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Geiselwind: Aus dem Freizeitland Geiselwind ins Gefängnis: Park-Chef Mölter spricht über Betrugs-Ermittlungen, U-Haft und Urteil

Geiselwind

Aus dem Freizeitland Geiselwind ins Gefängnis: Park-Chef Mölter spricht über Betrugs-Ermittlungen, U-Haft und Urteil

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    Matthias Mölter vor seinem Übernachtungsressort Seaside in Geiselwind (Lkr. Kitzingen). Der Geschäftsführer des Freizeitlandes war wegen Betrugs-Vorwürfen vier Wochen lang in Untersuchungshaft – was seinen Blick auf einige Dinge verändert hat.
    Matthias Mölter vor seinem Übernachtungsressort Seaside in Geiselwind (Lkr. Kitzingen). Der Geschäftsführer des Freizeitlandes war wegen Betrugs-Vorwürfen vier Wochen lang in Untersuchungshaft – was seinen Blick auf einige Dinge verändert hat. Foto: Fabian Gebert

    Würde man eine normale Bilanz ziehen wollen, gäbe es vom Freizeitland Geiselwind positive Dinge zu berichten. Der Vergnügungspark, der seit 2016 runderneuert wurde, arbeitete sich im Jahr 2023 aus dem Corona-Loch heraus. 325.000 Menschen haben in dieser Saison den Park besucht.

    Für Park-Chef Matthias Mölter war es "die beste Saison, seit ich den Park vor sieben Jahren übernommen habe". Auch sonst läuft alles nach Plan: Das Seaside-Übernachtungsressort auf der anderen Straßenseite, das es seit einem Jahr gibt, kann auf "gut 60 Prozent Auslastung" verweisen. Der Zuspruch werde "von Monat zu Monat stärker", sagt der 39 Jahre alte Mölter.

    Anfang Oktober nahm die Polizei den Geiselwind-Geschäftsführer fest

    Dass es am Ende keine normale Bilanz für das Freizeitland Geiselwind wurde, liegt an einem Tag Anfang Oktober, als die Polizei vor der Tür stand. Freizeitland-Chef Mölter wurde vom Arbeitsplatz weg verhaftet und landete in Würzburg in Untersuchungshaft. Die Vorwürfe: Löhne schwarz ausgezahlt und so Steuern gespart, dazu Betrug mit Kurzarbeitergeld während der Corona-Pandemie.

    Kommen sehen hatte Mölter die Verhaftung nicht. Auch wenn er schon länger im Zentrum von Ermittlungen stand. Die Untersuchungshaft, sagt er, warf für ihn existenzielle Fragen auf: Wie lange würde er weggesperrt sein? Stand der Park, sein Lebenswerk, auf dem Spiel?

    Zumal alles auf eine Hängepartie hindeutete: Monatelange Haft und dutzende Verhandlungstage hätten im Raum gestanden, erinnert sich Mölter. Die Staatsanwaltschaft bestätigt dies und spricht von "einer zweistelligen Anzahl an Sitzungstagen".

    Bei einem Geständnis winkte dem Geiselwind-Chef Bewährung

    Die mögliche Alternative sah so aus: Verteidiger und Staatsanwaltschaft handeln einen Deal aus. Bei einem Geständnis winken eine Bewährungsstrafe, die Verhandlung findet zeitnah an gerade mal zwei Tagen statt und die Entlassung aus der U-Haft ist Formsache.

    Mölter entschied sich für die schnelle Variante. Er hatte kurz zuvor die Verteidigung und damit die Strategie gewechselt: Die Verständigung stand von nun an im Mittelpunkt, die Sache sollte rasch vom Tisch, sagt er. Der Preis dafür war ein pauschales Schuldeingeständnis samt einer angenommenen Schadenssumme von 350.000 Euro und einer Wiedergutmachung als Auflage. 

