Die steigenden Zahlen von Corona-Neuinfektionen in beliebten Urlaubsregionen haben Folgen: Das Auswärtige Amt hat nun auch eine Reisewarnung für die Kanaren ausgesprochen.
Eine solche Warnung gab es schon für das spanische Festland und die Balearen - und auch für weitere europäische Reiseziele. Was bedeutet das für Reisende? Drei Szenarien im Überblick:
Szenario 1: Ich bin vor Ort
- Pauschalurlauber, die bereits vor Ort sind, werden auf Kosten ihres Reiseveranstalters nach Deutschland zurückgeholt. Das heißt: Im Zweifel steht eine frühere Abreise an. "Pauschalurlauber sollten den vom Veranstalter organisierten Rückflug auch nutzen", mahnt die Juristin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin. "Denn sonst müssen sie ihre Rückreise später selbst bezahlen."
- Individualreisende, die bereits vor Ort sind, müssen sich selbst und auf eigene Kosten um eine Rückreise kümmern. Sie sind allerdings nicht gezwungen, abzureisen - eine Reisewarnung ist kein Reiseverbot. Das heißt, sie können auch ihren gebuchten Rückflug nehmen. Sie sollten aber prüfen, ob dieser weiter wie geplant angeboten wird. Es könnte sein, dass Airlines Verbindungen streichen.
Wichtig: Wer jetzt aus einer betroffenen Region zurückkehrt, gilt als Rückkehrer aus einem Risikogebiet. Im Moment gilt für diese noch, dass sie die Quarantäne mit Vorlage eines maximal 48 Stunden alten Corona-Tests bei der Einreise oder durch einen in Deutschland auf Anordnung der Behörden gemachten Test umgehen können. Künftig sollen sie sich in Quarantäne begeben und diese frühestens mit einem fünf Tage nach Einreise vorgenommenen, negativen Test verlassen dürfen.
Szenario 2: Ich wollte bald los
- Pauschalurlauber, die ihre Reise in den kommenden Tagen antreten wollten, haben nun schlechte Karten: Für deutsche Reiseveranstalter ist die Reisewarnung bindend. Die Unternehmen sagen ihre Reisen in der Regel ab, sobald eine Warnung vorliegt. Anzahlungen bekommen die Gäste in diesem Fall zurück. Urlauber mit baldigem Reiseantritt können nun auch ihrerseits kostenlos den Reisevertrag kündigen.
- Individualreisende, die ihre Reise bald antreten wollten, sollten sich gegebenenfalls mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung setzen. Streicht die Airline nun den Flug, muss sie das Geld erstatten. Falls der Flug aber wie geplant durchgeführt wird, gibt es in der Regel kein Geld zurück, wenn der Passagier den Flug verfallen lässt. Viele Fluggesellschaften sind aber derzeit bei Umbuchungen kulant. So kann es gut möglich sein, den Flug erst einmal kostenlos zu verschieben.
Szenario 3: Ich will in einigen Wochen los
- Pauschalurlauber, die für die Herbstferien gebucht haben, müssen nun geduldig sein. Es ist offen, wie lange die Reisewarnung gelten wird, die Corona-Lage kann sich schnell ändern.
Wer für die Herbstferien gebucht habe, könne nicht gleich morgen seine Reise kostenlos stornieren, sagt Fischer-Volk. Denn bis zum Urlaub sind es noch einige Wochen. "Hier muss ich abwarten, wie sich die Lage entwickelt", erklärt die Reiserechtsexpertin. Wer jetzt sofort kündigt, dem drohen Stornogebühren. "Am besten schaut man, wie die Situation am Reiseziel vier Wochen vor Reiseantritt aussieht." Dann sei eine Prognose zur Durchführbarkeit der Reise sicherer.
Und: "Wer zu einer Risikogruppe gehört, kann den Veranstalter um eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt bitten", sagt Fischer-Volk. Das gilt auch für Urlauber, die schon jetzt sicher wissen, dass sie auch im Herbst nicht auf die Balearen wollen. Die großen Veranstalter zeigen sich derzeit kulant bei den Umbuchungsoptionen.
- Pauschalurlauber, die jetzt trotz Reisewarnung buchen, nehmen ein gewisses Risiko in Kauf. "Wer jetzt noch trotz der Reisewarnung bucht, weil er davon ausgeht, dass es im Herbst nicht mehr schlimm sein wird, der kann später nicht kostenfrei stornieren, da er das Risiko in Kauf genommen hat", erläutert Fischer-Volk. Hier käme dann wieder eine rechtzeitige, kostenlose Umbuchung in Frage.
Übrigens: Die Reiserücktrittsversicherung können Urlauber im Fall einer Reisewarnung nicht nutzen. Denn solche Warnungen sind nach Angaben des Bunds der Versicherten (BdV) nicht versichert.
Reisewarnung für die Kanaren
Auf den vom Coronavirus noch bis vor kurzem weitgehend verschonten Kanaren lässt die Pandemie nun doch die Alarmglocken schrillen. Und das sehr laut: Mit 300 Fällen pro Tag während der vergangenen Woche meldeten die regionalen Gesundheitsbehörden in Las Palmas zuletzt stark steigende Infektionszahlen. Die zu Spanien gehörenden Atlantik-Inseln verloren deshalb dann auch prompt ihre bisherige Sonderstellung und wurden von Deutschland am 2. September auf die "schwarze Liste" der Risikogebiete gesetzt. Dort war der Rest Spaniens - inklusive der bei Deutschen beliebten Balearen samt der Ferieninsel Mallorca - bereits seit Mitte August aufgeführt.
Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat. Auf den Kanaren lag diese Zahl binnen sieben Tagen bei mehr als 95. Damit stehen die Inseln vor der Westküste Afrikas inzwischen schlechter da als manche andere spanischen Gebiete, für die seit Mitte August die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt, wie etwa das ebenfalls vom Tourismus stark abhängigen Valencia (62) oder Andalusien (knapp 57). Auf den Balearen mit der liebsten Insel der Deutschen, Mallorca, liegt diese Zahl derzeit bei knapp 60.
Für ganz Spanien gab das Gesundheitsministerium in Madrid diesen Wert am Mittwoch (2. September) mit gut 100 für die vergangenen sieben Tage an. Über die Risikogebiete führt das bundeseigene Robert Koch-Institut (RKI) eine Liste, die fortlaufend aktualisiert wird. Sie umfasst mehr als 130 Staaten, von Ägypten über Russland bis zu den USA.
Bund erklärt weiteren Teil Kroatiens zum Risikogebiet
Wegen der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen warnt die Bundesregierung nun vor Reisen in drei kroatische Regionen. Am Mittwoch (2. September) wurde auch der Verwaltungsbezirk (Gespanschaft) Zadar auf die Liste gesetzt - und parallel auf der aktualisierten Liste, die das bundeseigene Robert Koch-Institut am Mittwoch veröffentlichte, als Corona-Risikogebiet geführt.
Zuvor galt bereits eine Reisewarnung der Bundesregierung für die beiden südlichen Verwaltungsbezirke, die Gespanschaften Sibenik-Knin mit dem Nationalpark Krka sowie Split-Dalmatien mit der Hafenstadt Split und den Inseln Brac und Hvar.
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