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Iphofen: Frust und die Frage nach der Schuld: Wie 6 Bahnreisende die Zugausfälle zwischen Nürnberg und Würzburg nehmen

Iphofen

Frust und die Frage nach der Schuld: Wie 6 Bahnreisende die Zugausfälle zwischen Nürnberg und Würzburg nehmen

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    Sechs Zugreisende, die ganz unterschiedlich auf die Bahn blicken (oben von links) Christian Neubert, Sophia Lenzer, Michael Schernau; (unten von links) David Fuchs, Gerhard Abeln, Simon Kirsch.
    Sechs Zugreisende, die ganz unterschiedlich auf die Bahn blicken (oben von links) Christian Neubert, Sophia Lenzer, Michael Schernau; (unten von links) David Fuchs, Gerhard Abeln, Simon Kirsch. Foto: Julia Lucia

    Mindestens bis September ist die Strecke zwischen Kitzingen und Würzburg nur eingleisig befahrbar. Das heißt, jeder zweite Regionalzug der Linie RE10 wurde gestrichen – auch die besonders bei Pendlerinnen und Pendlern beliebten Verbindungen um 6.30 und 7 Uhr fallen weg.

    Während zwischen Kitzingen und Würzburg stündlich noch Ersatzbusse fahren, kommen Bahnreisende von Kitzingen nur alle zwei Stunden mit dem Regionalzug nach Nürnberg. Was sagen Betroffene über diese Situation? Die Redaktion hat mit sechs Personen gesprochen. 

    1. Simon Kirsch aus Kitzingen: "Diese Bahnstrecke ist verflucht"

    Seinen Wohnort Kitzingen hat sich Simon Kirsch auch ausgesucht, weil Kitzingen gut an Nürnberg angebunden ist. "Aber ich habe das Gefühl, diese Bahnstrecke ist verflucht", sagt der 30-Jährige. Die mangelnde Zuverlässigkeit der Bahn stresst ihn. Stress, den er sich eigentlich sparen will. "Ich will ja Zug fahren", sagt er. "Wir Pendler sind leidgeprüft, aber irgendwann ist mir der Geduldsfaden gerissen." Das war im vergangenen Jahr, als die Strecke Nürnberg – Würzburg monatelang gesperrt war. Da ist er dann lieber mit dem Auto gependelt.

    Wenn er in Nürnberg einen Termin hat, fährt er lieber gleich mit dem Wagen, auch wenn es länger dauert. Sicher ist sicher. Und da ist dann noch die schlechte Kommunikation der Bahn. "Fahrgastinformation ist doch die Kernaufgabe", sagt Kirsch. Wenn man weiß, dass der Zug sicher kommt oder eben auch nicht, könne man sich darauf einstellen. Was ihn an der aktuellen Situation besonders ärgert: Sein Feierabendzug ist einer der Züge, die ersatzlos gestrichen wurden. 

    2. Sophia Lenzer aus Iphofen: "Die Verspätungen regen mich auf"

    Einschränkungen hat Sophia Lenzer keine, da der Zug, mit dem sie seit zwei Jahren immer nach Würzburg fährt, nicht gestrichen wurde. "Aber die Verspätungen regen mich auf", sagt die 20-Jährige. Denn zehn Minuten komme der Zug eigentlich immer zu spät – und das schon vor den Unwetterschäden.

    Es komme öfter vor, dass sie gerade mit dem Gong ins Klassenzimmer huscht – vom Bus des Schienenersatzverkehrs ganz zu schweigen. "Aber: Wenn der Bus im Stau steht, kann er ja auch nichts dafür", sagt die angehende Erzieherin. Eine Wohnung in Würzburg kann sie sich als Auszubildende nicht leisten, Benzin und Parkplatzgebühren auch nicht. "Und dann ist der Zug eben doch eine gute Alternative."

    3. Gerhard Abeln aus Kitzingen: "Zur Zeit des 9-Euro-Tickets war es viel schlimmer"

    Gerhard Abeln nutzt den RE10 von Kitzingen nach Nürnberg, um auf die Arbeit zu kommen. Dass der Zug jetzt nur alle zwei Stunden fährt, habe er in der DB-App im Vorfeld gesehen. Die Situation sieht der Kitzinger gelassen. "Da ich selbstständig bin, kann ich es mir einteilen, welchen Zug ich nehme", sagt der 63-Jährige. Für die Rückfahrt nimmt er meist die Verbindung um 16 Uhr. "Dieser Zug ist recht voll. Aber zur Zeit des 9-Euro-Tickets war die Situation viel schlimmer", so Abeln. 

