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Würzburg: In nur 29 Minuten von Würzburg nach Nürnberg: Warum Bund und Bahn eine komplett neue ICE-Neubaustrecke planen

Würzburg

In nur 29 Minuten von Würzburg nach Nürnberg: Warum Bund und Bahn eine komplett neue ICE-Neubaustrecke planen

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    Ein ICE auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Nürnberg und München: Wie hier entlang der A9 könnte eine neue Schnellstrecke in Franken an der Autobahn A3 gebaut werden. 
    Ein ICE auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Nürnberg und München: Wie hier entlang der A9 könnte eine neue Schnellstrecke in Franken an der Autobahn A3 gebaut werden.  Foto: Daniel Karmann, dpa

    Gerade erst wird die bestehende Strecke saniert. Doch die Deutsche Bahn steht bereits in den Startlöchern für eine komplett neue Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Würzburg und Nürnberg. Mit bis zu 300 km/h sollen die Züge hier in Zukunft über die Gleise rauschen. Angepeilt ist eine Fahrzeit von nur noch 29 Minuten, wo man derzeit eine knappe Stunde braucht.

    So sieht es als Zielvorgabe der "Deutschlandtakt" vor – ein bundesweit abgestimmter Taktfahrplan, der 2018 von der Bundesregierung auf den Weg gebracht und vor zwei Jahren als vordringlich im Schienen-Bedarfsplan eingestuft wurde. Das Prinzip: "Erst der Fahrplan, dann die Infrastrukturplanung". Das Schienennetz soll so ausgebaut werden, dass Züge überall im Land in einem verlässlichen Stunden- oder Halbstundentakt fahren. Gute Anschlüsse zwischen Nah- und Fernverkehr sollen sichergestellt und Kapazitäten – auch für den Güterverkehr – erhöht werden.

    Bund hat der Bahn den Planungsauftrag für die Neubaustrecke in Franken erteilt

    Eine Umsetzung des Deutschlandtakts bis 2030 und eine Verdoppelung bei den Fahrgastzahlen, wie 2018 vom damaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) propagiert, hat sich zwar als utopisch herausgestellt. Im März 2023 nannte das Bundesverkehrsministerium nun das weit entfernte Zieljahr 2070 bei Kosten von 50 bis 60 Milliarden Euro. Dennoch werden jetzt Weichen für kleinere Ausbaumaßnahmen und für einige Großprojekte gestellt. Darunter: die ICE-Neubaustrecke Würzburg-Nürnberg mit bereits vor fünf Jahren veranschlagten Kosten von 5,7 Milliarden Euro.

    Die Bahn habe dafür im Mai vom Bund den Planungsauftrag erhalten und stelle derzeit ein Planungs- und Projektteam zusammen, bestätigt ein Konzernsprecher. Nach derzeitigem Stand werde die Bahn 2024 mit der Grundlagenermittlung starten. Dazu gehören erste Gespräche mit betroffenen Kommunen und die Einbindung der Bevölkerung.

    "Nirgendwo sind die Widerstände so stark wie gegen Schnelltrassen für den Bahnfernverkehr", sagt ein Sprecher des Berliner Verkehrsministeriums. Die Neubaustrecke Würzburg-Nürnberg werde für den Deutschlandtakt gebraucht. Sie soll Tempo, eine bessere Anbindung an beiden Zielbahnhöfen und mehr Kapazität auf dem gesamten Korridor bringen, der laut Ministerium "bereits im Ist-Zustand überlastet ist".

    Als nächstes muss der Bundestag die Schnellstrecke – wie alle anderen Projekte des Deutschlandtaktes – als konkrete Einzelmaßnahme in die Anlage zum Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) aufnehmen. Dem Sprecher zufolge ist dies eine Formsache, das Kabinett habe bereits zugestimmt. 

    Zum Zeithorizont für die Neubaustrecke Würzburg-Nürnberg wollen sich weder Bahn noch Ministerium äußern. In der Vergangenheit hätten Bahngroßprojekte häufig 20 Jahre gebraucht. Man wolle hier beschleunigen, so der Sprecher im Verkehrsministerium. Doch werden voraussichtlich Jahre ins Land gehen, bis die ersten Bagger und erst recht die ersten Züge rollen. Der Planungsprozess ist äußerst komplex.

