Startseite
Icon Pfeil nach unten
Top-Artikel
Icon Pfeil nach unten
Meistgesucht
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: GDL-Lokführer bestreiken den Bahnverkehr: Was zehn Menschen in Unterfranken zu den Zugausfällen sagen

Würzburg

GDL-Lokführer bestreiken den Bahnverkehr: Was zehn Menschen in Unterfranken zu den Zugausfällen sagen

    • |
    Zehn Menschen in Unterfranken erzählen, was sie vom Streik der Lokführer halten. Obere Reihe v.li.: Alex T., Benji Hofmann, Frederike Heumann, Cristina Rubel, Wolfgang Schramm. Untere Reihe v.li.: Erika Kieser, Melissa Roth, Alessandra Junow, Luis Zehnter, Oliver Kunze.
    Zehn Menschen in Unterfranken erzählen, was sie vom Streik der Lokführer halten. Obere Reihe v.li.: Alex T., Benji Hofmann, Frederike Heumann, Cristina Rubel, Wolfgang Schramm. Untere Reihe v.li.: Erika Kieser, Melissa Roth, Alessandra Junow, Luis Zehnter, Oliver Kunze. Foto: Silvia Gralla

    Die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Bahn-Gewerkschaft GDL geht in die nächste Runde. Die Gewerkschaft um Claus Weselsky hat einen sechs Tage langen StreikStreik begonnen, der bis Montagabend dauern soll. Folgen werden vermutlich Verspätungen und viele Zugausfälle sein.

    Fahrgäste müssen auf andere Zugverbindungen weichen oder ihre Reise gar aussetzen. Wir haben zehn Menschen am Bahnhof in Würzburg gefragt, wie sehr sie das betrifft und wie sie mit Zugausfällen umgehen.

    20

    aus Erlabrunn, in einer Ausbildung zur Erzieherin: "Ich wollte am Wochenende auf ein Konzert nach Berlin fahren."

    "Einerseits verstehe ich, dass man für das, was man möchte, streikt. Trotzdem finde ich es kritisch, weil es um die Kürzung von 41 auf 35 Stunden die Woche geht. Ich persönlich habe schon im Pflegebereich gearbeitet und kann mich nicht beschweren und bei einem Streik sagen: Ja, dann pflegen sich die Bewohner jetzt selbst. Ich wollte am Wochenende auf ein Konzert nach Berlin fahren. Leider kann ich das aufgrund des Streiks vergessen und bleibe auf den Kosten vom Hotel und den Konzertkarten sitzen. Es gibt zwar Alternativfahrpläne, aber man weiß nicht, ob die auch wirklich eingehalten werden. Die Stornierung des Hotels würde mich außerdem 180 Euro kosten."

    34

    aus Würzburg, Beamter: "Ich habe jetzt die Reise vorverlegen müssen."

    "Man muss abwägen zwischen den Tarifparteien: Einerseits kann ich die Unzufriedenheit verstehen, weil die Inflation hoch ist und man einen möglichst guten Lohnabschluss erzielen möchte. Andererseits, wenn man jetzt Leidtragender ist, finde ich es ein bisschen unverhältnismäßig. Die Länge von dem ganzen Konflikt und die Frage, ob es wirklich darum geht, einen guten Lohnabschluss zu erzielen oder, ob es ein interner Machtkampf der Gewerkschaften ist. Ich bin tatsächlich betroffen, da mein Zug eigentlich erst morgen gefahren wäre. Ich habe jetzt eine Reise vorverlegen müssen."

    Frederike Heumann aus München, Musikerin: "Ich bin hier festgefahren und komme nicht nach Hause."

    "Als Betroffene ist man generell nicht sehr objektiv. Ich bin hier festgefahren und muss jetzt zwei Nächte ein Hotel bezahlen, weil mein Zug ausfällt. Eigentlich wäre ich heute nach Hause gefahren und Donnerstag wieder gekommen. Das ist nicht schön. Besonders, weil ich hier schon eine Woche im Hotel bin und einfach wieder in meinem Bett schlafen möchte.

    Ich habe ehrlich gesagt keinen richtigen Durchblick, weshalb gestreikt wird. Ich denke, dass die Arbeit als Lokführer zum Teil ein sehr unerfreulicher Beruf ist und er dementsprechend bezahlt werden muss. Das Problem ist, dass die Bahn privatisiert ist. Aber eine Woche streiken, das ist schon hart. Der FlixBus fährt 6,5-9 Stunden nach München, weil man immer umsteigen muss. Es gibt also kaum Alternativen."

    72

    aus Sommerach, hat beim BR gearbeitet: "Der Job als Lokführer ist harte Arbeit und das sollte anständig bezahlt werden."

    "Ich finde den Streik völlig okay. Man wollte die Bahn privatisieren und die Lokführer haben damals nicht streiken dürfen, weil sie verbeamtet waren. Jetzt kommen die Vorstände und kassieren einen Bonus dafür, dass sie ihre Frauenquote erfüllen.

    Der Job als Lokführer ist harte Arbeit und das sollte anständig bezahlt werden. Mit einer ordentlichen Bezahlung gäbe es bei der Bahn keinen so großen Personalmangel. Ich bin zwar von den Folgen des Streiks betroffen, aber das nehme ich gerne so hin. Zur Not fahre ich auch mit dem Auto."

