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Uni Augsburg: Medizin als Modellstudiengang

Uni Augsburg

Medizin als Modellstudiengang

Clara Grinzinger studiert Humanmedizin an der Uni Augsburg. Sie ist eine von 85 ausgewählten Bewerbern.
Clara Grinzinger studiert Humanmedizin an der Uni Augsburg. Sie ist eine von 85 ausgewählten Bewerbern. Foto: Julia Paul

Dröhnende Bohrmaschinen übertönen das Rascheln der Abdeckplanen. Es riecht nach frischer Farbe. Bis die ersten Gebäude des Campus neben dem Universitätsklinikum stehen, dauert es noch. So lange improvisiert die Medizinische Fakultät Augsburg in der ehemaligen Kinderklinik, die dafür umgebaut wurde. Bereits fertig ist das Konzept des Modellstudiengangs „Humanmedizin“. Der Fokus in der Forschung liegt auf Umwelt und Digitalisierung.

2014 begann die Universität, den Unterricht zu entwickeln. Zu diesem Zeitpunkt besuchte Clara Grinzinger die achte Klasse des Gymnasiums. Ihr Berufswunsch? Ärztin! „Der Job verbindet Naturwissenschaft damit, Menschen zu helfen“, schwärmt sie. Fünf Jahre später – zum Wintersemester 2019/2020 – konnte sie sich bewerben.

Bewerbung für das Medizinstudium

Da der Ansturm auf das Medizinstudium in Deutschland groß ist, vergibt die Stiftung für Hochschulzulassung anstelle der Universitäten die Studienplätze. Sie verfährt auf zwei Arten, Bewerber entscheiden sich für eine: festgelegte Quoten für Abiturbeste und die Wartezeit oder das Auswahlverfahren der jeweiligen Fakultät.

Neben der Abschlussnote spielte in Augsburg dabei das Ergebnis des Medizinertests eine Rolle. Wer ihn meistert, studiert in der Regel erfolgreich. Bewerber sammelten zum Beispiel mit einer Ausbildung als Krankenschwester, Notfallsanitäter, Medizinisch-Technischer Assistent oder Physiotherapeut Punkte.

Erfahrungen verhalfen zum Erfolg

Grinzinger halfen der Medizinertest sowie ihre Arbeit bei der Wasserwacht. Sie ergatterte einen Platz. Das Konzept des Modellstudiengangs sagt ihr zu. Aber nicht nur die Augsburgerin überzeugte es: Rund ein Fünftel bundesweit bewarb sich ebenso an der Universität: 8199 von 41791. Damit ist die Fakultät in ihrem ersten Jahr so attraktiv wie traditionsreiche Standorte.

Medizinbewerber können sich an mehreren Universitäten gleichzeitig bewerben, nehmen jedoch eine Rangfolge vor. 935 setzten Augsburg auf den ersten Platz – auch Grinzinger. Das hängt unter anderem mit dem Konzept des Studiengangs zusammen. Die Chance, an den letzten Schritten mitzuwirken, und die Atmosphäre in einem Pionier-Jahrgang mit 85 Studierenden zogen.

Einführungswoche, Eröffnung und die erste Vorlesung

Die meisten Bewerber erhielten Absagen. „Man weiß, dass der Bescheid an dem einen Tag Anfang September kommen kann, hofft es und aktualisiert ständig die Mails“, erinnert sich Grinzinger zurück. „Ich war froh, als gleich um 9 Uhr die alles entscheidende Bestätigung kam.“

Das Semester begann am 14. Oktober. Vorher gab es für die Studierenden eine Einführungswoche. Sie waren bei der Eröffnung des Lehrgebäudes dabei und besuchten den Uni-Campus sowie das Universitätsklinikum. Bei einem Abendessen und einer Feier lernten sie sich besser kennen.

Auswahlverfahren und NC in Augsburg

56 der Studierenden schrieben sich wie Grinzinger im Auswahlverfahren der Hochschule ein. „Niemand hat schlechte Noten, aber es sind welche mit 2,0 und einem guten Medizinertest dabei“, berichtet sie. 29 versuchten es über vorgegebene Quoten – davon 12 über die Wartezeit, elf über die Abiturnote, drei Zweitstudienbewerber, zwei über die Bundeswehr und einer aus dem EU-Ausland.

