Im Alltag profitieren auch wir in Bayerisch-Schwaben längst von den Vorzügen der Künstlichen Intelligenz (KI): Sie schaltet das Licht ein, startet die Waschmaschine, weiß, welche Musik uns gefällt und hat immer einen Tipp für den nächsten Serienmarathon parat. Was vielen bisher wenig bewusst war, drängt sich immer mehr in den Vordergrund, denn spätestens seit dem Vormarsch von ChatGPT ist klar: KI ist nicht mehr wegzudenken.
Gerade auch in der Arbeitswelt bringt die Technologie entscheidende Vorteile mit sich. Laut der Studie „Der digitale Faktor“, die von IW CONSULT im Auftrag von Google durchgeführt und im September 2023 veröffentlicht wurde, könnte der Einsatz generativer KI in Zukunft rund 330 Milliarden Euro zur Bruttowertschöpfung (BWS) beitragen. Um diesen Betrag zu erreichen, ist es jedoch erforderlich, dass mindestens 50 Prozent der deutschen Unternehmen KI einsetzen.
Aus einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom, in der 605 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus allen Branchen in Deutschland repräsentativ befragt wurden, geht hervor, dass derzeit 15 Prozent der deutschen Unternehmen Künstliche Intelligenz nutzen. Was im ersten Moment wenig klingt, zeigt jedoch eine deutliche Steigerung zum Vorjahr – denn 2022 waren es erst neun Prozent der Unternehmen, die auf KI setzen. Trotzdem ist noch deutlich Aufholbedarf. Laut dem Bericht möchte 2023 jedes vierte Unternehmen in KI investieren – im kommenden planen sogar drei Viertel aller befragten Unternehmen Investitionen.
Genutzt wird KI bereits an unterschiedlichsten Stellen. Zu den häufigsten Anwendungsbereichen zählen das Verfassen von Dokumenten, Datenanalysen, Informationsbeschaffung sowie Optimierung von Marketing- und Sales-Aktivitäten. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen KI beispielsweise als Analysetool einsetzen. Dieses ermittelt Daten aus sozialen Netzwerken und bereitet die Ergebnisse grafisch auf. Daraus können Kundenbedürfnisse abgeleitet und Content-Strategien entwickelt werden.
Aber auch Chatbots werden immer häufiger genutzt. Sie stehen auf vielen Websites als Erstkontakt zur Verfügung und erleichtern Kundenkommunikation, entlasten Personal und sind durchgehend erreichbar. Gehen die Fragen in die Tiefe, kann der Bot an einen menschlichen Kollegen verweisen. KI findet sich an unterschiedlichsten Stellen, so greifen auch Personaler mittlerweile darauf zurück und lassen die Technik eine erste Vorselektion der Bewerbungen treffen.
Der Blumenstrauß, in dem die KI eingesetzt werden kann, ist bunt und die Wirtschaft sowie die Unternehmen haben erkannt, wie wichtig das Thema ist. Um auch in Bayerisch-Schwaben der Technologie einen Boost zu geben, wurde 2021 das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg gegründet. „Wir verfügen in unserer Region über zahlreiche Hidden Champions und viele produzierende Unternehmen, die Zulieferer für Großunternehmen sind. Mit diesen und mit den kleinen sowie mittelständischen Unternehmen möchten wir im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung KI in der Region voranbringen“, erklärt der Direktor des KI-Produktionsnetzwerks Professor Dr. Markus Sause.
Im Süden des Campus’ der Universität Augsburg befindet sich der 5300 Quadratmeter große KI-Erlebnisraum „Halle 43“ mit integrierten Produktionsanlagen, die so auch in einem Unternehmen stehen könnten. Dort arbeiten die Forscherinnen und Forscher gemeinsam mit interessierten Unternehmen an KI-Lösungen, die in der Praxis genutzt werden können.
„Wir möchten neben den direkten Fallbeispielen auch als Erlebnisraum dienen und Schützenhilfe beim Aufbau leisten. Zudem setzen wir gezielt auf Wissenstransfer. Unser vorhandenen Erfahrungen möchten wir in die Köpfe der Unternehmen bringen. Dabei gehen wir gezielt auf die neuen Berufsbilder ein, die durch die Technologie entstehen“, sagt Prof. Dr. Sause.
Gerade bei Produktionsfirmen ist die Tragweite, die die neue Technologie mit sich bringt, laut dem Experten immens. So wird bereits ein Projekt in einem großen Augsburger Unternehmen durchgeführt, bei dem eine komplette Bandstraße durch eine Software überwacht und optimiert wird. „Bei der besagten Firma wurde in den unterschiedlichen Schichten hunderte verschiedene Parameter von Mitarbeitenden eingestellt. Das Ergebnis war meist ähnlich gut. Wieso dies jedoch so ist, können wir durch die KI nun nachvollziehen. Da diese aufgrund der Daten immer mehr dazu lernt, konnte sie nach einiger Zeit sogar bessere Vorschläge bieten, was den Prozess erheblich optimiert hat“, betont Prof. Dr. Sause.
Bei all den positiven Punkten, die die KI mit sich bringt, führt sie bei zahlreichen Menschen auch zu Irritationen und zu Angst um ihren Arbeitsplatz. Der Augsburger Experte sieht die Technologie jedoch als positive Antwort auf Fachkräftemangel und den Wettbewerbsdruck: „Ich denke, die Arbeitswelt entwickelt sich so, dass wir immer mehr vom Akteur zum Überwacher werden. Man befindet sich im Dialog mit der Anlage, diese liefert Vorschläge, die wiederum durch den Mensch abgenommen werden müssen. Im Laufe der Zeit lernt die Anlage zahlreiche fachliche Fertigkeiten, die bisher nur von wenigen Experten ausgeführt werden konnten. Durch das Assistenzsystem kann man das Wissen jedoch auch anderen Personen zur Verfügung stellen.“
Doch wo soll man als Unternehmen anfangen, wenn man Arbeitsmethoden umstellen möchte? Im Vorfeld empfiehlt es sich, eine Strategie zu überlegen und dabei genau abzuwägen, in welchen Bereichen des Unternehmens ein KI-Einsatz Sinn ergibt. Ist man sich darüber bewusst, bietet es sich an, diverse KI-Trainings zu absolvieren.
Hilfe erhält man auch beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Bereits 2018 wurde eine bundesweite KI-Strategie beschlossen, um die Technologie als Werkzeug für Wissenschaft, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und gesellschaftlichen Mehrwert zu nutzen.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bietet zudem in Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren die Möglichkeit, sich durch kostenlose KI-Trainer weiterzubilden. In diesen klären Expertinnen und Experten mittels Workshops auf, wie Unternehmen Ressourcen effizienter nutzen können oder wie Künstliche Intelligenz konventionelle Ansätze verbessern kann.
Der Nutzen von KI stellt die Menschen jedoch auch vor Herausforderungen. Die Weiterentwicklung muss verantwortungsvoll vorangebracht werden und es müssen Standards und Richtlinien festgelegt werden. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, darf man davon ausgehen, dass die KI das Leben der Menschen deutlich verbessert und voranbringen kann.
Dieser Artikel stammt aus einer Sonderbeilage der Augsburger Allgemeinen. Weitere spannende Themen finden Sie in unserem Magazin „Made in Bayerisch-Schwaben“.