Ob praktisches Fahrzeug für die Stadt, nachhaltige Kleidung und Haargummis, Suppen für die gesunde Mittagspause oder eine Lernplattform – die Produktideen mit denen Augsburger Start-ups auf den Markt gehen, sind vielfältig. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie zum Start ihrer Unternehmungen Geld benötigen. Wer noch keinen Investor hat und den Bekanntheitsgrad steigern möchte, wählt dabei inzwischen gerne den Weg über die TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ auf Vox.
Nachwuchsunternehmer und -unternehmerinnen präsentieren in dem TV-Format ihre Geschäftsideen vor fünf Investoren. Die Experten und Expertinnen können ihr Geld als Risikokapitalgeber investieren, im Gegenzug erhalten sie Firmenanteile. Auch vier Augsburger Start-ups haben dort ihr Glück gesucht. Wie es damals lief und wie sich die innovativen Unternehmen entwickelt haben.
Eines der Bekanntesten darunter dürfte der Suppenproduzent Little Lunch sein. 2014 haben die beiden Brüder Daniel und Denis Gibisch ihren Traum von der eigenen Selbstständigkeit in die Tat umgesetzt und Bio-Suppen entwickelt, die eine gesunde Alternative zu Fast Food und Fertigprodukten für die Mittagspause sein sollten. Die Expertise holten sie sich am Anfang vom Augsburger Spitzenkoch Gerhard Frauenschuh von der Betriebsgastronomie des MAN-Konzerns. Die Suppen ließen sie dann nach ihren Rezepten abfüllen.
Anfangs versuchten die Brüder ihre Suppen über Augsburger Bio-Läden zu verkaufen. Das klappte auch einigermaßen, doch der große Erfolg blieb aus. Deshalb bewarben sie sich 2015 bei der „Höhle der Löwen“ – mit durchschlagendem Erfolg. Plötzlich war Nachfrage da, die Investoren der Sendung öffneten ihnen Türen zur Handelskette Rewe und zum Verkaufssender HSE24. Mitarbeitende wurden eingestellt, ein neues Domizil bezogen.
Eine Million Suppengläser in 2021
2021 verkauften sie bereits etwa eine Million Suppengläser im Monat. Die Produkte standen in Supermärkten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, weitere Länder folgten. Dieser Erfolg ist auch durch den Zusammenschluss mit dem Biopionier Allos Hof-Manufaktur möglich geworden, in dessen Portfolio Little Lunch hervorragend passte. Die Allos Hof-Manufaktur bringt seit 1974 vegetarische Bio-Lebensmittel von Aufstrichen bis Tee auf den Markt, darunter Marken wie Allos, Cupper und Tartex und gehört damit zu den Pionieren der Bio-Branche.
Sandra Spremberg, Marketing Direktorin DACH Allos Hof-Manufaktur sagt über Little Lunch: „Little Lunch hat sich zu einer starken Marke der Allos Hof-Manufaktur entwickelt. Little Lunch ist heute Marktführer im Bereich der Bio-Suppen im Lebensmittelhandel. Die Little Lunch Suppen, Saucen – und neu seit Sommer 2023 auch Fertiggerichte – sind bei Konsumentinnen und Konsumenten sehr beliebt, weil sie unkomplizierte, stressfreie Lösungen für die Mittagspause in natürlicher Produktqualität ohne Zusatzstoffe anbieten.“ Der Standort Augsburg von Little Lunch besteht übrigens immer noch – die Gründer Daniel und Denis Gibisch sind seit der Übernahme allerdings nicht mehr für das Unternehmen tätig.
Ebenfalls einen Investor über „Die Höhle der Löwen“ gefunden, haben Fabian Frei und Wolfgang Schimpfle – für die Produktion eines Haargummis. Doch der Reihe nach. Die beiden gründeten 2014 in Augsburg das Öko-Label Degree Clothing und eröffneten vier Jahre später das weltweit erste Outlet für nachhaltige Mode „Suslet“ in Augsburg. Hier findet man Produkte von Degree Clothing ebenso wie rund 170 nachhaltige Marken anderer, auch vieler renommierter, Hersteller zu stark reduzierten Preisen. Degree wurde auch schon mit dem Zukunftspreis der Stadt Augsburg ausgezeichnet und eröffnete 2019 eine Filiale in Stuttgart.
2021 stellten die beiden Start-up-Gründer in der „Höhle der Löwen“ ihre neu entwickelten fairtye-Haargummis vor – aus nachwachsenden Rohstoffen wie Bio-Baumwolle und Naturkautschuk aber ohne Metall oder Naht. Für deren Produktion warben sie um Geld – ein Investor biss an. In der Folge waren die Haargummis in vielen verschiedenen Geschäften und bei großen Handelsketten erhältlich. Inzwischen wurden die Haargummis in der Zusammensetzung etwas modifiziert und der Vertrieb konzentriert sich auf einige langfristige Handelsbeziehungen sowie online über Degree Clothing und die Suslet Outlets.
Outlets für nachhaltige Mode kommen an
Mit letzteren sind die beiden Geschäftsführer Fabian Frei und Wolfgang Schimpfle derzeit auf Expansionskurs. Während man die Degree-Filiale in Stuttgart während der Coronapandemie aus wirtschaftlichen Gründen zwar wieder schließen musste, kommt das Suslet Outlet in Form von Pop-up-Stores in vielen großen deutschen Städten gut an. „Wo es gut läuft, und die Kundinnen und Kunden die Produkte wirklich wollen, könnten dann auch Filialen entstehen“, sagt Frei. Aber man müsse schon gut kalkulieren und den Verkauf straff durchorganisieren, damit sich eine ständige Filiale rechne. Das weiß der Firmengründer inzwischen aus eigener Erfahrung.
