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Buttenwiesen: „Ganz Vorderried guckt nach der Kirche“

Buttenwiesen

„Ganz Vorderried guckt nach der Kirche“

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    Ursula Bestle (l.) mit Tochter Heike Schmolke im Garten ihrer „Bergmannsölde“ unterhalb der Kirche St. Johannes. In einer Familienchronik wurde die Geschichte des Anwesens und von Vorderried festgehalten.
    Ursula Bestle (l.) mit Tochter Heike Schmolke im Garten ihrer „Bergmannsölde“ unterhalb der Kirche St. Johannes. In einer Familienchronik wurde die Geschichte des Anwesens und von Vorderried festgehalten. Foto: Marion Buk-Kluger

    Für Jahrhunderte an einem Ort verwurzelt – manche Familie aus der Region kann auf einen bemerkenswerten Stammbaum zurückblicken. In einer Serie stellen wir diese besonderen Familiengeschichten aus dem Landkreis Dillingen vor.

    Heike Schmolke und ihre Mutter Ursula Bestle sitzen am Küchentisch. Sie erinnern sich gut daran, als ihr Vater und Ehemann Josef Bestle sich zu Lebzeiten (gestorben 2018) immer intensiv für die Familiengeschichte interessierte. Der Vollzeit-Landwirt (von 1968 bis 1991), der als Hobby-Fotograf unzählige Bilder – auch für unsere Zeitung – von diversen Veranstaltungen machte, ließ dafür sogar eine Familien-Chronik erstellen.

    Die Aufzeichnungen des Familienhauses gehen bis ins Jahr 1682 zurück

    Die Geschichte des Anwesens, auf dem die Familie lebt, ebenso wie die Vorderrieds wird darin lebendig. Erstmals urkundlich erwähnt wird Vorderried nämlich, damals noch als Sankt Johannisried, im 14. Jahrhundert. 1297 soll es gar einmal Westernried geheißen haben.

    Die Aufzeichnungen zum Haus mit der Nummer 10, „Bergmannsölde“ genannt, reichen zurück ins Jahr 1682, als am 11. August ein Bartholomäus „Barthl“ Cranner die Witwe Barbara Böckhin heiratete und in den Weiler St. Johannisried, der aus neun Haushalten bestand, zog. „Unser Hof war einst eine Sölde des Deutschordens. Die Brüder Siegfried und Berchthold von Kühlental verkauften ihre Güter in Vorderried am 11.9.1292 an das Spital der Deutschordensherrn von Donauwörth“, weiß Heike Schmolke aus Unterlagen. Und da zur Sölde von jeher eine Kirche gehörte, ist es fast schon naheliegend, dass sich ihre Bewohner um dieses Gotteshaus kümmern. „Aber ganz Vorderried guckt nach der Kirche, die Einnahmen aus einem Dorffest gingen an selbige, vier Vorderriederinnen putzen regelmäßig, und gemeinsam werden die Außenanlagen von uns Dorfbewohnern gepflegt“, berichtet die 52-Jährige. Das Mesner-Amt wurde jedoch von Josef Bestle mithilfe seiner Frau und Tochter ausgeführt. „Die Kirche war seine Leidenschaft, seine zweite Heimat. Er ging jeden Tag hinauf und schaute, dass alles in Ordnung ist. Schon als Kind musste ich die Glocke läuten. Dies war manchmal, gerade im Winter zum Abendläuten, schon etwas gruselig, denn es gab damals auf dem Friedhof noch kein Licht“, erinnert sich Heike Schmolke, mit der die vierte Generation Bestles auf der Sölde lebt. Mit dem Landwirt Leonhard Bestle aus Lauterbach kam nämlich durch die Heirat mit Maria Antonie Gartner am 25.10.1898 der Name auf die Sölde.

    Die Schmolkes sind eng mit dem Mesneramt verbunden

    Sein Sohn Joseph lebte dort von 1904 bis 1986 und bekam 1932 eben mit seiner Frau Amalie neben einer Tochter Sohn Josef Georg. Dieser wiederum hinterließ seiner Familie nicht nur die Familienchronik, sondern eine Vielzahl an Bilddokumenten aus dem gesellschaftlichen Leben des Zusamtals. Als 20-Jähriger begann er intensiv mit der Fotografie, seiner zweiten Leidenschaft. „Sein erstes Pressefoto machte er, als der frühere Besitzer der Stehlesmühle aus dem Zweiten Weltkrieg heimkam“, erinnert sich Heike Schmolke.

    Mit ihrer Mutter Ursula (gebürtig aus Ortlfingen) lebt nun die letzte namentliche Bestle. Schmolke selbst wohnt mit ihrem Ehemann Franz und den Töchtern Anja (18) und Karin (16) hier und unterstützt ihre Mutter auch heute noch im Mesneramt. Allerdings läuten die Glocken der Kirche, die über dem Grundstück thront, seit vielen Jahren elektronisch. Die Verantwortung und Liebe zum Gotteshaus spürt man dennoch intensiv bei den beiden Frauen, die wie einst der Vater dort regelmäßig nach dem Rechten sehen. Und im Laufe des Gesprächs kommt noch so manche weitere Familien-Anekdote zur Sprache. Etwa, dass der Familienhof von den Nachbarn nicht nur als Bergmannsölde bezeichnet wurde. „Mein Großvater hatte seinerseits einen riesengroßen Flieger aus Holz in den Garten gebaut. Daher sagte man immer, man geht zum Bergmann oder zum Flieger“, so Heike Schmolke schmunzelnd.

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