Das hört sich ermunternd an. „Gute Beine“ wünschen mir meine beiden Radl-Freunde, als ich am Bahnhof in Kötz auf das neue Trekking-Rad steige. Es geht zu den Barock-Perlen des Günz- und Kammeltals. Und zu den Juwelen der heimischen Braukunst – eine Art Entschädigung für die Mühen, die der ungeübte Freund des Rades auf sich nehmen muss. Es mag übertrieben klingen. Aber für mich ist das eine kleine „Tour de France“. Schon der zweite Anstieg von Kötz in Richtung Ebersbach zeigt, dass gute Beine nötig sind. „Natur pur“, so steht es an der Abzweigung Richtung Stubenweiher. So ist es. Gelbe Weizenfelder, dunkelblaue Gewitterwolken und das satte Grün der Wälder. Am Stubenweiher tummeln sich die Karpfen am Steg.
Radtour: Über Stock und Stein durch Kammel- und Günztal
Der Radweg, der mitunter eher die Bezeichnung Schotterpiste verdient hätte, führt dann weiter nach Hammerstetten. Dort grüßt St. Nikolaus – die „kleine Wieskirche“, ein Wunderwerk des Baumeisters Joseph Dossenberger. An der Kammel geht es zum Kloster Wettenhausen. Für Gästeführerin Irmgard Erlenmayer, die ich zufällig in Unterrohr treffe, sind das Kloster und die „kleine Wies“ Perlen im schwäbischen Barockwinkel. Sie gibt einen Tipp. Der Weg von der Unterrohrer Fischerstraße in den Wald werde steil. Wie recht sie doch hat. Denn die Schmach auf der Kammel- und Günztalrunde kommt bei diesem dritten Anstieg. Ich muss abgekämpft absteigen und diesen verdammten Drahtesel wie einen Rollator nach oben schieben. Die Radl-Freunde zeigen Verständnis. Wortlos geht es weiter über den Hügel ins Günztal. Ichenhausen grüßt, die ehemalige Synagoge ist immer einen Besuch wert, das Schulmuseum ebenso. Nach dem Barock im Kammeltal kommt der Durst. Es wird Zeit für die Braukunst – im Gasthaus „Zum Goldenen Engel“ in Waldstetten. Dazu muss aber erst der vierte Anstieg bewältigt werden. Nie mehr bergauf absteigen, so lautet die Devise. Im Engel braut Johann Mayer Keltenbier. Kellnerin Sabine Zehrmann weiß zunächst nicht, „ob noch ein Kelte im Haus ist“. Aber das Schicksal meint es gut mit mir.
Wunderschöne Natur bieten die Salzweiher auf den Radwegen
Die Schlossbrauerei in Autenried wollen wir über die Waldstetter Salzweiher ansteuern – ein einzigartiges Stück Wildnis. Früher nutzte das Roggenburger Kloster die Seen, um Eis für die Kühlung des Biers zu holen. Die Stille im Stoffenrieder Forst ist wohltuend. Man fühlt sich eher wie in Finnland denn bei Waldstetten. Wenn die Oberschenkel nicht so brennen würden, wäre das Glück perfekt. Engel-Wirt Mayer hat gewarnt, man könne leicht die Orientierung verlieren. Natürlich kommt es so. Mit GPS-Technik und Karte ist der Ausgangspunkt nach einer halben Stunde aber wieder erreicht und es geht nach Autenried mit dem sehenswerten Ikonenmuseum, in dem regelmäßig Führungen angeboten werden. „Zwei Mal hupen“, steht an der verschlossenen Tür. Mit der Fahrradklingel ist das schwierig.
Der letzte Halt der Fahrradtour ist in Kötz
Wir fahren weiter. Bei mir sinkt langsam der Entspannungsfaktor, nach 40 Kilometern über Stock und Stein sehne ich Kötz herbei. Zwischen Barock und Braukunst gibt es einen letzten Höhepunkt – die Schnapsbrennerei der Familie Schenk in Emmenthal. Ich schlage die Glocke. Seniorchefin Rita Schenk und Tochter Irene führen in ihre „Werkstatt“. Obstler, Kirschlikör, Sherry gibt es dort. „Mir schmeckt Kakao mit Nuss am besten“, sagt Rita Schenk und schenkt ein Stamperl Danzinger Goldwasser ein. Nach der Plackerei brennt der Schnaps die Kehle hinunter. Es rollt sich jetzt aber bei Rückenwind leichter auf den Schotterwegen. Schließlich ist Großkötz zu sehen. Nach der Abenteuertour fühlt sich das Finale wie eine Rückkehr in die Zivilisation an.
Tourüberblick
Schwierigkeitsgrad: 3 von 5
Streckenlänge: 44,9 km
Höhenmeter: 360 m
Belag: Ein großer Teil der Strecke wird auf unbefestigten, aber insgesamt soliden Feld- und Waldwegen zurückgelegt. Man fährt teils auch auf Radwegen, teils auf wenig befahrenen Ortsverbindungsstraßen.
Start/Ziel: Die Tour beginnt und endet am Bahnhof in Kleinkötz.
