Schieferplatten auf den Dächern der Pavillons im Volksgarten fehlen. Die Holzkonstruktion eines Daches ist aufgeplatzt. Im Haus davor bröckelt der Putz von den Wänden, eingefallene Wände sind beim Blick durch das Fenster zu sehen. Seit 2012 ist der ehemalige Biergarten im Steinbachtal geschlossen und verfällt zusehends.
Vortrag über den Volksgarten in Würzburg bei einem Denkmalschutz-Kolloquium
Die Pavillons des Volksgartens stehen unter Denkmalschutz. Bettina Groh ist Anwohnerin und möchte auf den Zustand des Denkmals aufmerksam machen: "Die Dachkonstruktion ist am Einstürzen", sagt sie. Jeden Tag würde sie an dem Grundstück vorbeilaufen und habe sich dabei gefragt, wieso niemand etwas gegen den Verfall unternimmt. Dann habe sie angefangen, sich für den Erhalt zu engagieren. Beim Denkmalschutz-Kolloquium des Ortskuratoriums Würzburg der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hielt sie einen Vortrag über den drohenden Verlust des Volksgartens.
"Der Vortrag von Frau Groh ist mit positiver Betroffenheit aufgenommen worden", sagt Matthias Staschull vom Würzburger Ortskuratorium der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. "Der Verfall des Volksgartens, besonders der Halle mit den Kuppelpavillons durch bewusste Vernachlässigung, ist eine Schande. Die Architektur geht kaputt, jeder Sturm und jeder Winter sorgen dafür, dass weitere Schindeln vom Dach fallen", so Staschull. Das Würzburger Ortskuratorium wolle, dass der Denkmalschutz auch die weniger bekannten, für die Würzburger Kulturlandschaft aber auch wichtigen Gebäude, erhält und pflegt. Dazu gehöre auch der Volksgarten, deswegen finde er das Engagement von Groh unterstützenswert.
Laut dem bayerischen Denkmalschutzgesetz haben die Eigentümer die Baudenkmäler instandzusetzen und vor Gefährdung zu schützen, "soweit ihnen das zuzumuten ist." Für die Durchsetzung des Denkmalschutzgesetzes ist die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Würzburg verantwortlich. Schon im Jahr 2014 sagte der Pressesprecher der Stadt Würzburg, dass sie den Besitzer auf die Pflicht zum Erhalt des Denkmals hingewiesen hätten. Ein Miteigentümer sagte damals, "wir machen, was wir finanziell stemmen können." Auf erneute Nachfrage möchte sich der Miteigentümer nicht mehr zum Volksgarten äußern.
Letzte Begehung des Volksgartens durch die Denkmalbehörde im Jahr 2019
Eine letzte Begehung und Beratung durch die Untere Denkmalbehörde und das Landesamt für Denkmalpflege fand 2019 statt, schreibt Claudia Lother von der Pressestelle der Stadt Würzburg. Die Stadt gehe davon aus, dass der Eigentümer weiter auf der Suche nach einem Investor sei. Eine Aufforderung an den Eigentümer, sich zu äußern, soll in der nächsten Zeit durch die Untere Denkmalschutzbehörde erfolgen, so Lother weiter.
Die Geschichte des Volksgartens geht bis ins Jahr 1901 zurück, als das Traditionslokal öffnete. Von 1946 bis 1950 wurden in den zwei Tanzsälen eine Notschule untergebracht. Danach wurde der Volksgarten wieder als Biergarten genutzt. Mit den bis zu 600 Sitzplätze im Freien war es einer der Größten der Stadt. 2011 gab es Pläne, die Pavillons abzureißen und Wohnungen auf dem Gelände zu bauen. Doch der Denkmalschutz verhinderte die Zerstörung. Im Jahr 2012 schloss dann der Biergarten und 2015 gab es erneut ein Bauvorhaben. Diesmal wurden die Pavillons in die Gebäude integriert. Doch auch dieses Vorhaben wurde abgelehnt.
Durch die Integration der Wohnhäuser hätte der Volksgarten seinen ganzen Charme verloren, sagt Hans Steidle, der Stadtheimatpfleger der Stadt Würzburg. "Ich finde es schlimm, dass seit über zehn Jahren keine Veränderung stattfindet", so Steidle weiter. "Meine Befürchtung ist, dass der Verfall weitergeht und irgendwann die Pavillons einstürzen", sagt Groh. Dann würde es wieder Bestrebungen geben, das Grundstück zu bebauen, die Bäume würden weichen und dann existiert die ganze Anlage nicht mehr, sagt Groh.
Ein Verein und eine Bürgervereinigung aus dem Steinbachtal wollen den Volksgarten erhalten
Unterstützung bekommt Bettina Groh von der Bürgervereinigung Talgemeinde Steinbachtal sowie dem Verein Rettet das Steinbachtal. Beiden Vereinigungen liege viel am Erhalt des Volksgartens. Andreas Volpert, der erste Vorsitzende des Vereins, betont: "Wir fahren täglich am Volksgarten vorbei und sehen den Verfall. Da muss irgendwann mal was passieren!" Auch dem Vorstand der Bürgervereinigung Adolf Wolz gehe es darum, ein Stück Kultur und Zeitzeugnis zu erhalten. Er erinnere sich noch an die Zeit, als er selbst in der Notschule im Volksgarten unterrichtet wurde.
"Die Menschen lieben diesen Ort", sagt Groh. Ihr Ziel sei es, dass die Pavillons und das Gelände für die Allgemeinheit erhalten bleiben. Ideen für eine Nutzung gebe es viele, "da hat wahrscheinlich jeder andere Ideen", sagt Groh und ergänzt "alles ist besser, als es kaputtgehen zu lassen."