Ab 8. Januar sollen deutschlandweit Proteste gegen die Politik der Bundesregierung stattfinden. Landwirte und Spediteure planen eine Protestwoche gegen Subventionskürzungen mit mehreren Traktor-Kundgebungen in Bayern – und distanzieren sich von radikalen Kräften, die einen sogenannten Generalstreik anstoßen wollen. Was bisher zu Protest-Aktionen in Unterfranken bekannt ist und wie sich Unterstützer im Vorfeld distanzieren. Ein Überblick:
Wer hat den Aufruf zum "Generalstreik" angestoßen?
Das ist unklar. Seit Mitte Dezember kursieren in Sozialen Netzwerken verschiedene Aufrufe, die Arbeit am 8. Januar niederzulegen. Die Kritik der oftmals anonymisiert geposteten Texte und Bildtafeln richtet sich gegen die Bundesregierung. Sprüche wie "Die Ampel muss weg!", "Knipst die Ampel aus", und "Alles steht an diesem Tag" wurden mitunter tausendfach geteilt. Es finden sich Aufrufe zu Demonstrationen, gemeinsamen Spaziergängen und teilweise auch zu einem sogenannten "Generalstreik" aller Berufsgruppen, Arbeitssuchenden und Rentnern.
Wird der Protest der Landwirte von Rechtspopulisten und Verschwörungsmystiker instrumentalisiert?
Rechtspopulisten springen auf das Thema auf. So haben beispielsweise die Landesverbände der AfD in Thüringen und Schleswig-Holstein angekündigt, an der Seite der Demonstrierenden zu stehen. Der "Generalstreik-Aktionstag" zeige denen, "die eine gegen das eigene Volk gerichtete Politik autoritär umsetzen wollen, was passiert, wenn die Stützen des Staates nicht mehr demütig den Kopf senken und alles mitmachen". Im Umfeld der sogenannten Querdenker und Corona-Leugner werden auf dem Kurznachrichtendienste Telegram für diesen Tag Aufrufe zum Sturz der Regierung verbreitet. Vereinzelte Verschwörungsmystiker in einer unterfränkischen Telegram-Gruppe halten die Bauernproteste sogar für einen Schachzug einer nahenden "Weltregierung", die mithilfe eines Umsturzes der Bundesregierung ihre eigene Position stärken will.
Was haben die Landwirte in Unterfranken vor?
Ab dem 8. Januar wollen Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland protestieren. Der Verein "Landschaft verbindet Bayern" (LSV) kündigte für alle Landkreise in Unterfranken Protestaktionen an. Es könne am 8. Januar und den Folgetagen in Unterfranken zwischen 6 und 16 Uhr zu Verkehrsbehinderungen kommen, teil ein Sprecher des Vereins mit. Der Deutsche Bauernverband (DBV) unterstützt die Proteste und fordert die Bundesregierung dazu auf, die geplante Streichung der Subvention von Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung zurückzunehmen. Am Donnerstag kündigte die Bundesregierung an, die geplanten Kürzungen der Subventionen teilweise wieder zurückzunehmen. Die Kfz-Steuerbefreiung soll demnach bleiben. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde nicht in einem Schritt vollzogen, hieß es. Der Deutsche Bauernverband hält die angekündigten Nachbesserungen der Bundesregierung für unzureichend und hält an den Protest-Plänen fest.
Auf Facebook teilt der DBV mit, man distanziere sich "aufs Schärfste von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppen und Spinnern", die die geplante Aktionswoche "kapern" wollen würden. Der Verband stehe für "friedlichen und demokratischen Protest".
Wieso wollen sich Speditionsunternehmen den Protesten anschließen?
"Was die Landwirte produzieren, transportieren wir", teilt der Bundesverband für Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) mit. Der Verband wolle deutlich machen, dass man "mit der aktuellen Regierungspolitik nicht einverstanden" sei, distanziere sich aber "sehr deutlich von einem möglichen Generalstreik", heißt es in der Mitteilung. Der Verband fordert von der Bundesregierung den "Schutz des mittelständischen Transportgewerbes", ein Ende des CO₂-Aufschlags zur Lkw-Maut und mehr Investitionen in Straßen, Brücken und Parkplätze.
Wie stehen andere Verbände zu den Protesten?
Der bayerische Landesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) heißt es gut, dass mit Protesten auf die "massiven Missstände der Bundespolitik" aufmerksam gemacht wird, sagt deren Sprecher Achim von Michel. Seit dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts versuche die Regierung durch "Panik-Maßnahmen an Geld zu kommen" – und streiche deshalb zum Beispiel Subventionen. Der BVMW missbilligt jedoch, dass der Protest "von extremen Organisationen" gekapert werde.
Auch der Landes-Innungsverband für das bayerische Bäckerhandwerk solidarisiert sich mit den Landwirtinnen und Landwirten. "Ohne unsere bayerischen Landwirte könnten wir auch keine kulinarischen Spezialitäten mehr zubereiten. Deshalb unterstützt das bayerische Bäckerhandwerk die Aktionen des Bayerischen Bauernverbandes" und ruft zur Teilnehme an deren Kundgebungen auf. Man wolle über die Themen der Landwirte hinaus auf Belastungen, wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer in Cafés, die neue Lkw-Maut und die überbordende Bürokratie aufmerksam machen.
Thorsten Grimm, Bezirksvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Unterfranken, sieht angesichts der Proteste eine "Welle der personellen Überlastung" auf seine Kolleginnen und Kollegen zurollen. "Bei allem Verständnis für die politischen Proteste, zu denen die Landwirte am Montag und in der kommenden Woche zu Recht aufgerufen haben, aber viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar", betont der Polizeigewerkschafter. Die Protestbewegung der Landwirte müsse außerdem "sehr darauf achten, nicht von anderen politischen Bewegungen aus dem rechten Spektrum, Reichsbürgern oder Querdenkern unterwandert zu werden, was in Teilen gerade passiert".
Wann ist mit einem Streik der Lokführer bei der Deutschen Bahn zu rechnen?
Deutsche Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL liefern sich gerade einen Tarifstreit, in dem es unter anderem um höhere Löhne, vor allem aber um eine kürzere Arbeitszeit für Schichtarbeiter geht. Fahrgäste müssen ab der kommenden Woche mit mehrtägigen Streiks rechnen, sollte es nicht noch eine Annäherung geben. Zeitpunkt und Dauer der möglichen Arbeitsniederlegung sind noch nicht absehbar. Nach der Urabstimmung im Dezember des vergangenen Jahres kündigte GDL-Chef Claus Weselsky an, dass es "vor dem 8. Januar keine Arbeitskampfmaßnahmen" geben werde. Prinzipiell unterliegen Streiks nach einer Urabstimmung keiner zeitlichen Beschränkung. Doch von unbefristeten Streiks spreche die GDL nicht, betonte Weselsky. "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst." Gleichzeitig machte er deutlich, dass es nicht bei den bisherigen Streiks von maximal 24 Stunden Dauer bleiben werde. Eine Aufforderung, den Streik auf anderen Berufsgruppen auszuweiten, gibt es seitens der Lokführergewerkschaft nicht.