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Klinikchef schlägt Alarm: Kliniken im Allgäu droht Millionen-Verlust - Klinikverbund-Chef Ruland schlägt Alarm

Klinikchef schlägt Alarm

Kliniken im Allgäu droht Millionen-Verlust - Klinikverbund-Chef Ruland schlägt Alarm

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    Die Krankenhäuser im Allgäu stehen unter Druck. Sie müssen unter anderem gesetzliche Vorgaben erfüllen, und beispielsweise Intensivstationen mit vorgegebener Personal- und Medizinausstattung vorhalten. Gleichzeitig fehlt Geld und auch an den Kliniken steigen die Energiekosten.
    Die Krankenhäuser im Allgäu stehen unter Druck. Sie müssen unter anderem gesetzliche Vorgaben erfüllen, und beispielsweise Intensivstationen mit vorgegebener Personal- und Medizinausstattung vorhalten. Gleichzeitig fehlt Geld und auch an den Kliniken steigen die Energiekosten. Foto: Ralf Lienert (Symbolbild)

    Mit Sorge blickt Andreas Ruland auf Herbst und Winter. Nicht nur die steigenden Corona-Zahlen mit mehr Patienten, aber auch Ausfällen beim Personal beschäftigen den Chef des Klinikverbundes Allgäu mit Häusern in Kempten, Immenstadt, Oberstdorf, Sonthofen, Mindelheim und Ottobeuren. Sondern auch die finanzielle Lage.

    Während der Klinikverbund im vergangenen Jahr noch rund 2,8 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftete, befürchtet Ruland für das laufende Jahr ein Minus im siebenstelligen Bereich. Schuld sei vor allem die Pandemie. Die Ausgleichszahlungen für damit verbundene Ausfälle seitens Bund und Länder endeten in diesem Juni. „Damit fehlen uns allein für dieses Jahr rund sieben Millionen Euro“, sagt Ruland. Dieses Geld könne anderweitig aus seiner Sicht nicht erwirtschaftet werden. „Wir können ja nicht mehr Leistungen erbringen.“ Und: „Die steigenden Energiekosten machen die Situation nicht besser.“ Das werde sich wohl auch 2023 nicht ändern.

    Klinikchef fordert Rettungspakete

    Der Klinikchef appelliert an die Bundespolitik, schnell zu handeln. Eine Möglichkeit sei die Zahlung eines Inflationsausgleichs. Auch die seit langem angekündigte Reform der Krankenhausversorgung und des Finanzierungssystems müsse endlich angepackt werden. Spätestens 2024 müsse das stehen. Bis dahin müssten Rettungspakete wie schon Ende 2021 zur Verfügung gestellt werden. „Leider habe ich den Eindruck, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht erkennt, in welcher Krise die Kliniken stecken.“

    Klinikum Memmingen hat 2021 ein Minus von 1,8 Millionen Euro gemacht

    Der SPD-Politiker hatte am Montag im Bundestag gesagt, dass er den Kliniken durchaus helfen wolle. Auf die Nachfrage „wann“, erwiderte der Minister: „Rechtzeitig.“ Das stößt auf Unverständnis in den Krankenhäusern. „Rechtzeitig wäre jetzt“, sagt Maximilian Mai, Vorstand des Klinikums Memmingen. Sein Haus hatte im vergangenen Jahr ein Minus von 1,8 Millionen Euro gemacht. Für 2022 rechnet er mit einer weiteren Verschlechterung.

    Einsparen zum Beispiel bei Strom und Heizung sei nahezu unmöglich – und mehr Patienten behandeln, um mehr Einnahmen zu haben, klappe wegen Corona und dem Personalmangel nicht. „Die Preise für Behandlungen anheben oder nur ein halbes Implantat ins Knie einbauen, geht auch nicht“, sagt er. „Dass die Erlöse bei den Kliniken langsamer steigen als die Kosten, ist doch schon seit Jahren bekannt.“ Nun funktioniere das System gar nicht mehr.

    Krankenhausfinanzierung erfolgt nach Prinzip der "dualen Finanzierung"

    Die Krankenhausfinanzierung erfolgt in Deutschland bisher nach dem Prinzip der „dualen Finanzierung“: Die Betriebsausgaben der Krankenhäuser, also alle Kosten, die für die Behandlung von Patienten entstehen, werden von den Krankenkassen finanziert – auch die Gehälter der Klinikmitarbeiter. Die Investitionskosten zahlen hingegen die jeweiligen Bundesländer.

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    Heißt: Bisher rechnen die Kliniken ihre Patienten über Fallpauschalen mit den Krankenkassen ab. Diese reine „Leistungsbezahlung“ sei nicht mehr zeitgemäß, kritisiert Ruland. Ein Mischsystem sei sinnvoller. Dann könnten auch problemloser die Strukturvorgaben des Gesetzgebers – zum Beispiel das Vorhalten einer Intensivstation mit vorgeschriebener Personal- und Medizin-Ausstattung – gestemmt werden.

    „Derzeit gibt es für einen ambulanten Notfallpatienten 40 bis 50 Euro – das ist nicht rentabel“, sagt Ruland. Bestraft würden so die Kliniken mit Grundversorgung. „Wirtschaftlich rentabel arbeiten können derzeit überwiegend nur die Fachkliniken.“ Ruland geht davon aus, dass der Trend hin zu mehr ambulanten Behandlungen gehe. „Aber auch die Grundversorgung muss irgendwie gewährleistet bleiben.“

    Lauterbach kündigt "größte Krankenhausreform der vergangenen 20 Jahre" an

    Noch könne der Klinikverbund seine Leistungen erbringen, sagt Ruland. Mittelfristig sei das aber fraglich, wenn die Politik nicht endlich handle. Lauterbach hat dazu am Dienstag im ZDF „Morgenmagazin“ die „größte Krankenhausreform der vergangenen 20 Jahre“ angekündigt – dabei soll es auch um das System der Fallpauschalen gehen.

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    Ähnlich wie Ruland sieht auch Ellio Schneider die aktuelle Situation. Der Geschäftsführer der privaten Waldburg-Zeil-Kliniken (WZK) mit Sitz in Isny zeichnet ein düsteres Bild. Denn Privatkliniken wie die WZK mit ihren zwölf Reha-Kliniken könnten ihre Finanzlöcher nicht von Kommunen oder Kreisen stopfen lassen. Auch seine Einrichtungen leiden unter der Inflation und den hohen Energiekosten, betont Schneider. Er befürchtet, dass viele Reha- und Vorsorgekliniken durch die Explosion der Energiekosten um bis zu 400 Prozent in eine existenzielle Krise geraten werden.

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