Eine stattliche Besuchergruppe machte sich im Rahmen der Landkreiskulturtage auf den Weg, um die bisher vier errichteten Wegekapellen der Denzel-Stiftung unter fachkundiger Begleitung von Bezirksheimatpfleger Peter Fassl und Zimmerermeister Alfred Bühler zu erkunden. „Am Anfang stand eine Idee, es folgte die Entwicklung eines Konzepts, als dritter Schritt die Beauftragung eines Planers und schließlich die Vergabe zur baulichen Ausführung.“ So formulierte der Wertinger Unternehmer Siegfried Denzel sinngemäß die Verwirklichung einer persönlichen Idee. Diese Schrittabfolge stand hinter dem Projekt „Sieben Wegekapellen“, entwickelt von Bezirksheimatpfleger Peter Fassl und finanziert von der „Siegfried-und-Elfriede-Denzel-Stiftung“.
Die Kultur in der Heimat fördern
Das Unternehmerehepaar wollte mit dieser Einrichtung die Kunst, Geschichte, Religion und damit die Kultur in der heimatlichen Region fördern. Fassl beschreibt in den Begleitbroschüren, die zu den einzelnen Objekten vorliegen, den historischen Hintergrund: „An belebten Radwegen sollte an ausgewählten Orten ein neues Zeichensystem entstehen, das den Radfahrer zur Rast und zum Innehalten einlädt. Die ‚Sieben Kapellen’ wollen eine Landmarke und ein architektonisches Zeichen in der Landschaft setzen, das die Tradition des Kapellenbaus in zeitgenössischer Gestaltung weiter entwickelt.“ Für die Entwicklung der planerischen Idee konnte die Stiftung namhafte Architekten gewinnen: Hans Engels (Augsburg), Wilhelm Huber (Betzigau), Alen Jasarevic (Mering), Frank Lattke (Augsburg), Christoph Mäckler (Franfurt), Prof. Volker Staab (Berlin) und John Pawson (London). Als Hauptwerkstoff gibt die Satzung verschiedene einheimische Holzarten vor. Für die detaillierte Werksplanung sowie die bauliche Ausführung wurde die Binswanger Firma Gumpp & Maier beauftragt.
Ein säulenartiger Aufbau
Die Reiseroute führte die Teilnehmer zuerst zur Wegekapelle bei Gundelfingen, am Radweg nach Offingen nahe des Schönauhofs gelegen. Die Besucher bestaunten den interessanten säulenartigen Aufbau des Bauwerks in Kombination mit dem Gestaltungselement Glas nach einer Idee von Architekt Engels aus Augsburg. Eingravierte Sinnsprüche aus allen Weltreligionen symbolisieren die Notwendigkeit eines friedlichen Nebeneinanders von Menschen verschiedener Religionsanschauung. Die zweite Station bildete die erst am Wochenende davor eröffnete Kapelle bei Oberbechingen am Radweg nach Dattenhausen mit einem weiten Blick ins Dattenhauser Ried. Hinter der gestalterischen Idee stand Architekt Frank Lattke aus Augsburg. In seiner Gesamtanlage passt sich das Bauwerk in das vielgestaltige Landschaftsbild ein. Das Holzständerwerk, die unbehandelte Brettschalung und der Hirnholzboden, bestehend aus einheimischer Fichte, sowie das Kreuz, Weihwasserbecken und der Kerzenständer spiegeln hohe Handwerkskunst wieder.
Der dritte Zielpunkt führte die Reisegruppe nach Unterliezheim. Am Radweg nach Finningen oberhalb der Mühle wächst die neue Kapelle buchstäblich aus dem Wald heraus. Das dänische Unternehmen Dinesen stellte für den Bau 40 Stämme aus Douglasienholz zur Verfügung. Dr. Fassl erläuterte sehr plastisch die Philosophie von Architekt John Pawson: „Pawson zeichnet die Kunst des Weglassens aus. Tür, Bank, Fenster, Kreuz: weniger geht nicht. Verzahnung mit Wald und Landschaft, von Gehen und Innehalten, Hell und Dunkel, Riechen, Fühlen und Sehen: mehr ist nicht möglich. Monumental und zugleich völlig selbstverständlich und natürlich: geschichtete Baumstämme.“
Auch die "Blaue Kapelle im Laugnatal" war eine Station
Letzte Station bildete die „Blaue Kapelle Laugnatal“, zwischen Emersacker und Welden, am Rand eines hochgewachsenen Fichtenbestandes gelegen. Ein sakraler, abgeschlossener Innenraum baue gleichsam eine Gegenwelt zur Natur auf, erläuterte der Reiseführer. Ein Oberlicht, bestehend aus blauem mundgeblasenem Glas, symbolisiere nach der Idee des Architekten Wilhelm Huber aus Betzigau die göttliche Wahrheit. Auch Siegfried und Elfriede Denzel waren an zwei Stationen zugegen und zeigten damit ganz authentisch einen hohen Identifikationsgrad mit ihrem persönlichen Lebensprojekt.
Es gibt sechs Gemeinsamkeiten
Bei aller Unterschiedlichkeit in der architektonischen Gestaltung weisen alle vier Wegekapellen sechs Gemeinsamkeiten auf: Einen innovativen Ansatz an architektonischer Gestaltung, eine organische Einbindung in das Landschaftsbild, das jeweils eindrucksvoll gestaltete christliche Symbol des Kreuzes, eine faszinierende Wirkung des Lichteinfalls, den meditativen Charakter des Innenraumes sowie eine mit hoher Handwerkskunst verwirklichte bauliche Ausführung.
Ein Doppelquartett des Gesangvereins Binswangen demonstrierte mit Madrigalen und liturgischen Gesängen an allen Stationen die jeweilige akustische Wirkung dieser schlichten und doch so beeindruckenden Zeugnisse zeitgenössischen Sakralbaus. (ak)
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Denzel-Kapelle - Nummer drei von sieben
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