Die Verlagerung von Teilen der Münchner Finanzbehörden nach Höchstädt ist den Grünen im Landtag ein Dorn im Auge. Sie fordern erneut den Stopp der Umsiedelung der Bewertungsstelle auf das Gelände des alten Höchstädter Krankenhauses. Abgeordnete Claudia Stamm kritisiert in einer Pressemitteilung ein „absolutistisches Gebaren“ der CSU. „Bei seinen Behördenverlagerungen handelt CSU-Minister Söder zunehmend nach dem Motto „l’état c’est moi“ (der Staat bin ich, Anm. d. Red.) - das aber ist in der bayerischen Verfassung so nicht vorgesehen“, sagt die finanzpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen. Anlass für den neue Kritik ist ein Zeitungsbericht vom Freitag. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, vermute der bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) einen politischen Kuhhandel hinter der Verlagerung der Bewertungsstelle. Der ORH kritisiert die Begleitumstände des Verfahrens.
Stamm wettert: „Dass Minister Söder schon als Finanzminister ein derart absolutistisches Gebaren an den Tag legt, macht mir mit Blick auf seine weitere Karrierewünsche Sorgen.“ Die Landtags-Grünen hätten frühzeitig auf „die dubiosen Umstände der Verlagerung und auf fachliche Missklänge hingewiesen. „Münchner Immobilien vom fernen Schwaben aus schätzen und bewerten zu lassen – noch dazu mit vielen neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, weil viele diesen Umzug nicht mitmachen – das war und bleibt völlig absurd“, kritisiert Claudia Stamm. Sie spekuliert, ob es sich um einen politischen Gefälligkeitsdienst Söders für Georg Winter, den früheren Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gehandelt haben könnte. Die Grünen kündigen in ihrer Pressemitteilung an, den Vorgang parlamentarisch aufarbeiten zu lassen und fordern einen vorläufigen Stopp der Verlagerungsmaßnahme.
Der Höchstädter CSU-Landtagsabgeordnete Georg Winter sieht, wie er auf Anfrage unserer Zeitung sagt, die Sache gelassen. „Frau Stamm ist gegen Höchstädt“, glaubt der 64-Jährige. „Wir wollen die Arbeit zu den Menschen bringen, und deshalb ist es eine sinnvolle Geschichte, Behörden von München auf das Land zu verlagen“, betont Winter. Etwa 130 Finanzbeamte, die in München arbeiten, hätten auf Nachfrage ihr Interesse signalisiert, dass sie zurück zu Finanzämtern in die Region wollten, um dort zu arbeiten. Gerade aus Nordschwaben und Niederbayern pendeln Winters Worten zufolge viele Menschen zur Arbeit in der Landeshauptstadt. Wer nicht in Höchstädt arbeiten wolle, müsse München auch nicht verlassen, erläutert der Abgeordnete. Er habe sich schon vor seiner Aufgabe als Haushaltsausschuss-Vorsitzender für die Region eingesetzt und beispielsweise die Finanzkasse nach Dillingen geholt. Strukturpolitisch sei der Verlagerung der Bewertungsstelle nach Höchstädt für den Landkreis „äußerst sinnvoll“, betont Winter.
In etwa einem Jahr soll die Bewertungsstelle fertig sein. Der Umbau und Neubau kostet laut Winter etwa elf Millionen Euro. So günstig wie in Höchstädt habe der Freistaat Bayern wohl selten ein Grundstück bekommen. Der Quadratmeterpreis lag nach Informationen unserer Zeitung bei einem Euro. (mit pm)