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Interviews zum Ehrenamt: Wie sich Bayerisch-Schwaben ehrenamtlich engagiert

Interviews zum Ehrenamt

Wie sich Bayerisch-Schwaben ehrenamtlich engagiert

Zahlreiche Menschen engagieren sich in Bayerisch-Schwaben ehrenamtlich. In Interviews verraten sie ihre Passion.
Zahlreiche Menschen engagieren sich in Bayerisch-Schwaben ehrenamtlich. In Interviews verraten sie ihre Passion. Foto: meeboonstudio, stock.adobe.com

Bei Heimat denkt man an Rathäuser, Kirchen, Schlösser, Flüsse, Wälder und Landschaften. Aber nicht an Menschen. An jene, die in der Region wohnen – und jene, die sie zu dem machen, was sie ist. Die ihre Freizeit opfern, um den Begriff mit Leben zu füllen. Täglich engagieren sich Tausende Ehrenamtliche in unterschiedlichsten Bereichen: indem sie Fragen auf den Grund gehen, indem sie die Geschichte aufarbeiten, indem sie unsere Natur schützen oder indem sie unsere Region in die Welt tragen. Für jeden bedeutet Heimat etwas anderes, doch alle sind sich einig: Für sie schlägt das Herz!

Ehrenamt wird in Bayerisch-Schwaben groß geschrieben

So individuell wie die Menschen sind auch ihre Interessen, ihre Ansichten und ihre Wünsche. In ganz Bayern engagieren sich rund 42 Prozent ehrenamtlich, so das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. Dazu gehören auch viele Frauen und Männer aus Bayerisch-Schwaben. So verschieden ihre Herzensprojekte sein mögen, eines haben sie gemeinsam: die Liebe und die Leidenschaft für ihr Zuhause.

Wir haben uns mit einer kleinen Auswahl unterhalten, die stellvertretend für so viele steht:

  • Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien
  • Dr. Hubert und Gabriele Raab, Kreisheimatpfleger und Historiker mit seiner Frau
  • Miriam Mohr und Anja Gaul, Gründerinnen von Saubere Sache – Tidy Nature
  • Siglinde Matysik, Mitglied im Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte
  • Regine Nägele, Vorsitzende des Heimatvereins Friedberg
  • Dr. Claudia Ried, Heimatpflegerin des Landkreises Augsburg

Claudia Roth setzt sich in der Politik für Bayerisch-Schwaben ein

"Heimat ist für mich Europa, Heimat ist für mich Deutschland und meine schwäbische Heimat ist Augsburg. Heimat ist der Ort, zu dem dich dein Herz zieht. Das muss nicht automatisch der Ort sein, wo du geboren bist, sondern schlicht, wo du dazugehörst. Heimat gehört uns allen, sie vereint die Vielfalt und Buntheit unserer gesamten Gesellschaft. Diese wird von vielen Menschen in ihrem Engagement gelebt: die Vereine, die vielen Ehrenamtlichen, sie sind das Grundnahrungsmittel jedweder Demokratie, das Lebenselixier unserer Stadt. Das reicht vom Fanclub des FCA über die Tafeln bis hin zu Tür an Tür, das sind die Chöre, Sportvereine, Flüchtlingslotsen oder Vereine der queeren Community. An all diesen Orten findet gelebte Demokratie statt.

Mein Wahlkreis Augsburg liegt mir politisch und kulturell sehr am Herzen.Claudia roth, Staatsministerin für Kultur und Medien

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Sei es der Erhalt bedeutender Denkmäler, wie zum Beispiel die Augsburger Jugendstil-Synagoge, oder auch unser überregionales Wahrzeichen, der Augsburger Perlachturm, der durch einen Bundeszuschuss endlich saniert wird. Aktuell ist der Austausch mit unseren Fachpolitikerinnen und unseren Fachpolitikern wichtig, wenn es um den Ausbau der Bahnverbindung zwischen Augsburg und Ulm geht, ein Verkehrsprojekt."

Dr. Hubert Raab ist Kreisheimatpfleger und Historiker

"Ich bin seit 20 Jahren Kreisheimatpfleger. Besonders liegt mir am Herzen, dass wir unsere Heimat der Bevölkerung näherbringen. Denn nur, was man weiß, schätzt und liebt man. Sonst geht man achtlos an den Dingen vorbei. Deshalb habe ich in Friedberg Stadtführungen eingeführt, Themen ausgearbeitet und Stadtführer ausgebildet. Als promovierter Historiker liegt mir daran, dass unser Landkreis in die breite Öffentlichkeit getragen wird. Deswegen habe ich mit meiner Frau viel Zeit in Archiven verbracht. Dort liegen viele Themen, die noch nicht aufgearbeitet sind.

Die Leute sind oft erstaunt, was man bei uns alles finden kann!Dr. Hubert Raab, Kreisheimatpfleger und Historiker

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Zusammen haben wir fünf großformatige Veröffentlichungen mit je ungefähr 200 Seiten herausgebracht – von Pilgerwegen und Wallfahrten über Kapellen, Schlösser und im Wittelsbacher Land. In jeder ist ein kleines Büchlein mit drei bis sechs Kilometer langen Wanderungen zu den wichtigsten Stellen dabei. Angefangen hat es mit den Pilgerwegen. Damals haben wir alle Kirchen gesammelt, in denen es zu einem Heiligen eine kleine Wallfahrt gegeben hat. Verbunden haben wir sie mit Wegen, bei denen wir nachweisen konnten, dass man sie schon früher gegangen ist."

