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Kfz-Betrieb übernehmen: Betriebsübernahme im Handwerk: Erfahrungen und Tipps

Kfz-Betrieb übernehmen

Betriebsübernahme im Handwerk: Erfahrungen und Tipps

Dass sein Herz für sein Handwerk schlägt, merkt man ihm sofort an: Wolfgang Riegel ist gelernter Kfz-Mechaniker. Knapp 40 Jahre widmete er seinem Betrieb in der Hirblinger Straße 86 in Augsburg. Nun übergibt er diesen an seinen Nachfolger.

Seine Ausbildung absolvierte Riegel bei Mercedes, bevor er 1987 die Tankstelle seiner Eltern übernahm und daraus einen Kfz-Meisterbetrieb machte. Seit seine Eltern 1956 das Familienunternehmen gegründet hatten, ist viel Zeit vergangen. So gab es dort nicht nur die erste Waschanlage der Stadt – eine zeitgemäßere Version gehört bis heute zum Betrieb. Auch die erste Bestellung in Deutschland mit dem damals neu gestarteten Mercedes-Bestellsystem tätigte Riegel von seinem Büro aus.

Doch wie viele andere Betriebe im Handwerk, ist das sechs Mann starke Unternehmen mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. So ist es nicht nur schwer, gegen die Industrie zu bestehen, sondern auch neue Auszubildende zu gewinnen und bürokratische Hürden zu meistern.

Mit Letzterem setzt sich das Unternehmen seit Dezember 2022 intensiv auseinander. Der Grund: Riegel übergibt sein Unternehmen an seinen langjährigen Mitarbeiter Markus Rohleder. „Ich habe hier mit 15 Jahren angefangen“, berichtet Rohleder. Gleich nach der neunten Klasse habe er ein Praktikum in der Werkstatt gemacht und anschließend seine Ausbildung begonnen. Mit 22 Jahren machte er dann seinen Servicetechniker und mit 30 seinen Meister. Dabei war schon immer geplant gewesen, dass er einmal das Unternehmen führen werde. „Ich hatte einfach das Gefühl, dass er dazu fähig ist, denn dazu gehört mehr, als nur gut zu arbeiten, und das war bei ihm einfach da“, erklärt Riegel.

Dennoch dauerte es einige Jahre, bis er wirklich bereit war, sein Lebenswerk seinem Nachfolger anzuvertrauen. „Das ist ein innerer Prozess bei jedem, bis man soweit ist“, so Riegel.

Firma übernehmen – die Handwerkskammer für Schwaben berät bei der Betriebsübernahme

Damit ist die Riegel und Rohleder GmbH ein Beispiel für Handwerksbetriebe, die von Mitarbeitenden weitergeführt werden. Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben (HWK), erklärt, dass – laut einer Umfrage des Zentralverbandes des deutschen Handwerks – in den kommenden fünf Jahren etwa zwölf Prozent der Handwerksbetriebe an Mitarbeitende übergeben werden sollen. Damit folgt diese Variante gleich auf Platz zwei, nach der Übergabe innerhalb der Familie.

Weiter erklärt Wagner: „Die größte Herausforderung für Handwerksbetriebe ist es, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Gefolgt von der Ermittlung des Unternehmenswerts und steuerlichen Aspekten.“ Dabei bietet die Kammer Unterstützung und berät beispielsweise über die Form der Übergabe.

Diese Hilfe haben auch Riegel und Rohleder in Anspruch genommen. So erfolgte die erste Betriebsbesichtigung durch die HWK vor fast zehn Jahren. „Da dachte ich, dass wir die Übergabe jetzt endlich angehen“, erzählt Rohleder. Doch Riegel war damals noch nicht bereit, weitere Schritte zu tun. „2022 haben wir dann gesagt, jetzt gehen wir es an“, berichtet Rohleder. „Da haben wir geheiratet“, scherzt Riegel. Denn dies könnte man nach der Fülle der geleisteten Unterschriften und Anträge durchaus meinen.

Welche Formen der Betriebsübernahme gibt es?

Doch wie läuft eine Unternehmensübergabe eigentlich ab? HWK Hauptgeschäftsführer Wagner erklärt: „Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten: Schenkung, Verkauf, Verpachtung.“ Dabei gilt es, für jeden Betrieb die passende Variante sowie die richtige Ausgestaltung zu finden.

Im Falle des Kfz-Betriebs entschieden sich Riegel und Rohleder für eine Verpachtung, die über die Jahre abgegolten wird. Außerdem gründeten sie eine GmbH, durch die der neue Inhaber aktuell 75 Prozent des Unternehmens besitzt und Riegel noch 25 Prozent innehat.

