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Veitshöchheim: Samstagsbrief: Bei "Fastnacht in Franken" war das ein starkes Zeichen für Demokratie und gegen Hetze, Herr Maul!

Veitshöchheim

Samstagsbrief: Bei "Fastnacht in Franken" war das ein starkes Zeichen für Demokratie und gegen Hetze, Herr Maul!

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    Sitzungspräsident bei "Fastnacht in Franken": Christoph Maul (Mitte) rief er bei der Sendung - hier mit Tobias Brand (links) und Marco Anderlik, den Präsidenten der Fastnachtsverbände Unterfranken und Franken -  für die Demokratie zum Wählen auf. 
    Sitzungspräsident bei "Fastnacht in Franken": Christoph Maul (Mitte) rief er bei der Sendung - hier mit Tobias Brand (links) und Marco Anderlik, den Präsidenten der Fastnachtsverbände Unterfranken und Franken -  für die Demokratie zum Wählen auf.  Foto: Silvia Gralla

    Lieber Christoph Maul,

    zuletzt habe ich 2022 einen Samstagsbrief in Sachen "Fastnacht in Franken" geschrieben. Damals an Norbert Neugirg, den Kommandanten der "Altneihauser Feierwehrkapell'n". Ich bat ihn nach der Absage der Oberpfälzer Truppe damals, wieder zum Franken-Bashing nach Veitshöchheim zu kommen. Das hat funktioniert. Sie aber will ich nicht um etwas bitten. Nein, bei Ihnen möchte ich mich heute bedanken.

    Bedanken für knapp vier Stunden beste Faschings-Unterhaltung und eine wirklich tolle Stimmung in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen. Dabei liegt es nun einmal in der Natur der Sache, dass Fasching, dass Büttenreden und Gardetanz nicht allen gleich gut gefallen. Aber eines kann in diesem Jahr niemand den Verantwortlichen vor und hinter der Kamera absprechen: nämlich, dass sie kein starkes Zeichen gesetzt hätten.

    Ein Zeichen für Versöhnung, für Freiheit und Demokratie und ein Zeichen gegen Populismus, Rechtsextremismus und die AfD. Das war stark und ganz ehrlich, das habe ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet. Da konnte einem das Lachen an der ein oder anderen Stelle im Halse stecken bleiben. Aber "Fastnacht in Franken" wäre nicht "

    "Wählen Sie die Demokratie!"

    Christoph Maul, Sitzungspräsident bei "Fastnacht in Franken"

    Doch wie sagten Sie selbst am Schluss ganz richtig: Wenn wir nicht aufpassen, könne der Spaß schneller vorbei sein, als uns lieb ist. Und so forderten Sie - nicht gerade üblich für einen Sitzungspräsidenten bei einer TV-Faschingssendung - Ihre Zuschauerinnen und Zuschauer auf, bei den Europawahlen in diesem Jahr wählen zu gehen und die Demokratie zu wählen. Denn wählen sei wie Zähne putzen. Es zu unterlassen, könne ganz schön schmerzhaft werden.   

    Nun steht der Fasching, stehen Närrinnen und Narren ja eher im Ruf, konservativ zu sein. Und das sind sie historisch gesehen ja auch. Denn ohne die katholische Kirche und deren Fastenzeit, gäbe es auch die Fastnacht nicht, an der man es noch mal so richtig krachen lassen darf, weil am Aschermittwoch ist ja dann alles vorbei. 

    Und so schlüpften im historischen Fasching der Bauer, der Arbeiter in die Rolle des Königs und hielten den Mächtigen ungestraft den Spiegel vor. Heute sind die ersten Reihen bei "Fastnacht in Franken"  mit Politprominenz besetzt, die sich wie ihr Volk verkleidet. Und so kommt der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger als Handwerker verkleidet - verkehrte Welt? 

    Jedenfalls hat es den Freie-Wähler-Chef nicht davor bewahrt, für Flugblattaffäre und populistische Ausschweifungen im vergangenen Wahljahr noch mal ordentlich eingeschenkt zu bekommen. Und darüber hat sich nicht nur Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder köstlich amüsiert.

    Besonderer Verantwortung gerecht geworden

    Auch sonst war "Fastnacht in Franken" in diesem Jahr so politisch wie lange nicht mehr. Natürlich wurde in erster Linie die Ampelregierung in Berlin mit Hohn und Spott überschüttet. Aber eben nicht nur. Auch wenn die Sendung zum Unterhaltungsrepertoire gehört, diese Prunksitzung trägt eine besondere Verantwortung. "Fastnacht in Franken" ist stilprägend für Narren - und sie ist öffentlich. Die Sendung schafft Jahr für Jahr die höchste Einschaltquote des Bayerischen Rundfunks und kann als ein Indikator der gesellschaftlichen Entwicklung dienen. 

    "Keiner kann sagen voller Frust, man hätte all dies nicht gewusst."

    Büttenredner Peter Kuhn bei "Fastnacht in Franken" 2024

    Dieser Verantwortung ist "Fastnacht in Franken" in diesem Jahr auf besondere Weise gerecht geworden. Zum wichtigsten Thema unserer Zeit, für das aktuell an jedem Wochenende Hunderttausende bundesweit auf die Straßen gehen, haben die Narren nicht gekniffen, sondern sich mit einem deutlichen Zeichen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit klar und unmissverständlich positioniert. Chapeau!    

    Höhepunkt war das Medley zur Europa-Wahl am Schluss, als alle Künstlerinnen und Künstler im Kostüm eines EU-Landes verkleidet noch einmal auf die Bühne kamen und die Vielfalt Europas präsentierten. Das war emotional - und machte auch noch richtig Spaß.   

    Doch die Plädoyers für Demokratie und gegen Populismus und Ausgrenzung zogen sich durch den ganzen Abend. So analysierte Martin Rassau: "Die Dummheit hat aufgehört, sich zu schämen und ist auch noch stolz drauf." Als Richter verteidigte Peter Kuhn unseren Rechtsstaat, und Matthias Walz sang: "Ein bisschen schüren, ein bisschen hetzen, das weiß der Wähler wohl zu schätzen."

    Peter Kuhn nahm in seiner Büttenrede dann auch besonders die Wählerinnen und Wähler in die Pflicht und sprach mit Blick auf die AfD von drohenden Deportationen statt verniedlichend von Remigration: "Keiner kann sagen voller Frust, man hätte all dies nicht gewusst."  

    "Die Dummheit hat aufgehört, sich zu schämen."

    Büttenredner Martin Rassau

    Letztendlich agierten die Narren damit auch in eigener Sache, wollen sie doch auch künftig über "die da oben" lachen und Witze machen dürfen. Volker Heißmann und Martin Raussau brachten es als "Waltraud und Mariechen" auf den Punkt: "Es ist besser, für die Demokratie zu kämpfen, solange sie noch da ist. Danach wird es erheblich schwieriger."  

    Danke!

    Mit einem dreifachen Helau,

    Folker Quack, Redakteur

    Persönliche Post - der Samstagsbrief

    Jedes Wochenende lesen Sie unseren "

    Samstagsbrief

    ". Das ist ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "

    Samstagsbrief

    " sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "

    Samstagsbrief

    " ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "

    Samstagsbriefen

    " hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.  

    MP

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