Miriam Mohr und Anja Gaul haben Saubere Sache – Tidy Nature gegründet

"Wir erteilen dem Müll eine Abfuhr und gehen ein- bis dreimal die Woche in die Natur, um den Müll, der dort achtlos entsorgt wird, einzusammeln. Mit unseren vielen Aktionen, wie zum Beispiel der Kippenboxen und Plakaten an Parkbänken, haben wir erreicht, dass die Stadt Augsburg an zwölf Parkbänken extra Abfallsäulen für Zigarettenkippen aufgestellt hat. Außerdem veranstalten wir regelmäßig Müllsammelaktionen, an denen sich jedes Mal circa 20 Erwachsene, Jugendliche und Kinder beteiligen. Wenn ich von wir spreche, meine ich Anja Gaul und mich.

Vor circa fünf Jahren ist mir beim Gassigehen mit meinem Hund aufgefallen, wie viel Müll in der Natur liegt. Anfangs wollte ich nicht allein losziehen und frage meinte Freundin Anja. Schon bei der ersten Sammlung hatten wir in kurzer Zeit zwei Müllsäcke voll. Unsere Funde teilten wir über die sozialen Netzwerke, und wurden darauf angesprochen und merkten, dass noch mehr Interesse an der Aktion haben. Wir gründeten unsere Aktion und wollen mit dieser alle erreichen, denen Naturschutz so sehr am Herzen liegt wie uns, aber nicht allein, sondern in der Gruppe losziehen möchten. Wir möchten den Menschen zeigen, dass jede und jeder etwas für seine Umwelt und für die Natur tun kann, in seinem Rahmen und mit seinen Möglichkeiten."

Siglinde Matysik engagiert sich im Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte

"Als Mitglied des Arbeitskreises für Vor- und Frühgeschichte im Heimatverein für den Landkreis Augsburg engagiere ich mich seit mehr als 30 Jahren bei archäologischen Ausgrabungen und der Aufbereitung der Funde. Mit Genehmigung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege hat der Arbeitskreis unter anderem keltische und römische Siedlungen sowie mehrere Gräberfelder – hauptsächlich aus der Bronzezeit – freigelegt. Jede dieser Grabungen ist einmalig und bringt neue Erkenntnisse über unsere Heimat, wirft aber auch neue Fragen auf, zum Beispiel wie etwas hergestellt wurde oder wozu bestimmte Gegenstände gedient haben.

Man braucht nicht immer in die Ferne zu schweifen, denn auch in der näheren Umgebung gibt es Spannendes und Erstaunliches über unsere Vorfahren zu entdecken.Siglinde Matysik, Mitglied im Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte

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Die Fundstücke müssen dann gewaschen, archiviert und dokumentiert werden. Die Scherben von Keramikgefäßen setzen wir nach Möglichkeit zusammen. Besondere Exponate stellen wir im Archäologischen Museum Königsbrunn aus, in dem ich mit Kolleginnen und Kollegen – wie auch im römischen Mithrasheiligtum – Führungen vornehme."

Regine Nägele ist Vorsitzende des Heimatvereins Friedberg

"Seit 2008 bin ich Vorsitzende des Heimatvereins Friedberg. Es macht mir Freude, die Geschichte des heimatlichen Raumes den Menschen näherzubringen. Dies geschieht durch die Organisation von Tages- und Mehrtagesfahrten, Artikel in Zeitungen und Büchern, Stammtische, verbunden mit Vorträgen.

Dankbar bin ich dabei für die wertvolle Unterstützung und Mitarbeit vieler Ehrenamtlicher im Verein.

Regine Nägele, Vorsitzende des Heimatvereins Friedbergundefined

Ich selbst recherchiere gerne in Archiven und entsprechender Literatur. Den Anstoß dazu hat mir eine Friedbergerin gegeben, die mich auf familiäre Verbindungen Mozarts mit Friedberg hinwies. Die spannende Spurensuche war nicht ohne Hindernisse. Gelingt es mir heute meist mühelos, die alten Schriften zu lesen, so war das am Anfang sehr schwierig.

Durch die Recherchen findet sich schöner historischer Unterhaltungsstoff für die täglich erscheinende Festzeitung beim Friedberger Altstadtfest. Darüber hinaus sind inzwischen zahlreiche von mir transkribierte Schriften des Stadtarchivs auf der Homepage des Heimatvereins für jedermann einsehbar. Mit der Möglichkeit der Stichwort-Recherche sind sie eine Fundgrube für Forschungen zur Stadt Friedberg für die Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts."

Dr. Claudia Ried ist Heimatpflegerin des Landkreises Augsburg

"Ein wichtiger Pfeiler meiner Arbeit ist es, die historische und kulturelle Vielfalt des Landkreises sichtbar und erlebbar zu machen. Das geschieht in vielen verschiedenen Bereichen. So erforschen wir beispielsweise die Geschichte des Augsburger Lands und seiner 46 Kommunen, beschäftigen uns mit Bräuchen und den bei uns gesprochenen Dialekten. Zu meiner Aufgabe als Heimatpflegerin gehört es auch, mich immer wieder mit einschneidenden historischen Ereignissen wie Seuchen, Kriegen oder Hungersnöten auseinanderzusetzen, die den Landkreis Augsburg in der Vergangenheit direkt oder indirekt betroffen haben. Darüber hinaus verstehe ich mich als Ansprechpartnerin für alle Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Vereine, die sich mit der Geschichte und Kultur des Landkreises auseinandersetzen.

Besonders beeindruckt mich immer wieder das große ehrenamtliche Engagement, das mir im Rahmen meiner Arbeit begegnet. So setzen sich viele Bürgerinnen und Bürger intensiv mit der Heimatgeschichte ihres Ortes auseinander und machen ihre Erkenntnisse öffentlich. Das Wissen um die Geschichte der Region trägt dazu bei, die eigene Heimat näher kennenzulernen, und schafft ein Gefühl von Identität und Zugehörigkeit."

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