    18

    aus Würzburg, macht eine Ausbildung als Bauzeichnerin: "Man zahlt viel Geld für einen Zug der am Ende nicht kommt."

    "Ich finde sechs Tage  für einen Streik zu viel. Ich muss zu meiner Berufsschule fahren, die in Heilbronn ist. Ich brauche eine Stunde für die Fahrt. Da muss ich morgens um fünf Uhr aufstehen, damit ich meinen Zug um sechs Uhr bekomme. Wenn jedes Mal die Züge wegen der Streiks ausfallen, komme ich jedes Mal zu spät oder gar nicht auf die Arbeit oder zur Schule.

    Ich versuche immer, mit Freunden aus der Nähe Auto zu fahren oder einen Bus zu bekommen. Das dauert aber auch immer ein bisschen länger. Man zahlt viel Geld für einen Zug, der am Ende nicht kommt."

    30

    aus Würzburg, auf Jobsuche: "Grundsätzlich ist es für die Demokratie ziemlich wichtig."

    "Ich finde streiken an sich richtig gut. Es ist zwar supernervig und betrifft auch mich zum Teil, aber grundsätzlich ist es für die Demokratie ziemlich wichtig und man kann dem Kapitalismus mal auf die Füße zu treten. Ich wollte dieses Wochenende eigentlich nach Berlin fahren - jetzt muss ich mich um eine Alternative bemühen und mit BlaBlaCar fahren. Es ist zwar nervig, aber ich bin ganz optimistisch, dass es irgendwie funktioniert."

    87

    aus Würzburg, hat bei der DB gearbeitet: "Ich war früher auch bei der Gewerkschaft und habe die Bedingungen dort hingenommen."

    "Der Claus Weselsky soll doch mal zufrieden sein. Das ist doch völlig ausreichend, was die Bahn vorgeschlagen hat. Die anderen Leute bekommen auch nicht mehr in ihrem Beruf.

    Wenn ich zu Verwandten muss, fahre ich auch mal mit dem Zug. Durch den Streik muss man halt mit dem Auto abgeholt werden. Ärgerlich ist es trotzdem. Ich finde die Länge von sechs Tagen nicht gerechtfertigt. Ich war früher auch bei der Gewerkschaft und habe die Bedingungen dort hingenommen."

    20

    aus Reichenberg, Student: "Ich finde es komisch, dass man sich über die Arbeitszeit beschwert."

    "Grundsätzlich finde ich Streiks nicht schlecht. Das ist auch das Schöne in Deutschland: Hier darf man streiken, ohne dabei Angst zu haben, weggesperrt zu werden. In anderen Ländern schaut das ganz anders aus.

    Die Bedingungen in Deutschland sind bei der Deutschen Bahn gar nicht gut. Gerechtfertigt finde ich die Forderungen jedoch nicht. Ich finde es komisch, dass man sich über die Arbeitszeit beschwert. Man sollte eher bei der Bezahlung ansetzen. Ich finde 40 Stunden die Woche ganz normal. Für meine Schwester müssen ich oder unsere Eltern jetzt Taxi spielen, damit sie zur Arbeit kommt."

    35

    aus Karlstadt, Hotelfachfrau: "Ich habe die Möglichkeit, mit dem Firmenwagen zu fahren."

    "Die Streiks finde ich gerechtfertigt. Die Lokführer haben einen anstrengenden Job mit viel Schichtarbeit und werden dabei nicht anständig bezahlt. Außerdem müssen die Zugfahrer viel zu viele Stunden arbeiten. Das Geld für eine Verkehrswende ist da, zudem gibt es viel Verbesserungsbedarf bei der Infrastruktur. Wenn sie den Vorständen einen 1,8 Millionen Euro Boni auszahlen können, dann kann die Bahn auch ihre Mitarbeiter ordentlich bezahlen. Ich hoffe, dass das auch andere Branchen motiviert, mehr für ihr Arbeitsrecht und für bessere Löhne zu streiken. Auch bei mir fallen die Züge aus. Aber ich habe die Möglichkeit, mit dem Firmenwagen zu fahren. Ich könnte mir auch das Auto von meinen Großeltern ausleihen."

    23

    aus Leipzig, Student: "Ich finde es nur schade, dass ein Bahnstreik so viele Folgen für die Öffentlichkeit hat."

    "Der Streik kam sehr spontan und vor allem aus dem Nichts. Arbeitskampf ist immer eine gute Sache, weil man ja für ein gutes Arbeitsverhältnis einstehen will. Ich finde es nur schade, dass ein Bahnstreik so viele Folgen für die Öffentlichkeit hat. Viele Reisende kommen deshalb nicht an ihr Ziel.

    Ich fahre heute zu einer Präsentation nach Stuttgart, da ist die Verbindung zum Glück ganz gut. Morgen wird es aber schwierig – die Verbindung wurde komplett gecancelt. Ich komme also erstmal nicht nach Hause und muss umplanen. Ich habe mir die FlixBus-Verbindungen angeschaut. Die Busse fahren nur ein bis zwei Mal am Tag. Das Auto ist für mich die letzte Alternative, weil das deutlich teurer ist und ich Bahnfahren entspannter finde."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden