Eines Abends im Januar saßen Dominik Vierl und seine Freundin Jana Wörrle bei einer abendlichen Partie Uno zusammen, als ihnen eine Idee kam. Dem Endlosthema Corona könnte man ja auch mit einer Prise Humor begegnen – und das in einem eigenen Kartenspiel umsetzen, dachten sich die beiden. Und so wurde aus einer Idee „Ernst“: Die beiden entwarfen das Spiel „Virus-Veteran“.
In dem Spiel geht es darum, seine eigenen Inzidenz-Punkte möglichst niedrig zu halten, denn wer am Ende am wenigsten Punkte hat, gewinnt. Das Spiel ist ausgelegt für zwei bis sechs Spieler. Zwei Wege führen zum Ziel: Entweder man sieht zu, dass die eigenen Punkte möglichst wenig bleiben, oder aber die der Gegner werden erhöht. Es wird gemeinsam von einem Kartenstapel gezogen, die letzte Karte ist immer das Heilmittel, welches die Partie beendet. Das ist normalerweise etwa nach 20 Minuten der Fall.
Spieleentwickler wollen sich nicht über die Krankheit lustig machen
Das Spiel ist auf mehreren Ebenen ein Drahtseilakt, das ist Dominik Vierl klar. Im Gespräch mit unserer Zeitung betont der 25-Jährige, der mit seiner Freundin in Wertingen lebt, zunächst einmal ausdrücklich: „Wir wollen uns nicht lustig machen über die Krankheit und die Betroffenen.“ Das Wort „Corona“ tauche nirgends auf, aus Respekt vor den Opfern und Geschädigten der Pandemie.
Doch dem emotionalen Ausnahmezustand, dem ja niemand entkommen kann, entspringen ja viele bizarre gesellschaftliche Situationen. Das junge Wertinger Paar ist überzeugt, dass es bei vielen ein großes Bedürfnis gibt, den täglichen Nachrichten und Herausforderungen mit leichter Satire zu begegnen. Entsprechend ist das Spiel optisch gestaltet – der Humor der Macher kommt schlitzohrig, aber nie geschmacklos grell daher.
Die „Medic“-Karten beispielsweise, welche das eigene Punktekonto herunterdrücken, sind an berühmte Gemälde angelehnt. Ein Doktor schreit (trotz Maske) wie im berühmten Bild von Edvard Munch, eine Krankenschwester blickt ganz im Stile des „Mädchen mit dem Perlenohrring“ über die Schulter, ein Ärztepaar steht ernst dreinblickend nebeneinander wie die Farmer in „American Gothic“. Statt der ikonischen Heugabel hält der alte Mann hier eine Spritze in der Hand.
Bisher 200 Exemplare in der Beta-Version des Spieles
Touristen-Karten dagegen tragen die Viren in andere Länder und damit das Punktekonto der Spieler nach oben. Die Viren springen auf den Bildern mit dem Fallschirm ab oder lugen grinsend mit der Sonnenbrille hinter dem Liegestuhl hervor. Es gibt noch weitere Kartentypen, etwa „Mutations“- und „Lockdownkarten“.
Dominik Vierl zeichnete früher gerne, heute verbringt er Zeit mit dem Tabletop-Klassiker „Warhammer 40K“, bei dem man auch Figuren bemalen muss. Für die Visualisierung der Ideen des Paares holte er sich allerdings einen befreundeten Zeichner ins Boot, der die Bilder realisierte. Auch sonst sind die beiden Spieleschöpfer auf Hilfe angewiesen. Von der „Betaversion“ ihres Spiels, wie es Dominik Vierl nennt, ließen die beiden 200 Exemplare in einer spezialisierten Druckerei fertigen. „Nur durch Glück haben wir da überhaupt einen Termin bekommen“, sagt Vierl, denn die Spieledruckereien hätten derzeit so viel zu tun wie noch nie. 200 Exemplare war die kleinste Menge, welche die Druckerei akzeptierte – das kostete das Paar eine Stange Geld.
Mithilfe einer Kickstarter-Kampagne in die Massenproduktion
Eine „echte“ Veröffentlichung des Spiels wollen die beiden nun über die Internetplattform Kickstarter realisieren. Für eine Idee wie die ihre ist die Plattform wie gemacht: Die Unterstützer können einen beliebigen Betrag – mindestens jedoch 25 Euro – an das Paar spenden und bekommen dafür eine Ausgabe des Spiels. Das Geld wird aber nur abgebucht, falls das Finanzierungsziel – im Falle von Wörrle und Vierl 5000 Euro – auch erreicht wird. Wer mindestens 45 Euro zur Kampagne beiträgt, bekommt zum Basisspiel noch zusätzlich das „Endzeit-Expansionspack“, in dem fünf zusätzliche Kartentypen den Absurdheits-Faktor noch einmal kräftig nach oben bringen – in der Pandemie mischen dann auch Aliens und Echsenmenschen mit.
Bislang haben sich elf Unterstützer für das Projekt gefunden, die insgesamt schon 645 Euro beigesteuert haben. 36 Tage läuft das Projekt noch, bis zum 17. Mai. Wenn dann nicht 5000 Euro an Spenden zusammengekommen sind, wird es wohl nichts mit der Realisierung ihrer Idee.
Sogar Klinikpersonal spielt in den Pausen "Virus-Veteran"
Innerhalb des engsten Familien- und Freundeskreises sei das Spiel schon gut angekommen, sagt Vierl. Doch um ernsthaftes Feedback und auch Werbung zu bekommen, haben die Wertinger rund 80 Exemplare rund um den Erdball verschickt, auch nach Singapur und in die USA. Die Werbung für das Projekt läuft komplett über die Fotoplattform Instagram – gute Rezensionen könnten über den Erfolg entscheiden. Außerdem sollen die Rückmeldungen der Empfänger der Spielmechanik noch den letzten Schliff geben.
Für ihre 200 Exemplare fanden die beiden Wertinger dann doch nicht genügend Spieletester. Also spendeten die beiden ihre überzähligen Spiele Einrichtungen, etwa Kinderheimen – und Krankenhäusern. Eine gute Freundin arbeite dort, sagt Vierl, und habe ihm den Alltag in den Schichten geschildert. In den Verschnaufpausen sei man beim Personal froh, wenn man mal ein bisschen abschalten könne – da eigne sich ihr Kartenspiel doch gut, dachte er. Und er hatte recht: Beim Klinikpersonal kommt „Virus Veteran“ sehr gut an.
Unterstützen kann man das Projekt hier Auf Instagram sind die beiden Wertinger unter @virus_veteran vertreten, die Webseite ist unter www.virus-veteran.com erreichbar.
Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Humor in der Pandemie: Ja bitte!
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