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Landkreis: Was macht jetzt der Einzelhandel?

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Was macht jetzt der Einzelhandel?

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    In Wertingen ist es ruhig geworden. Viele Geschäfte haben geschlossen, darunter auch das Modehaus Schneider.
    In Wertingen ist es ruhig geworden. Viele Geschäfte haben geschlossen, darunter auch das Modehaus Schneider.

    Landkreis Das Corona-Virus zieht auch am Landkreis Dillingen nicht vorbei. Seit Mittwochnachmittag gibt es auch hier einen ersten bestätigten Infizierten. Das teilte das Landratsamt am Nachmittag mit.

    Demnach werden aktuell mögliche Kontaktpersonen ermittelt. Die erkrankte Person, zu der das Landratsamt keine weiteren Angaben macht, hat sich bis zwei Tage vor der Erkrankung in einem Risikogebiet aufgehalten. Außerdem befinden sich, so heißt es in der Mitteilung, derzeit insgesamt 36 Personen im Landkreis unter Quarantäne.

    Derweil greifen auch im Landkreis weitere Vorsichtsmaßnahmen, damit sich das Virus weniger schnell ausbreitet. Das öffentliche Leben ist eingeschränkt, viele Geschäfte haben geschlossen und es gibt einige offene Fragen. Wie auch für Bruno Hempel. Der staunte am Mittwoch nicht schlecht. Der Seniorchef des Fachgeschäfts Deubler war fest davon ausgegangen, dass er sein Geschäft in Wertingen öffnen darf, da es eine Ausnahmeregelung für Bau- und Gartenmärkte gibt. Hempel zählte sein Geschäft, das unter anderem Werkzeuge, Eisenwaren und Gartengeräte verkauft, dazu. Obendrein betreibt er einen Schlüsselnotdienst.

    Polizei kontrolliert, ob die entsprechenden Läden geschlossen haben

    Doch am Mittwoch stand bei ihm plötzlich die Polizei vor der Tür. Die Beamten hatten kontrolliert, ob die verfügten Ladenschließungen auch umgesetzt wurden. Hempel erklärt: „Wir waren auf der Liste der Behörden als Groß- und Einzelhandel gelistet. Nicht einmal der Notdienst stand da drauf“. Der Polizist habe zwar die Einwände verstanden, aber auf einer Schließung bestanden. Somit musste Hempel die Lage beim Gesundheitsamt abklären. Doch es war gestern schwierig, in der Behörde überhaupt einen Ansprechpartner ans Telefon zu kriegen. „Ich werde weiter versuchen, die Lage zu klären“, sagt er und klang dabei ein wenig atemlos.

    Auch Cathrin Schneider atmet tief durch, ehe sie antwortet. „Wir versuchen jetzt in aller Ruhe das anzugehen, was ansteht.“ Das ist einiges. Die 35-jährige Geschäftsführerin der Modehaus Schneider GmbH musste gestern ihre Bekleidungsgeschäfte in Wertingen, Dillingen und Meitingen schießen. Ihre 40 Mitarbeiter hat sie nach Hause geschickt. Diese werden ihr Gehalt nun über die Kurzarbeit-Regelung erhalten. Die Geschäftsführerin sagt: „Das alles ist eine ganz neue Lage für uns. Kurzarbeit kannten wir im Einzelhandel bisher alle nicht.“

    Da in den vergangenen Jahren stetig eine positive Entwicklung für unsere Filialen zu verzeichnen war, werden wir innerhalb der nächsten Wochen nicht in akute Finanznot geraten, so Schneider. Der entscheidende Punkt sei aber, wie lange die Schließung dauert. Sie sagt: „Wenn es sich über eine längere Periode hinzieht, müssen wir auch die von der Regierung angebotenen Hilfspakete in Anspruch nehmen.“ Immerhin sei sie mit ihrem Team auf das Ladengeschäft angewiesen, da Schneider keinen Online-Handel habe. Im Gegensatz zu den Modehäusern dürfen die Verantwortlichen von Passiflora in Buttenwiesen ihre Gärtnerei samt Floristik noch öffnen. Geschäftsinhaberin Corinna Kratzer erklärt: „Wir tragen mit unseren Salat- und Gemüsepflanzen zur Nahversorgung bei.“ Trotz dieser Erlaubnis hat die 32-Jährige keinen Grund zum Jubeln. Der Grund: Die Kunden bleiben weg. „Seit die Schulen und Kindergärten geschlossen haben, ist das Kundenaufkommen rapide nach unten gegangen“, erklärt sei.

    Das Problem: Die Frühlingsblüher müssten jetzt raus

    Ihr Problem: Die Gewächshäuser sind voll mit Frühlingsblühern. Die müssten jetzt alle raus. „Das ist eine existenzgefährdende Situation für uns“, so die Geschäftsführerin. Kratzer sucht nach Mitteln und Wegen, ihre Pflanzen doch noch an den Mann oder die Frau zu bekommen. So hat sie einen Lieferservice eingerichtet, damit sich Kunden Pflanzen nach Hause liefern lassen können. Und sie wird am heutigen Freitag mit einem Stand auf dem Wertinger Wochenmarkt vertreten sein.

    Die Einnahmeausfälle werden derart gravierend, dass sie für manchen Einzelhändler existenzbedrohend werden könnten, sagt Bernd Brenner, schwäbischer Vorsitzender des Einzelhandelsverbands und Buchhändler aus Dillingen. Er selbst hat sein Geschäft am Mittwoch schließen müssen. Wie so manch anderer auch, versucht er nun, zumindest über das Internet oder per Lieferdienst nach Hause Waren zu verkaufen. „Aber das ist nicht dasselbe, für Kunden ist auch die Atmosphäre vor Ort wichtig“, sagt Brenner. Derzeit wisse keiner, wie sich die Situation weiterentwickelt. Vieles sei im Unklaren, zum Beispiel auch, ob Lieferketten überhaupt noch aufrechterhalten werden können. Es gebe „keinerlei Erfahrung“ mit einer solchen Situation. Die angekündigten Finanzspritzen der Politik machen Brenner wenig Hoffnung. „Wir brauchen uns keine Illusionen zu machen, dass hier große Förderungen kommen werden.“ Selbst wenn, seien diese lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Dafür seien die laufenden Kosten für Einzelhändler, etwa durch die Miete, einfach zu hoch.

    „Die Lage ist mit Sicherheit schwierig“, betont auch Joachim Powalowski, Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung Lauingen. Für die wenigen Einzelhändler, die es in der Stadt noch gibt, sei die Lage ernst. „Wir hoffen und beten, dass das alles schnell an uns vorübergeht“, sagt der Apotheker.

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