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Karlsruhe: Karlsruher Fußballpionier und Jude: Die Geschichte von Walther Bensemann

Karlsruhe

Karlsruher Fußballpionier und Jude: Die Geschichte von Walther Bensemann

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    Walther Bensemann 1896
    Walther Bensemann 1896 Foto: gemeinfrei

    Bensemann bringt den englischen Fußballsport über die Schweiz, von Karlsruhe nach ganz Deutschland. Der Fußballer stammt aus einer jüdischen Bankiersfamilie in Berlin und besucht mit etwa 10 Jahren eine englische Privatschule im schweizerischen Montreux. Hier macht er seine ersten Erfahrungen mit dem Fußball, was zu dieser Zeit in

    Der begeisterte Schüler kommt nach Karlsruhe

    1889 zieht die Familie nach Karlsruhe, wo Bensemann das Großherzogliche Lyzeum – das heutige Bismarck-Gymnasium – besucht. Die einzigen Sportarten, die hier betrieben werden, sind zu dieser Zeit das Schwimmen in Maxau oder der Militärschwimmschule. Dem Jungen gelingt es, seine Mitschüler für den Fußball zu begeistern und bestellt einen Ball aus der Schweiz, der morgens vor der Schule aufgeblasen wird. Nachdem die Jungs damit ein Fenster einschlagen, schickt sie Schuldirektor Wendt auf den kleinen Exerzierplatz, auch "Engländerplatz" genannt, weil hier zwei Jahre zuvor einige Engländer, zusammen mit Prinz Max von Baden, Rugby spielten.

    Noch 1889 gründet Bensemann den Karlsruher Football Club, den ersten Fußballverein in Karlsruhe, aus dem die Kickers, der KFV und der Phönix (1894) hervorgehen. Der Karlsruhe FV spielt in den nächsten Jahren eine sehr wichtige Rolle im deutschen Fußballsport und gewinnt 1910 den Meistertitel.

    Die pazifistische Idee als Mittel zur Völkerverständigung

    In den 1890er Jahren beginnt Walther Bensemann, den Fußball als pazifistische Idee und als Mittel zur Völkerverständigung einzusetzen. Er reist von Stadt zu Stadt, hauptsächlich in Süddeutschland, um Fußballvereine zu initiieren und unterstützen, beispielsweise die Frankfurter Kickers und den MTV München – Vorläufer der Eintracht Frankfurt und des FC Bayern München. 1893 gründet er in Karlsruhe die sehr erfolgreichen Karlsruher Kickers, die leider nur zwei Jahre bestehen.

    Im Sinne der Völkerverständigung organisiert er immer wieder Spiele zwischen Vereinen aus verschiedenen Ländern. Die sogenannten "Ur-Länderspiele" (Länderspiele, die vor der Gründung einer offiziellen nationalen Mannschaft ausgetragen wurden) finden zwischen 1899 und 1901 mit englischen und französischen Teams statt.

    Landesweite Verbände werden gegründet

    Wegen eines Spiels mit einer englischen Mannschaft im November 1899 kommt es zu Streitereien zwischen Bensemann und den Funktionären deutscher regionaler Verbände, die behaupten, er habe nicht nach den Regeln gehandelt. Bensemann wird für mehrere Jahre aus dem süddeutschen Fußballverband ausgeschlossen – den er selbst mitbegründet hat.

    1900 wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) als landesweiter Dachverband gegründet – und Bensemann ist als Vertreter mehrerer Karlsruher und Mannheimer Vereine bei der Gründungsversammlung dabei.

    Bensemann arbeitet als Fußballjournalist

    Der Fußballer hat immer wieder für Zeitungen geschrieben, beispielsweise die Badische Presse und die Fachzeitschrift "Spiel und Sport". 1920, mit Hilfe einer Druckerei in Konstanz, gründet er die Fußballzeitschrift "Kicker", hauptsächlich für die Berichte aus Süddeutschland. Die Zeitschrift wird 1924 zum offiziellen Organ des süddeutschen Fußballverbandes und erscheint heute als "Kicker

    Im September 1929 schreibt er über die Anfangszeit des Fußballs in der Badischen Presse: "Der Karlsruher Sport ist viele Jahre die zentrale sportliche Entwicklung für Süddeutschland gewesen. Unsere hauptsächlichen Gegner waren die Engländer vom Neuenheim College und Heidelberg College. Ein Ball kostete damals 10 Mark und das war damals ein Vermögen. Es wurde in langen Hosen gespielt und das Tor bestand am Anfang aus zwei Bäumen oder zwei Mützen."

    "Die Geldentschädigung ist jedoch minimal", betont Bensemann. Spiele mit auswärtigen Mannschaften sind teuer – der Fußballclub Fidelitas musste in den 1890er Jahren zwei Jahre sparen, um den Besuch des Fußballclubs Zürich zu erwidern.

    Karlsruhe wird deutsche Fußballhochburg

    Karl Geppert, Ehrenvorsitzender des FC Phönix, bestätigt auch in der Presse: "Walther Bensemann brachte den Fußballsport in Karlsruhe, trotz aller Widerwärtigkeiten, auf eine feste Grundlage." Andere Vereine werden in Karlsruhe gebildet, beispielsweise FC Sport Mühlburg, Alemannia, FC Südstadt und Badenia. Neben dem Engländerplatz kommen andere Spielfelder dazu: der Gottesauer Exerzierplatz, das Nebeniuswiesle, die Schützenbuckel.

    In den 1920er Jahren ist Karlsruhe deutsche Fußballhochburg. Der KFV ist heute noch der älteste und an Tradition und Erfolgen reichste Fußballverein Süddeutschlands.

    Ehrung und Untergang

    Zu Walther Bensemanns 60. Geburtstag im Januar 1933 gibt es eine Geburtstagsfeier im Palasthotel in Mannheim, wo er geehrt wird. Alles, was mit Fußball zu tun hat, und noch mehr, ist dort versammelt: Polizeipräsident, Regierungsrat, Stadtrechtsrat, Vertreter in Vereinen und Verbänden, internationale Schiedsrichter aus Holland. 21.000 Jungen aus Deutschland schicken ihm Glückwünsche und er bekommt Geschenke von Fußballverbänden in Prag und Frankreich und verschiedenen deutschen Vereinen. Aber Bensemann geht es weder gesundheitlich noch finanziell gut. Außerdem bekommt er wegen seiner jüdischen Abstammung Schwierigkeiten mit den Nationalsozialisten.

    Im April erklären die großen deutschen Vereine, dass sie die Maßnahmen der NS-Regierung, "die Entfernung der Juden aus den Sportvereinen", umsetzen – ein Unterzeichner ist der Karlsruher FV, den Bensemann selbst mitgegründet hat. Bensemann zieht in die Schweiz nach Montreux um. Im Juni 1933 gibt die Zeitschrift "Kicker" bekannt, "ohne jeden Kommentar", dass er aus der Redaktion ausgeschieden ist. Walther Bensemann stirbt 1934 an einem Herzleiden.

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