Wo die eingeschriebenen Studierenden ihre Hochschulzulassungsberechtigung erworben haben:

29Bezirk Schwaben
23Sonstige bayerische Bezirke
25Sonstige Bundesländer
9Ausland

Über welche Quoten sich die eingeschriebenen Studierenden beworben haben:

  • 30 im Hauptverfahren mit gesetzlich vorgegebenen Vorabquoten und Quoten für bestimmte Gruppen, davon:
3Zweitstudienbewerber
2Bundeswehr
1Nicht-EU-Angehörige
11Abiturbestenquote
13Wartezeitquote
  • 55 im Auswahlverfahren der Hochschule

Das Geschlechterverhältnis:

  • 55 weibliche Studierende (65 Prozent)
  • 30 männlich Studierende (35 Prozent)

In den ersten Wochen prägte ein Thema ihren Alltag: Die Arztanwärter lernten, nicht nur die Krankheit, sondern den Patienten als Ganzes zu sehen. „Es war ungewöhnlich, weil das Studium meist mit Anatomie- oder Biologievorlesungen beginnt – aber gut. Direkt am Anfang war unsere Aufgabe klar: Die Arbeit mit, am und für den Menschen“, erzählt Grinzinger.

Deutlich wird das auch im späteren Verlauf des Studiums. „Ab dem ersten Semester lernen wir neben naturwissenschaftlichen Grundlagen medizinisch-klinische Inhalte. Wir haben zum Beispiel ein Gespräch mit einem Patienten geführt.“ Dieser Praxisbezug motiviere beim Lernen.

So läuft das Studium „Humanmedizin“ ab:

Der Modellstudiengang verbindet Theorie und Praxis. Die Studierenden lernen, den Fortschritt voranzutreiben, um später neue Erkenntnisse bei der Behandlung zu bedenken. Professoren vermitteln Wissen vernetzt in Modulen – beispielsweise im Fach „Bewegung“ Inhalte zu Knochen, Muskeln, Herz und Lunge. Das ermöglicht, die Symptome besser zu verstehen und beantwortet die Frage: Wo brauche ich das später im Beruf?

Die Hälfte der Studienzeit besuchen die angehenden Ärzte Präsenzveranstaltungen. Den Rest lernen sie über Online-Vorbereitungskurse zuhause. Moderne Prüfungsverfahren ersetzen das Erste Staatsexamen. Sie fragen über die ersten Jahre verteilt Wissen ab und prüfen, wie man es anwendet.

„Der Modellstudiengang kommt bei Studierenden und Lehrenden gut an. Es ist schön zu sehen, dass sich die Pläne und Konzepte mit Leben füllen“, freut sich Gründungsdekanin Prof. Dr. Martina Kadmon. Auch Grinzinger zeigt sich zufrieden: „Alles ist organisiert und vorbereitet.“

Der Medizincampus der Uni Augsburg

In sechs Jahren – nach zwölf Semestern – erhält sie ihren Abschluss. Was die 19-Jährige dann machen möchte? „Keine Ahnung. Ich begeistere mich noch für alles. Das ergibt sich mit den praktischen Erfahrungen.“ Gewisser ist die Zukunft der medizinischen Fakultät: Im Endausbau, in etwa 15 Jahren, unterrichten 100 Professoren bis zu 1500 Studierende. Forschungs- und Lehrgebäude bilden mit rund 37000 Quadratmetern Nutzfläche den Campus.

Die ersten Neubauten sollen 2023 und 2024 bezogen werden. Auch den Studiengang entwickeln die Verantwortlichen weiter. „Eine wichtige Grundlage sind die Rückmeldungen der Studierenden, die durch das Qualitätsmanagement der Fakultät erhoben werden“, erklärt Universitätspräsidentin Sabine Doering-Manteuffel.

Dieser Artikel stammt aus unserer Beilage "2020 - Was in der Region zählt." Hier finden Sie weitere spannende Texte zum Thema Zahlen wie zum Beispiel den über die Stadtbücherei Agusburg, die entgegen dem Bundestrend steigende Ausleihzahlen verzeichnet.

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