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Dillingen: Personalmangel: Die Dillinger Geburtshilfe schließt vorübergehend

Dillingen

Personalmangel: Die Dillinger Geburtshilfe schließt vorübergehend

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    Die Dillinger Geburtshilfe muss vorübergehend schließen.
    Die Dillinger Geburtshilfe muss vorübergehend schließen. Foto: Karl Aumiller, Symbolbild

    Trotz aller intensiver Bemühungen der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates der Kreisklinik Dillingen-Wertingen gGmbH ist es in den zurückliegenden Wochen nicht gelungen, den akuten Personalmangel im Bereich der Geburtshilfe an der

    Deshalb haben Aufsichtsrat und Geschäftsführung die unausweichliche Konsequenz gezogen und beschlossen, die Abteilung ab dem 23. März 2018 vorübergehend zu schließen. Der Neustart der Geburtshilfe am Krankenhaus in Dillingen soll ab dem 1. Juli 2018 erfolgen.

    Ausschlaggebend dafür war letztlich die Erkenntnis, dass mit den noch vorhandenen Hebammen und Ärzten kein Dienstplan aufrechterhalten werden kann, der rund um die Uhr eine qualitativ hochwertige Versorgung der werdenden Mütter und der Neugeborenen garantieren würde.

    In den vergangenen Tagen haben der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Kreiskliniken, Landrat Leo Schrell, Geschäftsführer Uli-Gerd Prillinger und das gesamte Gremium des Aufsichtsrates in mehreren Gesprächen und Sitzungen versucht, die Situation abzuwenden.

    Dabei wurde einvernehmlich beschlossen, am Konzept zur Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums festzuhalten und zunächst die Abteilung Gynäkologie mit neuen Ärzten zu stärken. Im zweiten Schritt wird die Geburtshilfe neu aufgebaut und dafür ein neues Ärzteteam und ein vollständiges Hebammenteam am Krankenhaus in Dillingen etabliert.

    Schwangere sollen sich an die Kliniken der Umgebung wenden

    Aufgrund der Schließung des geburtshilflichen Bereichs empfiehlt die Klinik schwangeren Frauen, bei denen zwischen 23. März und 30. Juni eine Entbindung ansteht, sich an die Kliniken in der Umgebung zu wenden. Entsprechende Vorsorge und Absprachen mit den umliegenden Kliniken werden dazu getroffen.

    Am 7. Juli vergangenen Jahres hatte der Kreistag des Landkreises Dillingen auf Vorschlag des Aufsichtsrates der Kreiskliniken Dillingen-Wertingen gGmbH die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) beschlossen. Zielsetzung des zukunftsweisenden Konzeptes war und ist, die wohnortnahe stationäre und ambulante Versorgung im Bereich der Gynäkologie und Geburtshilfe dauerhaft zu sichern. Seinerzeit waren Aufsichtsrat, Geschäftsführung, Kreistag und Personal zuversichtlich, die Abteilung damit in eine gute Zukunft führen zu können.

    Doch dem MVZ wurde der beantragte freie Kassensitz nicht zugesprochen, der wesentlicher Bestandteil des Konzepts zum Aufbau des MVZ war (wir berichteten). Mit dem MVZ hätte die Klinik ein neues Kapital aufschlagen können, nachdem in 2016 zunächst die Belegärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe ihre Verträge gekündigt hatten. Das Konzept war, integriert in das MVZ, mit einem neuen Ärzteteam, neuen Strukturen, einer neuen Station und einem kompletten Hebammen-Team ein leistungsstarkes Zentrum für Frauenheilkunde in einer festen Verknüpfung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung aufzubauen.

    „Das Konzept für das MVZ“, so ist Schrell überzeugt, „hätte bereits aktuell durchschlagenden Erfolg haben und insbesondere für die werdenden Mütter eine ideale Betreuungsmöglichkeit bieten können.“

    Nachdem die Kreisklinik den Zuschlag für den freien Kassenarztsitz für Frauenheilkunde zur Etablierung eines Medizinischen Versorgungszentrums jedoch nicht erhalten hatte, kündigten in der Folge Teile des neuen Ärzteteams. So werden Chefarzt Dr. med. Sascha Vietoris und Oberärztin Dr. med. Eva-Maria Link die Klinik wieder verlassen.

    In der Konsequenz kündigten auch die Hebammen aufgrund der durch die fehlenden Ärzte unsicher gewordenen Zukunft der Abteilung, der eigenen hohen Dienstbelastung, aber auch wegen neuer Abrechnungsvorschriften der Krankenkassen, die den Hebammen neben einem hohen Bürokratieaufwand auch noch Einkommensverluste bescherten.

    Sprecherin der Hebammen: "Kommen an körperliche Belastungsgrenze"

    Die Sprecherin der Hebammen, Anne Braun-Springer, betont: „Wir lieben unsere Arbeit und es ist immer wieder eine schöne und erfüllende Zeit, Schwangere bis zur Geburt zu begleiten und sie bei der Entbindung hier in der Dillinger Kreisklinik zu unterstützen. Wir wollen für unsere Frauen da sein. Wir Hebammen können aber mit der vorhandenen Personalstärke ab März den Dienstplan rund um die Uhr nicht mehr erfüllen.“ Das Hebammenteam komme an seine körperlichen Belastungsgrenzen und könne die Verantwortung für die Sicherheit der werdenden Mütter und deren Kinder so nicht mehr übernehmen, weil auch Ärztemangel besteht. „Wir sind einfach zu wenige und neue Hebammen zu finden, ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen schwer. Es sind zu wenige Hebammen, die die verantwortungsvolle und zeitintensive Arbeit im Kreißsaal noch ausüben wollen“, so Braun-Springer.

