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Landleben: Hahn Caruso singt zu laut

Landleben

Hahn Caruso singt zu laut

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    Hahn Caruso kräht gerne und viel. Einige Nachbarn stören sich allerdings an den lautstarken Rufen des Federtiers. Um keinen Nachbarschaftsstreit zu riskieren, muss die Familie Frötschl, bei denen Caruso zu Hause ist, nun eine neue Bleibe für Caruso schaffen.
    Hahn Caruso kräht gerne und viel. Einige Nachbarn stören sich allerdings an den lautstarken Rufen des Federtiers. Um keinen Nachbarschaftsstreit zu riskieren, muss die Familie Frötschl, bei denen Caruso zu Hause ist, nun eine neue Bleibe für Caruso schaffen. Foto: Bärbel Schoen

    Caruso macht seinem Namen alle Ehre. Doch im Gegensatz zum berühmten Namensvetter, dem italienischen Opernsänger, klingt die Stimme des stolzen Hahns nicht für alle Ohren wie Musik. In Roggden ist jedenfalls nichts mehr so, wie es war, seit der gefiederte Caruso mitten im Dorf Einzug gehalten hat. Er bringt so manchen Nachbarn mit seinem Krähen um den Schlaf.

    Caruso, bei dem es sich um die geschützte Rasse „Augsburger Hahn“ handelt, wohnt seit einigen Wochen bei Familie Frötschl in der Kirchstraße. Sohn Nils, fünf Jahre alt, hat den Namen für das imposante Tier mit dem roten Kamm ausgesucht – denselben wie aus der berühmten Kinderbuchreihe „Pettersson und Findus“. Dass der Hahn im Korb den beiden Hennen nun den Kopf verdreht, findet Nils noch lustig. Doch dass Caruso gleichzeitig einen Streit vom Zaun gebrochen hat, passt nicht so recht ins Weltbild des Fünfjährigen.

    Und auch der Vater versteht die Welt nicht mehr und spricht vom falschen Landleben: „Wir sind vor drei Jahren extra aufs Land gezogen.“ In Roggden sollte Nils mit Tieren aufwachsen. Neben dem Mini-Hühnerhof leben bei Frötschls noch mehrere Katzen, Degus-Ratten und im Aquarium Echsen. „Ich bin selbst auf einem Bauernhof groß geworden“, erzählt die aus dem Schwarzwald stammende Mutter Angela Frötschl. Mit jedem Ei, das der Sohn aus dem Käfig holt, husche ihm ein stolzes Lächeln übers Gesicht, erzählt sie. Und Caruso sei beileibe nicht der einzige Hahn im Dorf.

    Caruso soll, wenn es nach dem Willen zweier Nachbarinnen geht, zum Schweigen gebracht werden. Zumindest in aller Herrgottsfrühe. „Ich liebe Tiere“, sagt eine der genervten Frauen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie selbst halte mehrere Katzen und würde, wenn es die Zeit einmal erlaubt, selbst Hühner halten. Im Suppentopf sollte Caruso deshalb auf keinen Fall landen, betont sie. Er brauche allerdings einen „gescheiten Stall“, den man verschließen könne. Dann würden die Schreie nicht schon morgens um drei ertönen und wieder Frieden im Dorf einkehren.

    Weil ihr Schlafzimmer nur wenige Meter vom Hühnerhof entfernt liegt, müsse sie das Fenster nachts immer geschlossen halten. Im Sommer ein unerträglicher Zustand, sagt sie.

    Ob die geringe Anzahl der Hennen Schuld am übermäßigen Krähen schuld ist, bezweifeln dagegen Experten. Helmut Sachsenhauser, Geflügelfachberater in Niederbayern, wird oftmals zu Rate gezogen, wenn ähnliche Streitfälle bis vor Gericht landen. „Die Größe des Hühnerhofs ist nicht ausschlaggebend. Wenn der Hahn nicht mehr Hennen hat, hat er nicht mehr.“ Mit dem Krähruf habe das nichts zu tun. Mancher Hahn schreie eben mehr. „Um vier Uhr fängt er an und begrüßt den Tag“, so Sachsenhauser, der selbst einen kleinen Hühnerhof hält. Aus Rücksichtnahme hält er die Fenster im Hühnerstall bis 6.30 Uhr geschlossen, an Wochenenden sogar bis acht Uhr.

    Die offizielle Nachtruhe einzuhalten, legt der Geflügelexperte Tierbesitzern ans Herz. Um die freundschaftliche Nachbarschaft aufrechtzuerhalten.

    Die einen freuen sich an ihren Tieren, die anderen würden Hähnen am liebsten den Kragen umdrehen, wenn sie nachts zum Krähen ansetzen. Beide Parteien haben ihre Argumente. Otto Horntrich, Ortssprecher des Wertinger Stadtteils Roggden mit seinen 400 Einwohnern, zeigt sich erstaunt über den Streitfall. „Roggden war immer schon ein Bauerndorf mit vielen Tieren“, sagt Horntrich. Noch heute gibt es hier Landwirtschaft.

    Ludwig Frötschl hat sogar schon einmal die Glockenschläge der Kirche gezählt: „Mehr als 800 kommen am Tag zusammen.“ Da könnten die Schreie von Caruso in der Menge und Lautstärke nicht mithalten, glaubt er.

    Dem Hahn den Schnabel verbieten – „das funktioniert nicht“, sagt Peter Alefeld vom Landratsamt Dillingen, der für derartige Fälle zuständig ist. Der Begriff „tolerabel“ lasse verschiedene Interpretationen zu.

    Rein rechtlich könne jeder Hühner halten, wenn ein Auslauf und ein Unterstand vorhanden sind. Eine artgerechte Haltung sei damit gewährleistet. Caruso ist ein Grenzfall, glaubt Alefeld. Wenn Nachbarn sich vom Kikeriki-Lärm belästigt fühlten, könne man dies nicht abstreiten. Zu lösen sei das nur schwer. Auch Katzen könnten mit ihrem nächtlichen Rumtigern und mit ihren Hinterlassenschaften störend sein. „Wenn Nachbarn unzufrieden sind, ist Ärger vorprogrammiert“, sagt Alefeld. Gegenseitige Rücksichtnahme sei die beste Lösung.

    Ludwig Frötschl scheint jetzt einen Ausweg in einem Baumarkt gefunden zu haben: Ein verschließbares Holzhaus soll den bisherigen Hasenstall ersetzen und wieder für Frieden sorgen.

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