Bundesweit werden in den Büchereien immer weniger Bücher ausgeliehen. In der Stadtbücherei Augsburg ist von diesem Abwärtstrend nichts zu spüren.
Von Melanie Lieberer|
Augsburg macht’s anders. Während im Rest von Deutschland über zurückgehende Ausleihzahlen geklagt wird, kann man in der hiesigen Stadtbücherei ein Plus von 2,38 Prozent vermelden. „Das freut uns riesig“, sagt Jutta Olbrich, kommissarische Leiterin der Stadtbücherei. „Der Wert hört sich zwar nicht nach viel an, ist für uns aber trotzdem ein deutliches Zeichen gegen den Abwärtstrend.“ In konkreten Zahlen wurden im Jahr 2019 32 515 Medien mehr ausgeliehen als 2018.
Den größten Anteil an der Steigerung hat die sogenannte Onleihe, die immer beliebter wird. Dabei handelt es sich um Medien, die von zu Hause aus übers Internet ausgeliehen werden können: eBooks, eVideos, eAudios und eMusic. „Das funktioniert wie Streamen“, erklärt Olbrich. „Man schaltet sich den Zugang zum gewünschten Medium frei und nach vier Wochen Ausleihzeit wird er wieder deaktiviert.“
Stadtbücherei Augsburg: Freude am Lesen vermitteln
Dass gerade die Onleihe so beliebt ist, überrascht nicht: Rund 45 Prozent der Nutzer der Stadtbücherei sind unter 18 – und damit als Digital Natives bestens vertraut mit Computer, Smartphone und Co. Dass sie trotz internationaler Streamingdienste (auch) das lokale Angebot nutzen, könnte möglicherweise den Grund haben, dass sie schon von klein auf „ihre“ Bücherei zu schätzen gelernt haben. Denn darauf wird in Augsburg ganz besonders viel Wert gelegt: die Leseförderung von Anfang an. Führungen für Schulklassen, Bücherei-Rallyes, Vorlese- und Bastelnachmittage für alle Altersstufen – die meisten Angebote sind gratis. „Wenn überhaupt, wird ein geringer Unkostenbeitrag verlangt“, sagt Olbrich. „Aber im Grunde steht das Ziel im Vordergrund, jedem Kind den Zugang zu Büchern und die Freude am Lesen zu vermitteln.“
Der kleine Rabe Socke sowie Pettersson und Findus werden am meisten ausgeliehen
Das Angebot wird fleißig genutzt und auch die Ausleihzahlen sprechen für sich: Die beiden erfolgreichsten Bücher der Augsburger Stadtbücherei sind Kinderbücher. „Der kleine Rabe Socke: Alles wieder gut! Oder wie der kleine Rabe zu seinem Namen kam“ von Nele Moost und Annet Rudolph sowie „Pettersson und Findus: Eine Geburtstagstorte für die Katze“ von Sven Nordqvist führen mit 215 beziehungsweise 201 Ausleihen seit 2000/01 die Liste an.
Dass die Bücher in einwandfreiem Zustand sind, wenn sie aus dem Regal genommen werden, dafür sorgen die angestellten und die insgesamt 154 freiwilligen Mitarbeiter der Bücherei. Monika Flügel etwa kommt, seit sie in Rente ist, jede Woche für zwei Stunden und betreut die Sortieranlage hinter dem Abgabeautomaten. Auch Irmi Stripp engagiert sich, indem sie zurückgegebene Bücher putzt und in die Regale einsortiert.
1000 Tonnen Bücher werden täglich bearbeitet
Moment mal . . . Bücher putzen? „Ja, das muss sein“, lacht Olbrich. „Das ist hygienischer und sorgt dafür, dass die Bücher möglichst lange in einwandfreiem Zustand bleiben.“ Der Umschlag wird abgewischt, die Innenseiten werden kontrolliert. „Wenn man bei rund 2000 zurückgegebenen Büchern mit einem Durchschnittsgewicht von 500 Gramm pro Buch rechnet, geht rund eine Tonne Bücher täglich durch die Hände unserer Helfer“, nennt Olbrich eine faszinierende Zahl.
1,3 Millionen Bücher werden jährlich in Augsburg ausgeliehen
Insgesamt gibt es 3234 Rückgaben pro Tag – und das an knapp 300 Öffnungstagen mit insgesamt 6720 Öffnungsstunden. Rund 1550 Besucher zählt die Bücherei am Ernst-Reuter-Platz täglich. Diese leihen jährlich 957 180 Medien aus. Zählt man auch die Stadtteilbüchereien mit, erhöht sich die Zahl auf 1,3 Millionen Ausleihen jährlich.
Und was wird am allerliebsten ausgeliehen? Absoluter Spitzenreiter mit 440 Entleihungen ist die Beatles-CD „Beatles for Sale“. Sie ist seit 1987 im Bestand. Ihr dicht auf den Fersen ist „Brothers in Arms“ von den Dire Straits, ebenfalls seit 1987 im Programm, mit 421 Entleihungen. Die Statistik zeigt, dass Rock-CDs hauptsächlich von über 60-Jährigen ausgeliehen werden. „Intern sprechen wir davon, dass die Oldies die CD-Abteilung rocken“, schmunzelt Olbrich. Die Oldies die CDs, die Kleinen Bücher und Vorlesenachmittage, und wie sieht es mit denen mittendrin aus? „26- bis 60-Jährige machen einen Anteil von fast 34 Prozent aus“, sagt Olbrich. „Damit können wir sehr zufrieden sein. Letztendlich wird unser Angebot über alle Altersstufen hinweg genutzt, was zu dem Ausleihplus von 2,38 Prozent geführt hat.“ Frei nach dem Raben Socke kann man also sagen: Alles gut in Augsburg.
Stadtbücherei Augsburg: Lese-Tipps
Wer von Zahlen nicht mehr genug kriegen kann, sollte sich folgende Bücher vornehmen, deren Titel nur aus Ziffern bestehen:
Paul Auster: „4 3 2 1“
Niklas Natt och Dag: „1793“ oder „1794“
Hideo Yokoyama: „2“ oder „64“
Roberto Bolaño: „2666“
Florian Illies: „1913“
George Orwell: „1984“
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Dieser Artikel stammt aus unserer Beilage "2020 - Was in der Region zählt." Hier finden Sie weitere spannende Texte zum Thema Zahlen wie zum Beispiel der neue Radwanderweg von Augsburg bis nach Österreich verläuft.