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Forschung: „Donauried Space Center“ meldet: Startklar!

Forschung

„Donauried Space Center“ meldet: Startklar!

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    Start in den Himmel überm Ried: Die selbst gebauten nachhaltigen Modellraketen stiegen mehrere hundert Meter auf, um dann wie ein Flugzeug gleitend an den Boden zurückzukehren.
    Start in den Himmel überm Ried: Die selbst gebauten nachhaltigen Modellraketen stiegen mehrere hundert Meter auf, um dann wie ein Flugzeug gleitend an den Boden zurückzukehren. Foto: Günter Stauch

    Erst ein grelles Zischen, dann lautstarke Ausrufe wie „hurra“, „toll“, „super“, „geil“ oder „einfach klasse“: Wo sonst eher Vogellaute von Wiesenbrütern und das gleichmäßige Summen der ländlichen Traktoren zu vernehmen sind, erfüllten Fluggeräusche von Raketen und anfeuernden jungen Menschen den weiß-blauen Himmel über dem Thürheimer Ried. Dort, unweit vom aufsteigenden Ebersberg und unter dem strengen Blick der drei eichhölzernen Kopfstelen des Skulpturenwegs, gab es jetzt den krönenden Abschluss des mehrmonatigen Projekts „Leichtbau“ von rund 40 Studenten der Universität Augsburg: Die Vorgabe hatte es in sich: Die Modellraketen mussten nicht nur erfolgreich starten, sondern auch wieder kontrolliert zum Boden zurückkehren. Und: Sie mussten ihre Produkte auch vermarkten können.

    Mit an Bord: Die sogenannte Nutzlast in Form von Spürsensoren, hochauflösenden Kameras, Güterbehältern und sogar Sprühvorrichtungen, mit denen dicke Regenwolken „geimpft“ und schönem Wetter Platz machen sollen. Acht Teams mit jeweils fünf zukünftigen Wirtschaftsingenieuren hatten in den vergangenen Wochen praktisch aus dem Nichts elegante wie dynamisch saubere Flugkörper aus dem federleichten Material Carbon entworfen und bis zur Flugreife gebaut. Vorgabe unter dem Lehrstuhlinhaber für „Materials Engineering“, Michael Heine, war dabei die nachhaltige wie handwerklich saubere Entwicklung der Geräte. Das heißt, die bis zu anderthalb Kilogramm schweren Raketen mit so illustren Namen wie „Black Eagle“, „Space Surfer“, „Raindrop“ oder „Rocket Execution Measurement“ sollten nicht einfach wie ein Feuerwerkskörper in die Höhe schießen und dort in bunten Leuchtblitzen zerbersten. Vielmehr war ein gleitender Rückflug an den Boden gefragt.

    Die Wiederverwendung von Trägerraketen gilt derzeit als großes Thema in der weltweiten Branche mit so verheißungsvollen Projekten wie beim System des privaten US-Betreibers SpaceX. Dabei nimmt die erste Stufe nach dem Abtrennen und Weiterflug des transportierten Satelliten wieder Kurs auf Mutter Erde und einen neuen Start. Jahrzehntelang endeten die Flüge als Weltraumschrott im All oder verglühten beim Eintritt in die Atmosphäre. Geglüht hatte bei den Studenten mit ihren „etwas“ kleiner dimensionierten Flugmaschinen im Donauried allenfalls die sommerliche Hitze. Während in der Nähe Landwirte schwitzend Heuballen einsammelten, steigerte sich das Raketen-Fieber bei den gut gelaunten Leuten Anfang 20 mit jedem neuen Aufstieg. Am Startplatz „

    Aufschrei und tiefes Aufatmen kurz danach, als die bis zu 200 Kilometer pro Stunde schnellen Modelle mit einer Länge von rund einem Meter wieder sanft neben dem „Rail“ aufsetzten, einer metallenen Startschiene zur Stabilisierung beim Anlauf. Sehr zur Freude des beobachtenden Professors, der sich über den wahren Feuereifer seiner Studenten freudig zeigte. Michael Heine, ein Rheinland-Pfälzer, hatte lange bei SGL Carbon in Meitingen geforscht, bevor es ihn in die Fuggerstadt zog. Ein Bekannter, Erwin Jung aus Pfaffenhofen, staunte über die technischen Darbietungen nicht schlecht. „Klasse, was die jungen Leute da machen“, gab der Astronomie-Fan entzückt von sich. Zuvor hatte Pädagoge Heine bei seinem „Briefing“ vor der Flugschau im Donauried auf die Gefahren selbst der kleinen Maschinen hingewiesen und den im bunten Freizeitdress umstehenden Eleven zu einem gebührenden Sicherheitsabstand geraten: „Wenn Sie feststellen, dass die Rakete Kurs auf Sie nimmt, bitte sofort in Deckung gehen.“

    Doch weder passierte etwas Schlimmes, noch gab es beim 32 Grad Celsius heißen und windigen Raketen-Duell Fehlschläge, die bei den großen Vorbildern an der Tagesordnung stehen. Monique Lemke, die Freundin von Student Rainer Rogg, zeigte sich ebenfalls zufrieden. Die Textilwirtschaftsmeisterin aus Augsburg weiß nicht nur, dass der Stoff Carbon ähnlich hergestellt wird wie normale Kleidung, sondern ist auch gut darin, einen enttäuschten Raketenmann zu trösten. Zumindest dieser Einsatz wurde am Startpunkt aber nicht notwendig.

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