Im Allgäu werden jedes Jahr viele Dutzend Biber geschossen. Obwohl sie streng geschützt sind. Das hat eine Anfrage unserer Redaktion bei den Landkreisen und kreisfreien Städten der Region ergeben. Zuletzt hatte das Thema für Aufsehen gesorgt, weil der Kreis Oberallgäu den Abschuss dieser Tiere vor Kurzem erleichtert hat. Solche Regelungen gibt es auch in anderen Teilen des Allgäus, teils schon seit Jahren.
Im Unterallgäu werden jährlich etwa 100 Biber getötet
Allein im Unterallgäu wurden laut Landratsamt in den vergangenen Jahren jeweils etwa 100 Biber getötet. Im Ostallgäu waren es jeweils zwischen 30 und 60 pro Jahr. Der Grund: Um "erhebliche wirtschaftliche Schäden" abzuwenden und um die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten, heißt es im Landratsamt. Ein Sprecher nennt ein Beispiel: Biber hätten bei Günzach eine Kreisstraße und Bahndämme untergraben, was für den Verkehr gefährlich werden kann.
Generell erlaubt das Gesetz, einzelne Biber zu töten: wenn sie erheblichen Schaden anrichten, der sich wirtschaftlich oder auf die Sicherheit auswirkt. Dafür muss eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden - für jedes einzelne Tier.
Wann Biber im Allgäu leichter gejagt werden dürfen
Das wird in der Region auch genutzt, vor allem im Ost-, Unter- und Oberallgäu. Die größeren Städte sind nicht so stark betroffen, weil dort weniger Biber leben. Schon vor Jahren hatten das Unter- und Ostallgäu - und nun auch das Oberallgäu - zusätzlich festgelegt, dass Biber in bestimmten Bereichen leichter gejagt werden können: zwischen 1. September und 15. März und mit entsprechender Berechtigung.
Im Oberallgäu hat es laut Landratsamt zuletzt viele Biberschäden gegeben. Deshalb habe sich die Behörde entschieden, die Jagd zu erleichtern. Die Tiere hätten die Trinkwasserversorgung gefährdet, Straßen und Wirtschaftsflächen beschädigt und Bahndämme unterhöhlt. Deshalb ist derzeit auch der Zugverkehr zwischen Sonthofen und Oberstdorf für Wochen lahmgelegt: Der Bahndamm muss saniert werden.
Diese Probleme verursachen Biber im Unterallgäu
Im Unterallgäu würden immer wieder Teile von landwirtschaftlichen Flächen und Waldgebieten unter Wasser gesetzt, weil Biber an Bächen Dämme bauten, sagt Helmut Mader, Geschäftsführer des Bauernverbands (BBV) in diesem Landkreis. Das sei seit Jahren ein Problem. Dass die Tiere zwischen 1. September und 15. März leichter getötet werden dürfen, löse dieses Problem aber nicht.
Da es viele Biber im Unterallgäu gebe, fordert Mader, dass die Jagdregelung weiter gelockert wird. Das Landratsamt geht davon aus, dass derzeit 800 Biber im Unterallgäu leben. "Da inzwischen alle Biberreviere belegt sind, dürfte die Population stagnieren." Im Ostallgäu leben laut Behörde etwa 1000 Tiere. In Kempten gibt es 60 bis 70 Biberpaare.
So hoch sind die Schäden im Ostallgäu und Kreis Lindau
Und wie hoch sind die Schäden? 2023 gab es im Unterallgäu 16 Fälle mit einem Schaden in Höhe von insgesamt etwa 8600 Euro. Helmut Mader vom BBV geht aber davon aus, dass zum Beispiel von Landwirten "bei Weitem nicht alles gemeldet wird". Im Ostallgäu waren es im vergangenen Jahr 21 Fälle mit einem Gesamtschaden in Höhe von 20.000 Euro.
"Es handelt sich vorwiegend um land- oder forstwirtschaftliche Schäden", sagt der Sprecher. Im Kreis Lindau waren es 2023 etwa 40.000 Euro. "Diese Schäden werden zu überwiegenden Teilen über den bayerischen Biberfonds ausgeglichen", teilt das Landratsamt mit. Wobei meist nur ein Teil des Schadens kompensiert werde, sagt Mader. Denn das Geld aus dem Biberfonds reiche nie für alle.
Das sagt der Bund Naturschutz zu der neuen Regelung
Was das Oberallgäu gemacht habe, sei nicht sinnvoll, sagt Thomas Frey, Regionalreferent des Bundes Naturschutz (BN). Nämlich, dass Biber vom 1. September bis 15. März unter anderem an Bundes-, Staats- und Kreisstraßen und an Schienen ohne Einzelgenehmigung geschossen werden dürfen - und zwar auf einem 30 Meter breiten Streifen neben Fahrbahn und Gleisbett. (Lesen Sie auch: Das will der neue Chef des Kreisjagdverbands Oberallgäu Edmund Herzog ändern)
Insgesamt sei das ein "wahnsinnig großer Raum" für eine pauschale Abschussgenehmigung. Der BN hat dagegen geklagt. Der Abschuss sollte das allerletzte Mittel sein. Es gebe viele andere Möglichkeiten, Probleme mit Bibern zu lösen.
Vorteile von Biberbauten für das Allgäu
Zum Beispiel: Wenn eines der Tiere einen Bach staut, könnten Rohre so verlegt werden, dass das Wasser am Damm vorbeigeleitet wird. Schon gebe es keine Überschwemmung mehr. Biber seien wichtig, sagt Frey. Mit ihren Bauten sorgten sie etwa dafür, dass bei Hochwasser eine bestimmte Menge an Wasser zurückgehalten werde.
Und Biberdämme hätten weitere Vorteile: Da das Wasser nur langsam wieder abgegeben werde, trockne der dahinterliegende Bach auch in trockeneren Zeiten nicht aus. Und das angestaute Wasser sorge dafür, dass die Artenvielfalt rundherum explodiere - mit Vögeln, Amphibien und Insekten.
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