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Ebrach: Buchen-Nationalpark Steigerwald: Neues Gutachten sieht auch klare wirtschaftliche Vorteile für die Region

Ebrach

Buchen-Nationalpark Steigerwald: Neues Gutachten sieht auch klare wirtschaftliche Vorteile für die Region

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    Während eines Pressetermins im Handthalgrund bei Ebrach hat Professor Hans D. Knapp (von links) Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, sowie den Grünen-Abgeordneten Paul Knoblach und Patrick Friedl sein Gutachten zu einem Nationalpark Steigerwald erläutert.
    Während eines Pressetermins im Handthalgrund bei Ebrach hat Professor Hans D. Knapp (von links) Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, sowie den Grünen-Abgeordneten Paul Knoblach und Patrick Friedl sein Gutachten zu einem Nationalpark Steigerwald erläutert. Foto: Silvia Gralla

    Dass Bayern als flächenmäßig größtes Bundesland einen dritten Nationalpark haben sollte, davon sind die Anhängerinnen und Anhänger der Partei der Grünen längst überzeugt. Vor gut einer Woche haben die Delegierten diesen Wunsch verschriftlicht: Sollten die Grünen nach der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober mitregieren, möchten sie bis Ende 2027 einen auf dem Parteitag in Erlangen verabschiedeten Regierungsprogramm.

    Knapp eine Woche später unterstreicht eine kleine Delegation grüner Politiker dieses Vorhaben. Am Freitag vor Pfingsten besuchen Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Landtag-Grünen, mit den Abgeordneten Patrick Friedl aus Würzburg und Paul Knoblach aus Garstadt den Handthalgrund bei Ebrach. Dort setzen sie vor eingeladenen Journalisten und Fotografinnen und Fotografen nochmals medienwirksam ihre Argumente für einen Nationalpark Steigerwald in Szene.

    Angereist ist auch Professor Hans D. Knapp. Der Geobotaniker und Landschaftsökologe hat bis zu seiner Emeritierung an der Universität Greifswald gelehrt. Trotz Ruhestands hat er für die Grünen ein jetzt veröffentlichtes 300 Seiten starkes Gutachten erstellt. Dafür hat Knapp vor Ort ein Dreivierteljahr lang einer Frage nachgeforscht: Ist der Steigerwald würdig, Nationalpark zu werden? "Ein klares Ja." Zu diesem Ergebnis ist Knapp gelangt. Ein Nationalpark Steigerwald sei überfällig, stellt er fest.

    Seltenheit: Große geschlossene Waldgebiete vorhanden

    Der Wissenschaftler, der auf der Insel Rügen lebt, sieht in den aus dem klösterlichen Besitz der Ebracher Zisterzienser an den bayerischen Staat (heute Staatsforsten) übergegangenen Waldgebieten die seltene Voraussetzung großer geschlossener Waldgebiete erfüllt. Ein Nationalpark an dieser Stelle würde nicht nur die beiden bayerischen Nationalparke im Bayerischen Wald (seit 1970) und im alpinen Raum, im Berchtesgadener Land (1978), "in idealer Weise ergänzen". Knapp sähe darin auch einen Lückenschluss im Verbund deutscher Waldnationalparke.

    Während der Stippvisite im Naturwald-Bereich im Handthalgrund beschreibt der Spezialist die Buche als "wahren Wunderbaum". Angesichts der auch im Steigerwald vermehrt auftretenden Trockenschäden an Buchen sei die Baumart "zuletzt totgeredet worden", distanziert sich Knapp von der Einschätzung, die auch regionale Förster teilen. Knapp sieht das anders: Die Buche sei so anpassungs- und überlebensfähig, dass sie sich durchsetzen werde, meint er. "Die Zeit der Buche ist noch lange nicht vorbei."

    Baumriesen: Buchen werden bis über 300 Jahre alt

    Diese Stärke könnten Buchen und andere Bäume insbesondere dann ausspielen, wenn der Mensch diese und die sie umgebende Natur in Ruhe lässt, wie dies in einem Nationalpark der Fall ist. Buchen könnten über 300 Jahre alt werden. Ihren Hauptbeitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, etwa in Form von Nisthöhlen und abstehender Rinde, leisteten sie vor allem in ihrer zweiten Lebenshälfte. Buchenwälder, hebt Knapp hervor, stabilisierten nicht nur den lokalen Wasserhaushalt, sondern speicherten auch in nennenswertem Umfang Kohlenstoff in ihrem Holz und Laub, was dazu beitrage, Klima und Wetter zu stabilisieren.

    Die Politiker der Grünen sehen mit Knapps Gutachtens nicht nur Bekanntes bestätigt. Der Wissenschaftler habe, wie er selbst sagt, "mit nüchternem Blick von außen" auch beurteilt, inwieweit ein Nationalpark Steigerwald die regionale Wirtschaftsstruktur beeinflusse. Darauf gestützt gelangen die Grünen – auch dank der Erfahrungen, die andere Regionen nach Einrichtung eines Nationalparks gemacht haben – zu einem eindeutigen Ergebnis: Ein Nationalpark kurbele den Tourismus in der Region an und wirke sich positiv auf die Wertschöpfungskette aus. Einnahmen aus dem Tourismus würden Verluste durch die Einstellung von Forstwirtschaft im Nationalpark "gänzlich kompensieren", heißt es in einem Thesen-Papier der Grünen.

    Kehrtwende: Große Mehrheit möchte Nationalpark

    Hartmann sieht sich mit der Forderung nach einem Nationalpark Steigerwald auch von Umfragen vor Ort bestärkt, die "sehr positiv" seien. Auch hier vergleicht der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag mit Deutschlands ältestem Nationalpark, dem im Bayerischen Wald. Nach anfänglich starkem Widerstand möchten dort laut Hartmann jetzt 90 Prozent der Menschen nicht mehr auf den Nationalpark verzichten. Franken würde mit einem Nationalpark Steigerwald einen "Tourismusmagnet" erhalten, und Bayern habe sich so einen "Brutkasten für mehr Artenvielfalt" verdient, lautet Hartmanns Statement.

    Friedl, naturschutzpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, erwartet ebenfalls positive ökologische, ökonomische und kulturelle Auswirkungen eines Nationalparks auf die Region. Dann hört er sich fast poetisch an: "Wir wollen, dass alle Bäume auf diesen Flächen alt werden dürfen und die Grundlage für einen kleinen Urwald im Herzen Frankens bilden."

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