    Es gebe zu wenig Nachwuchs und Hebammen seien überall gesucht. „So bleibt für uns nur noch der letzte Ausweg: die geburtshilfliche Tätigkeit an der Kreisklinik aufzukündigen.“ Die Vor- und Nachsorge wie auch die Angebote im Hebammenhaus würden auf jeden Fall weiterhin gewährleistet. „Wir sind weiterhin für die Frauen, die eine Hebamme benötigen, da!“

    Landrat Leo Schrell und Geschäftsführer Uli-Gerd Prillinger hoffen dabei mittel- und langfristig auch auf positive Impulse durch den neuen Koalitionsvertrag einer künftigen Bundesregierung. Dieser sieht unter anderem die Umsetzung von drei Hauptzielen des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) vor. So verweist der Verband auf die zunehmende Verschlechterung der Geburtshilfe in Deutschland und fordert die zügige Umsetzung der Akademisierung der Ausbildung. In der kommenden Legislaturperiode haben sich die Unionsparteien und die SPD zum Ziel gesetzt, die flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe sowie eine qualitativ hochwertige Geburtshilfe sicherzustellen. Zudem soll die Berufsausbildung zur Hebamme entsprechend einer EU-Vorgabe akademisiert werden.

    Geburtshilfe Dillingen schließt vorübergehend: Geschäftsführer enttäuscht

    Über 500 Babys erblickten im vergangenen Jahr in der Kreisklinik St. Elisabeth Dillingen das Licht der Welt. Geschäftsführer Uli-Gerd Prillinger und Landrat Leo Schrell zeigen sich enttäuscht über die nunmehr eingetretene Entwicklung: „Wir haben viele Hürden genommen und es in der Vergangenheit immer wieder gemeinsam mit dem Aufsichtsrat geschafft, die Lücken zu schließen und die Probleme im Dialog zu lösen. Wir haben vieles unternommen, um Personal zu gewinnen, neue Beschäftigungsformen anzubieten und attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die letzten Ereignisse stellen uns jedoch vor schier unlösbare Herausforderungen – bedingt durch Personalmangel und bundesweite Rahmenbedingungen für die Geburtshilfe.“

    Dazu erklärt Oberbürgermeister Frank Kunz, selbst Mitglied des Aufsichtsrates der Kreiskliniken gGmbH: „Für unsere Stadt ist das eine ganz bittere Nachricht!! Jeder Tag, an dem in Dillingen kein Kind zur Welt kommen kann, sei einer zu viel. „Deswegen sehen wir die Verantwortlichen in der Pflicht, schnellstmöglich eine tragfähige Lösung für die Geburtsabteilung der Kreisklinik zu finden.“

    Schwierige Rahmenbedingungen würden auch ein Höchstmaß an Anstrengungen fordern. „Vonseiten der Stadt und des Stadtrats erwarten wir jetzt, dass die Geschäftsführung alle Hebel in Bewegung setzt, um die Geburtshilfe bis Juli wieder auf die Beine zu bringen. Diese Aufgabe muss allerhöchste Priorität haben!“

    Schrell und Prillinger wollen zusammen mit dem Aufsichtsrat die Geburtshilfe und die Gynäkologie im Landkreis Dillingen langfristig sichern. Denn auch die Hebammen wollen unter tragfähigen Bedingungen weitermachen. Daher gelte es jetzt, die Abteilung und das Medizinische Versorgungszentrum so schnell wie möglich mit der notwendigen medizinisch fachlichen Qualität aufzubauen und ausreichend qualifizierte Hebammen für den

    Der Aufsichtsrat der Kreiskliniken habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und mehrere Sondersitzungen einberufen und Gespräche geführt. Letztendlich gebe es aber zu der jetzigen Entscheidung, die Geburtshilfe vorübergehend zu schließen, keine sinnvolle Alternative, denn die Sicherheit für Mutter und Kind stehe im Mittelpunkt. Nur ein eingespieltes und routiniertes Team, bei dem Frauenärzte, Hebammen, OP-Team und Anästhesie Hand in Hand arbeiten können, sichern die medizinische Qualität. „Das sind wir vor allem den Frauen in unserem Landkreis schuldig“, sagt Schrell und erklärt: „Die Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen, doch wir sehen die vorübergehende Schließung als Neuanfang für eine tragfähige Zukunft eines leistungsstarken Zentrums für Frauenheilkunde, bei dem die Geburtshilfe wesentlicher Bestandteil sein soll.

    Dafür benötigen wir jedoch Zeit, um unseren Appellen an die Politik Nachdruck zu verleihen, denn eine wohnortnahe Versorgung rund um die Geburtshilfe im Landkreis Dillingen muss sichergestellt werden.“ Zudem könne durch die vorübergehende Schließung die notwendige Zeit für die Gewinnung fachlich qualifizierter Hebammen und Ärzte, die notwendige Einarbeitung und Strukturierung sowie für einen langfristigen Auf- und Ausbau stationärer und ambulanter medizinischer Versorgungsstrukturen gewonnen werden. „Diese Zeit nutzen wir intensiv, um den geburtshilflichen Bereich fortführen zu können“, so Schrell. Die Abteilung Gynäkologie wird uneingeschränkt aufrechterhalten und fortgeführt. (AZ)

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