann eine Rotbuche werden. „Ich hoffe sehr, dass meine Erben diesen Baum am Leben lassen werden, wenn ich nicht mehr bin. Versprochen haben sie es mir“, sagt Hermann Janka.

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