    Die Vorteile eines Deals beschreibt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach auf Anfrage so: "Der Angeklagte weiß, was im Fall eines Geständnisses ungefähr auf ihn zukommt. Auch die Staatsanwaltschaft kann sicher sein, dass eine vereinbarte Mindeststrafe im Urteil verhängt wird." In diesem Fall gab es am Ende eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung.

    Am Sozialbetrug im Freizeitland gibt es nichts zu deuteln

    Was den ausgehandelten Deal und die Verurteilung anbelangt, will Mölter nicht nachkarten. Die stehen fest – ebenso wie der Sozialbetrug. Zwischen 2017 und 2019 meldete Mölter für einen Teil der Belegschaft in Geiselwind ein geringeres Gehalt, als tatsächlich gezahlt wurde. In 55 Fällen wurden über 100.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen nicht entrichtet, so die Feststellung des Gerichts.

    Außerdem wurde Kurzarbeitergeld, das das Freizeitland während der Corona-Pandemie beantragt hatte, zu Unrecht gezahlt. Hier gehen die Schätzungen des Gerichts von rund 240.000 Euro aus.

    Mölter war in Würzburg auf ein verständnisvolles Gericht gestoßen: Zum einen wurde anerkannt, dass der Angeklagte in seinen Anfangsjahren als Geschäftsführer überfordert gewesen sein dürfte. Zudem gestand das Gericht ihm zu, dass er aus Panik heraus agierte, um die Corona-Zeit zu überleben.

    Die Folgen der Inhaftierung für Freizeitland-Chef Mölter

    Die vier Wochen Haft im Herbst haben dennoch Spuren hinterlassen. Die Festnahme wegen "Verdunklungsgefahr", der Handel hinter den Kulissen um die Freiheit – neue Erfahrungen, mit denen Mölter lernen musste umzugehen.

    Stellt man der Staatsanwaltschaft die Frage nach der Verdunkelung, führt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach an, dass von der Gegenseite "Einfluss auf das Aussageverhalten von Zeugen genommen worden" sei. Die Befürchtung sei gewesen, dass sich rund um die Hauptverhandlung, zu der ohne den Deal die Zeugen geladen worden wären, "diese Verhaltensweise wiederholt hätte".

    Mölter bestätigt zwar seinen Einfluss auf die Zeugen: Er habe mit einigen Mitarbeitern darüber gesprochen, warum sie ihn einerseits belasten und andererseits bei ihm weiterarbeiten wollten. Dass genau dies später ein Grund für die Festnahme sein könnte, habe er nicht ahnen können, sagt Mölter. 

    Für den Geiselwind-Geschäftsführer stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit

    Im Prozess schwieg Mölter überwiegend zu den Vorwürfen. Jetzt, mit etwas Abstand, hat er Redebedarf. Er sagt, dass durch die Untersuchungshaft "mit meiner Existenz gespielt" wurde, die Verhältnismäßigkeit sei nicht gegeben gewesen. Das sieht auch Mölters Verteidiger Alexander Seifert aus Nürnberg so. Man hätte seinen Mandanten "nicht zwingend einsperren müssen", so dessen Einschätzung.

    Um so wichtiger ist für Mölter die Botschaft: Es geht weiter. 2024 geht es volle Kraft voraus in die 55. Freizeitland-Saison in Geiselwind. Dem 39-Jährigen ist wichtig, eines klarzustellen: Den Moment, an dem er ans Aufhören gedacht hat, gab es zwar – aber nur kurz.

    Er baue unverdrossen auf den Park, ebenso auf seine Familie, die im Park stark involviert ist. Und auf seine 200 Beschäftigten, die er fast schon als Familie sehe. Mölter spricht davon, dass es "kaum Fluktuation" gebe. Und dass er sich im Zweifel "vor die Mitarbeiter stellt".

    Mölters Wunsch, wenn der Park 2024 in die 55. Saison geht: Nachdem die Fehler der Vergangenheit abgestellt sind, gilt es nach vorne zu schauen – damit der Blick auf die Bilanz wieder ungetrübt positiv ausfallen kann.

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