Wegbeschreibung
Kleinkötz: Auf dem Günz-Radweg ein Stückchen in Richtung Süden, dann nach links die Raiffeisenstraße hoch. An der B 16 wenige Meter in Richtung Günzburg, dann an der ersten Abzweigung nach rechts in Richtung Ebersbach.
Stubenweiher: In Ebersbach ist der Weg in Richtung Stubenweiher beschildert. „Natur pur“ heißt es an der Abzweigung, die zum Waldrestaurant am Weiher führt. Hinter der Gaststätte den Hügel hoch, an der Abzweigung geht es nach links in Richtung Hammerstetten.
Hammerstetten: Die Pfarrkirche St. Nikolaus in Hammerstetten ist ein Barockjuwel. Wer es komfortabler will, kann auf der geteerten Kreisstraße Richtung Wettenhausen fahren. Zu empfehlen ist aber der Kammeltal-Radweg. Wir überqueren das Flüsschen (Stichstraße Richtung Staatsstraße) und fahren nach der Kammelüberquerung nach Süden.
Wettenhausen: Die Besichtigung des Klosters ist einen eigenen Ausflug wert. Gegenwärtig wird der Steg über die Kammel neu gebaut. Der Grasweg entlang des Bachs ist mit Trekking-Rädern gut zu befahren.
Unterrohr: Vom Kloster zurück auf den Kammeltal-Radweg nach Unterrohr. An der Kreuzung nicht die Kreisstraße in Richtung Ichenhausen nehmen, sondern nach links ins Dorf abbiegen. Nach 200 Metern zweigt die Fischerstraße nach rechts in den Wald ab. An der Kreuzung im Wald nach rechts. Am Ende des Wegs beginnt der Radweg in Richtung Ichenhausen.
Ichenhausen: Am Ende der Rohrer Straße nach rechts, beim Biergarten des Gasthauses Zum Hirsch wieder rechts zur ehemaligen Synagoge. Zurück auf die Marktstraße und nach links den Badberg hinunter zur Straße nach Oxenbronn. Nach etwa 200 Metern zweigt der Günz-Radweg nach links ab. An der Kreuzung der Kreisstraße nach rechts den Berg hoch nach Waldstetten. An der ersten Kreuzung links zur Gaststätte Engel.
Waldstetten: Zurück auf die Hauptstraße, geradeaus in die Schulstraße und von dort in Richtung Weißenhorn. Den ersten Feldweg in Richtung Norden nehmen. Nach etwa 500 Metern führt der Weg nach links in den Wald zu den Salzweihern. Eine Runde rund um die Weiher bietet Abenteuer. Den Weg zurück, und am Waldrand nach links in Richtung Autenried.
Anhofen: Weiter in Richtung Anhofen. An der Kreuzung links, am Weiher nach rechts Richtung Wald, den Grasweg nach rechts und dann nach links Richtung Anhofen. Dort immer rechts halten. Geradeaus über die Kreuzung, dann nach rechts Richtung Emmenthal. Die Schnapsbrennerei ist das erste Haus links. Anschließend immer geradeaus Richtung Großkötz und von dort weiter zum Bahnhof in Kleinkötz.
Tipps
Einkehr
- Waldrestaurant Stubenweiher: Montag, Mittwoch, Donnerstag ab 17 Uhr, Freitag, Samstag, Sonntag ab 10 Uhr, Telefon 0 82 23/7 97. Internet www.stubenweiher.de
- Brauereigasthof Zum Goldenen Engel in Waldstetten: Täglich ab 8 Uhr (mittwochs in den Ferien geschlossen, sonst ab 13 Uhr), Telefon 0 82 23/12 74. Internet www.engelbrauerei.de
- Schlossbrauerei Autenried: Täglich von 11 bis 23 Uhr geöffnet, Telefon 0 82 23/96 84 40. Internet www.autenrieder.com
Kultur
- Ichenhauser Schulmuseum: Das Museum zeigt die Geschichte des Lehrens und Lernens. Öffnungszeiten in der Regel Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10 bis 17 Uhr, Führungen nach Anmeldung, Montag geschlossen. Telefon 0 82 23/61 89. Internet www.ichenhausen.de
- Synagoge Ichenhausen: 1781 errichtet. Sie erhielt ihr jetziges Aussehen durch eine Sanierung von 1985 bis 1987 („Haus der Begegnung“). Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter 0 82 23/40 05-52 (Rathaus Ichenhausen). Internet www.ichenhausen.de
- Ikonenmuseum in Autenried: Es präsentiert rund 2000 Exponate. Es ist das größte Museum seiner Art außerhalb orthodoxer Länder. Öffnungszeiten Sonn-/Feiertage jeweils von 14 bis 17 Uhr (Führungen zu jeder vollen Stunde), Gruppenführungen nach schriftlicher Voranmeldung auch wochentags. Telefon 0 82 23/8 62. Internet www.meinehp.com/ikonenmuseum: Zahlreiche weitere Tipps zu Kultur, Freizeit, Tourismus gibt es bei der Regionalmarketing Günzburg GbR. Internet www.familien-und-kinderregion.de
Baden
- Stubenweiher: Er ist eine gute Gelegenheit.