Die Übergabe selbst soll nach zwei Jahren abgeschlossen sein. „Ab Oktober 2024 bin ich eigentlich Rentner“, lacht Riegel. Schon jetzt weiß er die Vorteile der geteilten Geschäftsführung zu schätzen. „Dadurch habe ich viel mehr Lebensqualität. Du machst das Büro und ich kann wieder mehr in der Werkstatt arbeiten“, sagt er an seinen Nachfolger gewandt. „Statt um halb acht können wir jetzt meistens pünktlich um sechs Schluss machen“, führt er weiter aus.

Betriebsübernahme mit einer schrittweisen Einbindung des Nachfolgers

Falls es zu Problemen bei der Übergabe kommen sollte, bietet die HWK Unterstützung. Die Beraterinnen und Berater helfen bei der Absprache von Zielen und der richtigen Vorgehensweise und bieten Begleitung bei Konflikten.

Glücklicherweise ist dies bei Riegel und Rohleder nicht nötig. Dennoch war die Umstellung groß und es waren einige Veränderungen nötig. So musste zunächst alles digitalisiert und die EDV auf den neuesten Stand gebracht werden. „Der Betrieb ist sehr alt. Wir brauchen neue Hebebühnen und ich würde die Werkstatt gerne modernisieren“, so Rohleder.

Trotz vieler Herausforderungen, mit denen der Betrieb konfrontiert ist, steckt jede Menge Herzblut in dem kleinen Unternehmen. „Hier kann ich mich am meisten entfalten und bin irgendwie freier“, erklärt Rohleder. „Die Entscheidung, was wir machen, liegt bei uns“, führt auch Riegel an. Und auch im Team ist ein freundschaftlicher Umgang miteinander wichtig. „Bei uns ist der Vorteil, dass der Zusammenhalt im Team viel besser ist, hier wird man von allen unterstützt“, so Rohleder.

Doch auch an den Mitarbeitenden ging die Übergabe nicht spurlos vorbei. „Da kommt in der Übergangsphase eine Zeit, da ist es nicht sicher, wie es jetzt weitergeht, das spiegelt sich im ganzen Team wider“, berichtet Rohleder. „Für uns wäre es am besten gewesen, einen klaren Cut zu machen, dass es keine Überschneidungen zwischen dem neuen und alten Betrieb gibt“, erzählt auch Riegel von seinen Erfahrungen. Trotz Rücksprachen und Beratung seien auch ihnen Fehler unterlaufen, die teilweise erst später ersichtlich waren.

Um damit umzugehen lautete Riegel und Rohleders Motto deshalb stets: „Es ist nicht einfach, wir machens einfach“. Schließlich gehe es immer weiter. „Wichtig ist, immer im Gespräch zu bleiben und nie aufzugeben“, schlussfolgert Rohleder. So sei die Zukunft in alle Richtungen offen.

Unterstützung bei der Betriebsübergabe durch die Handwerkskammer für Schwaben

Die Handwerkskammer für Schwaben unterstützt Unternehmen bei der Betriebsübergabe. Für Nachfolgerinnen und Nachfolger ist dabei ein Meister die Basisvoraussetzung. Empfehlenswert ist außerdem die Weiterbildung zum Betriebswirt.

Ab April 2024 bietet die HWK Schwaben eine Veranstaltungsreihe zum Thema Nachfolge. Das sind die Termine:

  • Dienstag, 9. April 2024: Augsburg
  • Samstag, 8. Juni 2024: Weißenhorn
  • Donnerstag, 20. Juni 2024: Donauwörth
  • Dienstag, 8. Oktober 2024: Kempten
  • Donnerstag, 10. Oktober 2024: Lindau

Außerdem berät die Handwerkskammer für Schwaben bei der Übernahme eines Handwerksbetriebes zu folgenden Aspekten:

  • Fahrplan zur Betriebsübernahme oder -übergabe des Unternehmens (Abarbeiten einer Checkliste, Klärung der Haftungsfragen, Abstimmung des Vorgehens, grundsätzliche Klärung von Steuerfragen)
  • Öffentliche Förderung und Finanzierung (Erstellung Business Plan und Vorbereitung Bankgespräch)
  • Gründungsberatung für den Übernehmer (unter anderem Checkliste der Aufgaben, persönliche und betriebliche Absicherung)
  • Umsatz- und Rentabilitätsplanung (lohnt sich der Kauf und der Schritt in die Selbstständigkeit?)
  • Überprüfung des zu erwerbenden Unternehmens inklusive Unternehmensbewertung
  • Hilfe bei Information an Kunden und Mitarbeiter
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