Umweltfreundliche Mobilität haben sich die Gründer des Start-ups Hopper Mobility, Martin Halama, Philipp Herrmann und Torben Müller-Hansen, auf die Fahnen geschrieben. Sie entwickelten ein Hybridfahrzeug aus E-Bike und Auto, das verkehrsrechtlich ein Fahrrad ist. Der Hopper hat eine Kabine, die vor Wind und Wetter schützt, drei Räder und einen Elektroantrieb. Er bietet Platz für zwei Erwachsene oder einen Erwachsenen und zwei Kinder, hat einen Stauraum für Einkäufe und darf mit seinen maximal 25 Stundenkilometern auch auf dem Radweg fahren.
Seit 2019 gibt es das Start-up. Um in die teure Serienproduktion gehen zu können, präsentierte sich Hopper Mobility im September 2022 in der „Höhle der Löwen“ – leider ohne einen Investor an Land zu ziehen. „Der Betrag, den wir aufgerufen hatten, war sehr hoch, das hat vielleicht abgeschreckt“, erzählt Hopper-Marketing-Chef Sebastian Weber. „Doch alle in der Jury waren begeistert, die Aufmerksamkeit auf unser Produkt war da und es kam zu Vorbestellungen. In der Folge konnten wir Ende des vergangenen Jahres erfolgreich eine Crowd-Investmentrunde abschließen und in diesem Jahr die Produktion der Pilotserie mit 30 Fahrzeugen starten, die bereits im Vorfeld binnen weniger Tage ausverkauft war“, so Weber weiter, der auf weitere Investoren hofft.
Hopper-Testfahrzeuge auch in Augsburg
Im Rahmen eines von der EU geförderten Projekts wurden an drei verschiedene Städte, darunter Augsburg, Testfahrzeuge ausgeliefert. Mitte nächsten Jahres will man in die Serienproduktion des Hoppers starten, Bestellungen dafür liegen vor und sollen in der Reihe des Bestelleingangs in der zweiten Jahreshälfte 2024 ausgeliefert werden. In der voll funktionsfähigen Basisversion inklusive Batterie kostet ein Hopper mit Frühbucherrabatt derzeit knapp 13.000 Euro und es gibt auch schon Interessenten aus dem Ausland.
Obwohl die Heimat des Hoppers nach wie vor Augsburg ist und die Produktion der Pilotserie auch hier gestartet wurde, findet die Serienproduktion in Hamburg statt. Weber: „Die Stadt fördert uns und wir arbeiten eng mit der Technischen Universität dort zusammen. Trotzdem sind wir auch noch in Augsburg präsent, hier kennt man uns, hat unsere Entwicklung unterstützt und es läuft ja auch das Pilotprojekt mit den beiden Fahrzeugen für die Stadt.“
Das junge Unternehmen, das bisher noch völlig auf eigenen Beinen steht, will jetzt erst einmal die Serienproduktion anlaufen lassen, bis dahin noch ein paar Entwicklungen am Hopper vorantreiben und diesen in möglichst vielen Städten für Probefahrten anbieten. Auch Messeteilnahmen und eine Präsenz im Fachhandel sind geplant. So will man den Bekanntheitsgrad weiter steigern und nach und nach die Stückzahlen erhöhen. Dann könnte man vielleicht bald dem Hopper an vielen Orten begegnen.
Dass Erfolg auch ganz ohne Ausstrahlung der Geschäftsidee in der TV-Sendung möglich ist, beweist die E-Learning- und Karriereplattform Studyflix. Gegründet 2018 von den beiden Augsburger Uni-Absolventen Reinhard Blech (Lehramt) und Benedikt Bergner (Wirtschaftsrecht) als kostenlose Video-Plattform, auf der sich Studierende Lernvideos ansehen können, hat das Start-up in diesem Jahr für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag den Besitzer gewechselt.
Der Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann hat das Augsburger Unternehmen im Juli diesen Jahres übernommen, um die Generation Z, die zwischen 1997 und 2012 Geborenen, im Blick zu behalten und anzusprechen. Vorstellbar ist eine Art Linkedin, eine Berufsplattform für besonders junge Leute.
Keine Vorstellung bei "Die Höhle der Löwen"
Dabei klappte es 2021 nicht mit der Vorstellung in der Sendung – kurz vor dem Sendetermin erfuhren die Jung-Unternehmer, dass ihr Auftritt herausgeschnitten wurde, laut Vox ein ganz normaler Vorgang, worüber die Teilnehmer auch informiert sind. Gebremst hat dies das Wachstum der Plattform nicht. Im Gegenteil. Von ursprünglich 30.000 Nutzerinnen und Nutzern, denen damals 500 Videos zur Verfügung standen, ist die Zahl auf sechs Millionen geklettert.
Mehr als 5000 Videos bietet Studyflix mit rund 100 Mitarbeitenden heute an und ist damit nach eigenen Angaben die größte E-Learning- und Karriereplattform im deutschen, österreichischen und schweizer Raum. Und zwar nicht mehr nur für Studierende, sondern auch für Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende.
Die Nutzung ist kostenlos, die Plattform finanziert sich über Werbung und Stellenangebote. Die inzwischen mehr als 1000 Werbekundinnen und -kunden erreichen bei Studyflix zielgenau die Adressaten, weil die Nutzer angeben, was sie studieren und welche fachlichen Inhalte sie abonnieren wollen. Die Gründer Benedikt Bergner und Reinhard Blech sind heute neben Felix von Zittwitz Geschäftsführer von Studyflix.
Dieser Artikel stammt aus einer Sonderbeilage der Augsburger Allgemeinen. Weitere spannende Themen finden Sie in unserem Magazin Made in Bayerisch-Schwaben.