    Auf die Grundlagenplanung folgt eine Vorplanung mit möglichen Trassenvarianten. Sie werden in einem Raumordnungsverfahren untersucht. Für eine Vorzugsvariante wird dann das Planfeststellungsverfahren beim Eisenbahnbundesamt beantragt. Erst nach dessen Abschluss besteht Baurecht. 

    Trassenverlauf: eine Schnellstrecke entlang der Autobahn A3?

    Wo genau die Schnelltrasse zwischen Würzburg und Nürnberg verlaufen wird, ist noch unklar. Wegen der geplanten Anbindungen in Fürth-Bislohe mit einem neuen Fernverkehrstunnel sowie Rottendorf – mit einem zusätzlichen Gleis nach Würzburg für 264 Millionen Euro – spricht aus Sicht von Experten aber einiges für eine Trasse entlang der Autobahn A3. Vorbilder wären die Hochgeschwindigkeitstrassen an der A9 zwischen Nürnberg und München oder an der A3 von Frankfurt nach Köln. 

    Durch weitere Aus- und Neubauten soll sich die Fahrzeit zwischen Frankfurt und Nürnberg von derzeit rund zwei Stunden auf eine Stunde und 22 Minuten verkürzen. Dazu soll auch die Strecke zwischen Heigenbrücken im Spessart und Nantenbach zweigleisig für eine Geschwindigkeit von 230 km/h neu gebaut werden – inklusive

    Als kleinere Maßnahmen sind Puffergleise an den Bahnhöfen Würzburg und Gemünden geplant sowie Richtung Nürnberg ein zusätzliches Wendegleis in Neustadt/Aisch.

    Bund Naturschutz hält Milliardenprojekt nicht für verhältnismäßig

    Signaltechnik, Brücken, zusätzliche Abbiege-, Überhol- und Wendegleise, angepasste Bahnhöfe: Solche überschaubaren Maßnahmen befürwortet auch der Bund Naturschutz (BN) in Bayern. Der Umweltschutzverband kritisiert allerdings die geplanten milliardenschweren Großprojekte wegen ihrer hohen Kosten und der Eingriffe in die Natur.

    Eine vom BN beauftragte Studie der Münchner Eisenbahnexperten Vieregg & Rössler kommt zu dem Schluss: Eine Neubaustrecke Würzburg-Nürnberg bräuchte deutlich weniger Tunnel, wenn man leicht höhere Steigungen zulassen würde. Die neue Anforderung aus dem Bundesverkehrsministerium, Neubaustrecken mit maximal acht Promille Steigung auszulegen, erhöhe Baukosten und CO2-Emissionen dramatisch.

    "Der Aufwand für eine Fahrzeitverkürzung auf eine halbe Stunde ist massiv."

    Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern

    Alternativ zu einer komplett neuen Trasse Würzburg-Nürnberg könne auch die bestehende Verbindung mit Neubauabschnitten zwischen Siegelsdorf und Neustadt/Aisch sowie von Iphofen nach Rottendorf ertüchtigt werden. Dann würden laut BN die Züge zwar nicht durchgehend 300 km/h fahren, dafür wäre die Strecke kürzer.

    Bund Naturschutz: Kleine, leicht umsetzbare Projekte bringen wirkliche Verbesserungen für Bayern

    Die Studie zeige, "dass es nicht die großen, teuren und klimaschädlichen Bauprojekte sind, die schnelle und wirkungsvolle Verbesserungen für den Freistaat bringen, sondern die kleinen, leicht umzusetzenden Projekte", sagt Bayerns BN-Chef Richard Mergner. Sie müssten Priorität haben, um die Verkehrswende schneller voranzubringen.

    Den Sinn einer neuen Schnellstrecke Würzburg-Nürnberg zweifelt Mergner an. "Der Aufwand für eine Fahrzeitverkürzung auf eine halbe Stunde ist massiv." Dies binde Kapital und Planungskapazität, "während der Rest auf der Strecke bleibt".

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