    4. Michael Schernau aus Iphofen: "Mit dem Auto auf der A3 oder der B8 ist auch kein Spaß"

    Seit 2008 pendelt der Iphöfer nach Nürnberg. "Auf lange Sicht gesehen, ist die Bahn ein zuverlässiges Verkehrsmittel", sagt der 52-Jährige. "Was mich aber von Anfang an stört: die Kommunikation der Bahn. Das geht einfach besser." Gerade übers Internet oder die Bahn-App könnten Informationen leicht und schnell verbreitet werden. Die Ansagen in den Bahnhöfen verstehe oft kein Mensch, und an kleinen Haltestellen funktioniere die Anzeigentafel nicht immer.

    Normalerweise arbeitet Schernau einen Tag in der Woche im Homeoffice. Jetzt überlegt er, zwei Tage zu Hause zu arbeiten. Eine Alternative zur Bahn sieht er nicht. "Mit dem Auto auf der A3 oder der B8 nach Nürnberg ist auch kein Spaß", sagt

    5. David Fuchs aus Castell: "Da stehen 70 bis 80 Menschen, und es kommt ein Mini-Bus"

    Der 18-Jährige aus Castell studiert in Würzburg und fährt ab dem Kitzinger Bahnhof nach Würzburg. Eigentlich eine bequeme Lösung. Ärgerlich wird es für den Studenten, wenn ein Zug, der im Internet angekündigt ist, einfach nicht fährt und es weder in der App noch am Bahngleis einen Hinweis gibt. Auch mit dem Schienenersatzverkehr hat er seine Erfahrungen gemacht. "Da stehen 70 bis 80 Menschen an der Haltestelle, und es kommt ein Mini-Bus", erzählt er. Nicht alle schafften es in den Bus, sie mussten auf den nächsten warten.

    Einen Freund von ihm habe es auch schon getroffen. "Am Nachmittag, wenn wenige unterwegs sind, schicken sie zwei Gelenkbusse. In den Stoßzeiten steht oft nur ein Bus da", sagt er. Der sei dann natürlich "rammelvoll und heiß". Und auch er und seine Freunde gehen auf Nummer sicher: "Schreiben wir eine Prüfung, fahren wir mit dem Auto."

    6. Christian Neubert aus Iphofen: "Umleitungen sind für die Bahn ein Dilemma"

    "Sind wir als Gesellschaft nicht zunehmend Verursacher von solchen Strecken-Einschränkungen?", fragt sich Christian Neubert, der regelmäßig von Iphofen nach Nürnberg fährt – "fahren kann", wie er betont – und sich dem geänderten Fahrplan anpasst. Die Bahn könne nichts dafür, dass jetzt bei Mainstockheim das Gleis unterspült wurde. Er wisse nicht, ob das Unwetter Anfang Juni schon ein Ergebnis des Klimawandels – oder wie er es nennt "Klima-Chaos" – sei. Aber wissenschaftlich lange gesichert und bereits erlebbar sei, dass extreme Wettersituationen zunehmen und die Bahn dem ausgeliefert ist. "Da ist die Politik gefragt", sagt der 46-Jährige und kritisiert, dass in den vergangenen Jahrzehnten nur "Autofahrerpolitik" betrieben wurde.

    Auch er sei von den Fahrplanänderungen Anfang der Woche überrascht worden und wünscht sich wie die anderen eine bessere Kommunikation seitens der Bahn. Aber er sagt auch: Bei der Sanierung im vergangenen Jahr hätten der Schienenersatzverkehr und die rechtzeitige Information für seine Verbindungen "super geklappt". Mit einem "Ad-hoc-Ereignis" sei die Bahn anscheinend herausgefordert. Aber der überzeugte Bahnfahrer hat auch Verständnis: "Umleitungen sind für die Bahn ein Dilemma, da Ausweichmöglichkeiten wie beim Straßenverkehr nicht gegeben sind."

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