Wie anstrengend zuweilen der Beruf des Brauers ist, lässt sich an den Daumen von Richard Schmid sehen. Sie sind deutlich nach hinten gebogen. Wenn er sein Bier abfüllt, dann muss er in zwei Stunden rund 6000 Bügelflaschen zudrücken. Mit dem Daumen. Wenn er sein Produkt auf Flaschen zieht, gehen ihm zwar Helfer zur Hand, doch ansonsten macht er alles selber: Brauen, verkaufen, einkaufen, ausfahren, abrechnen. Wer an der Tür zu seiner Brauerei in Biberach klingelt, wird natürlich vom Chef selber bedient.
Auf der Fahrradtour begegnen Ihnen echte Familienbetriebe
Richard Schmid ist einer der wenigen Verbliebenen seiner Art, ein Kleinbrauer, der eine jahrhundertealte Familientradition weiterführt. Ein Menschenschlag, der nicht viel redet, sondern seine Erzeugnisse sprechen lässt. Vier von ihnen haben wir besucht. Natürlich wurden wir für die Brauereirunde mit Schmunzeln in der Redaktion verabschiedet, mit Ratschlägen wie: „Fallt nicht vom Rad.“ Das hatten Robert Ball von der ADFC-Ortsgruppe „Die Illerbiker“ und ich nicht vor, denn Bier lässt sich nicht nur im Magen transportieren, sondern auch in Satteltaschen.
Die erste Station, die Brauerei Reitinger in Oberroth, besitzt zwar keinen Biergarten, dafür aber eine urwüchsige Gaststube ohne modernistischen Gemütlichkeits-Schnickschnack. Sie ist so, wie sie schon vor Jahrzehnten war. In der Decke stecken noch ein paar verirrte Projektile des Schützenvereins, dem die Gaststube lange für den Schießbetrieb diente. Da war wohl etwas zu viel „Zielwasser“ im Spiel. Seit dem 16. Jahrhundert wird hier gebraut, so genau weiß das Josef
Die Radwege durch Illertissen, Weißenhorn und Roggenburg sind etwas für Bier-Liebhaber
Während bei den großen und mittleren Produzenten der Absatz sinkt – vor allem bei den „Fernsehbieren“ –, legen kleine Brauereien zu. So kann Clemens Kolb aus Meßhofen getrost sagen: „Das Geschäft geht gut.“ Dabei finden sich seine Flaschen in keinem Getränkemarkt. Sein walnussbraunes „Märzen“ wird nur in wenigen ausgewählten Wirtshäusern ausgeschenkt – und eben in seinem Brauereigasthof.
Da steht der Wirt in der Lederhose in seiner kleinen Zapfecke und reicht die Gläser durch ein quadratisches Fensterchen. Er bedient „zum größten Teil bekannte Gesichter“. Und so geht es am Ausschank mit lockerem Ton zu wie beim Familientreffen: „Derf i nomal ei’schenka?“ „Ja, heit isch hoiß g’wen!“ Die Gäste kommen aber nicht nur aus dem kleinen Dorf, sondern gerne von weiter her, denn das Meßhofener hat Kultpotenzial. Clemens Kolb ist in fünfter Generation Brauer – und sein jüngster Sohn wird der Sechste in der Reihe sein, das hat er seinem Vater schon versprochen: „Das motiviert mich sehr“, freut sich Clemens Kolb. „Wenn Nachwuchs da ist, der das weiterführt, dann gibt man anders Gas.“
Letzte Station auf der Radtour ist das Illertisser Schlossbräu
Ob die Familientradition im Haus von Rudi Endres ebenfalls weitergeführt wird, weiß er noch nicht. Er führt in dritter Generation das Illertisser Schlossbräu, das am Ende der Tour steht. Hier kommen die Gäste sogar aus Ulm, denn der Biergarten ist einer der schönsten weit und breit. Und Illertisser Braukunst gibt es nur hier zu kaufen. Deshalb wird die 325 Jahre alte Brauerei gerne angesteuert, nicht zuletzt von Radlern – die aber nicht unbedingt nur sauren Sprudel oder Apfelschorle trinken wollen: „Die sind anspruchsvoller geworden“, meint der Wirt, „die wollen was G’scheits zum Essen und ein richtiges Bier.“ Vor allem, wenn man unterwegs einen Reifen viermal flicken musste, so wie Robert Ball und ich. Da will man hinterher als Radler kein selbiges, sondern Vollbier.
Tourüberblick
Schwierigkeitsgrad: 3 von 5
Streckenlänge: 55,2 km
Höhenmeter: 381 m
Belag: Die Route führt überwiegend über ruhige Straßen. Teilweise unbefestigte, aber gute Wege.
Start/Ziel: Beginn der Tour ist der Illertisser Bahnhof, Ende das Illertisser Schlossbräu.
Wegbeschreibung
Illertisser Bahnhof: Die Runde beginnt am Illertisser Bahnhof und führt über die Hauptstraße nach rechts zum Marktplatz, nach Süden Richtung Jedesheim. Von dort nach Bergenstetten und Dattenhausen. Im Ort abbiegen nach Osterberg, vor dem Wäldchen nach links in Richtung Oberroth.
Oberroth: Der Weg führt direkt zur ersten Station, der Brauerei Reitinger. Von dort aus geht es ein kurzes Stück auf der Hauptstraße nach Norden, dann links in die Kirchgasse und wenig später rechts Am Bühl via Schalkshofen nach Unterroth bis zur Hauptstraße. Nach links, an der Kirche nach rechts, geradeaus raus aus dem Ort. Nach der Roth-Brücke rechts abbiegen. Unter der Stromleitung nach Norden, bis die Straße auf den Herdweg stößt. Nach rechts in den Ort bis zur Staatsstraße. Nach links und gleich wieder nach rechts auf die Ritzisrieder Straße. Über Halbertshofen und Nordholz nach Meßhofen.
Meßhofen: Die Nordholzer Straße führt direkt zur Brauereigaststätte Kolb. Um über Roggenburg nach Biberach zu gelangen, geht es kurz zurück auf der Nordholzer Straße, nach links in den Haldenweg, links halten bis Roggenburg, dann weiter bis Biberach.
Biberach: Die Brauerei liegt rechts an der Hauptstraße. Weiter zur Ortsmitte, dann rechts nach Biberachzell. In der Ortsmitte links nach Weißenhorn. Durch den historischen Stadtkern über die Günzburger zur Ulmer Straße.
Thal: Nach links auf dem Radweg in Richtung Senden. Auf etwa halber Strecke vor Witzighausen links auf den Schotterweg biegen. Nach der Bahn rechts nach Illerberg, durchfahren bis Thal. In der Ortsmitte links in die Riedhofstraße. Geradeaus nach Süden. An der Abzweigung nach Bellenberg einen kurzen Schlenker nach links fahren, dann nach Betlinshausen. Über St.-Johannes- und Friedrich-Silcher-Straße (links) nach Illertissen hinein bis zum Ende des Marktplatzes. Nach links hoch zum Schlossbräu.
Tipps
Einkehr
- Brauereigasthof Reitinger, Oberroth: Fremdenzimmer, Telefon 0 83 33/12 13.
- Brauereigasthof Kolb, Meßhofen: Mittwoch bis Freitag ab 17 Uhr, Samstag und Sonntag ab 9.30 Uhr, Straßenverkauf Mittwoch bis Sonntag ganztägig, Telefon 0 73 00/3 01. Internet www.brauerei-kolb.de
- Brauerei Biberach: Bierverkauf von Dienstag bis Sonntag zwischen 8 und 18.30 Uhr. Gasthaus: Donnerstag ab 17 Uhr, Sonntag 9.30 bis 14 Uhr. Außerhalb der Öffnungszeiten nach Absprache unter Telefon 0 73 00/3 03. Internet www.brauerei-biberach.de
- Schlossbräu Illertissen: Montag Ruhetag, Dienstag ab 16 Uhr. Mittwoch bis Samstag 10.30 bis 14 Uhr, 16 bis 23 Uhr. Sonntag ab 10 Uhr durchgehend. Telefon 0 73 03/34 21. Internet www.schloss-brauhaus.de.
Kultur
- Vöhlinschloss Illertissen: Mit Illertisser Heimatmuseum und Bienenmuseum (beide bis auf Weiteres geschlossen).
- Kloster Roggenburg: 1126 gestiftet, sehr schöne barocke Klosterkirche. Dort befindet sich auch das Zentrum für Familie, Umwelt und Kultur. Telefon 0 73 00/9 61 10. Internet www.kloster-roggenburg.de
- Heimatmuseum Weißenhorn: Ständig wechselnde Ausstellungen. Öffnungszeiten Donnerstag bis Sonntag, von 14 bis 17 Uhr. Telefon 0 73 09/42 60 32 oder 8454. Internet www.weissenhorner-heimatmuseum.de