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Interview zum NLZ: FCA: So wichtig ist die Jugendarbeit im Klub

Interview zum NLZ

FCA: So wichtig ist die Jugendarbeit im Klub

Gerhard Wiedemann ist Aufsichtsratsmitglied beim FC Augsburg. Ihm liegt der Nachwuchs des Bundesligisten am Herzen.
Gerhard Wiedemann ist Aufsichtsratsmitglied beim FC Augsburg. Ihm liegt der Nachwuchs des Bundesligisten am Herzen. Foto: FC Augsburg

Herr Wiedemann, Anfang der 1990er-Jahre war der FC Augsburg schon einmal eine Top-Adresse in der nationalen Jugendarbeit, gekrönt mit der Deutschen Meisterschaft der A-Junioren 1993. Es folgten um die 2000er schwierigere Jahre. Seit Eröffnung des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) 2014 geht es für den Augsburger Unterbau aber wieder bergauf. Welchen Stellenwert hat die Nachwuchsarbeit im Verein?

Gerhard Wiedemann: Die Nachwuchsarbeit hat beim FCA als tragende Säule von langfristigem Erfolg einen sehr hohen Stellenwert. Die Hauptaufgabe eines NLZ ist es, Spieler für die eigene Lizenzmannschaft auszubilden. Dieses Ziel gilt natürlich auch für den FC Augsburg. Unser Präsident Klaus Hofmann hat dies in seiner Vision ausgedrückt: Er wünscht sich, dass eines Tages vier Spieler aus dem FCA-Nachwuchs in der Startaufstellung in der WWK ARENA stehen. Durch seine Spende hat erdie Initialzündung und den Startschuss gegeben für umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur. So wurden unter anderem durch das Funktionsgebäude oder die Athletikfläche optimale Trainingsbedingungen geschaffen, die eine sehr gute Grundlage für die Erfüllung der Vision sind. Mit dem neuen Internatsbau, der im Sommer abgeschlossen sein wird, erreichen wir nun den letzten großen Meilenstein, mit dem der FCA dann auf allen Ebenen auf Bundesliga-Niveau professionell aufgestellt ist. Auch Angebote wie der Fahrservice für Spieler aus der Region und eine gezielte und strukturierte Förderung der Talente tragen zu dem Ziel bei, noch mehr Jungs in die WWK ARENA zu bringen.

FCA-Nachwuchs: Schule und Leistungssport sollen optimal miteinander verbunden sein

Neben der sportlichen Entwicklung hat der FCA in der Betreuung des Nachwuchses auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Welches Konzept verfolgt man in der persönlichen und beruflichen Entwicklung der jungen Kicker? Und wie bereitet man die Jungs darauf vor, dass es nur die Allerwenigsten wirklich zum Profi schaffen werden?

Wiedemann: Unser Ausbildungskonzept stützt sich auf drei Säulen: Neben dem Sport sind das die Themen Schule und Persönlichkeitsentwicklung. So soll jeder Spieler den für ihn bestmöglichen Schulabschluss erlangen können. Dazu arbeitet der FCA mit mehreren Kooperationsschulen zusammen, damit die Talente Schule und Leistungssport optimal vereinbart werden können. Eine besondere Förderung ermöglichen die drei vom DFB zertifizierten Eliteschulen des Fußballs, von denen nicht nur FCA-Talente, sondern allgemein der Juniorenfußball in der Region profitiert. Zudem werden die Spieler in schulischen und alltäglichen Themen eng durch unsere pädagogischen Mitarbeiter betreut. Daneben sind bei jeder Mannschaft fest in die Saison soziale Aktionen eingeplant, um die Spieler über den Tellerrand hinausblicken zu lassen und die Augen für andere Dinge als Fußball zu öffnen. Da nur die wenigsten Nachwuchsspieler den Sprung zu den Profis schaffen, begleiten wir sie in der Berufsfindung. Durch Kooperationen mit der HWK und der IHK unterstützen wir auch bei der Suche und Wahl von Praktika und Ausbildungsplätzen. Sportlich profitieren natürlich auch die regionalen Amateurvereine, die gut ausgebildete Spieler erhalten, wenn der Sprung zu den Profis nicht geklappt hat.

Daran anschließend: Die Pandemie hinterlässt gerade bei jungen Menschen Spuren. Wie geht man mit diesem Thema um?

Wiedemann: Die Pandemie hat sich natürlich am NLZ wie überall bemerkbar gemacht. So wurden die Trainingspläne angepasst, noch mehr Wert auf schulische Unterstützung und Kommunikation gelegt. Insgesamt war und ist es nach wie vor wichtig, ein erhöhtes Bewusstsein für mentale Gesundheit zu schaffen und vermehrt auf die sportpsychologische Betreuung hinzuweisen. Gerade während der Pandemie ist der enge Austausch zwischen Trainern und Spielern enorm wichtig, damit eine bestmögliche Förderung auch in diesen herausfordernden Zeiten gewährleistet ist. Grundsätzlich ist ein möglichst normaler Trainingsbetrieb eine große Stütze für die Spieler: Für sie ist Fußball die Konstante in ihrem Leben. Und: Auf dem Platz existieren Masken, Abstandsregeln und all die Einschränkungen kurzzeitig nicht. Kurzum – die Jungs dürfen dort sorgenfrei dem nachgehen, was sie am liebsten tun.

Das Nachwuchsleistungszentrum des FC Augsburg befindet sich an der Donauwörther Straße im Stadtteil Oberhausen, so auch das zukünftige Internatsgebäude.
Das Nachwuchsleistungszentrum des FC Augsburg befindet sich an der Donauwörther Straße im Stadtteil Oberhausen, so auch das zukünftige Internatsgebäude. Foto: FC Augsburg

FC Augsburg: Sprung in den Profikader ist für den eigenen Nachwuchs möglich

NLZ-Cheftrainer Claus Schromm sprach in einem Interview davon, den „Kamin auf Durchzug zu stellen“, was die Durchlässigkeit vom Nachwuchs zu den Profis betrifft. Das dürfte Präsident Klaus Hofmann freuen. Mit Top-Talenten wie Dzenan Pejcinovic, Mert Kömür, Aaron Zehnter oder Davide Dell’Erba könnte seine Vision, deutlich mehr selbst ausgebildete Spieler in der Startformation zu haben, in einigen Jahren Wirklichkeit werden. Eigentlich gute Aussichten, oder?

Wiedemann: Ja, wir sind zuversichtlich und arbeiten weiter darauf hin, dass der Wunsch erfüllt wird. Das neue Internatsgebäude wird uns diesem Ziel sicherlich noch ein Stück näherbringen. Auch ein gutes Scouting schon im Grundlagenbereich ist ein wichtiger Faktor. Außerdem zeigen Beispiele wie Raphael Framberger, Marco Richter oder Kevin Danso, dass Nachwuchsspieler beim FCA den Sprung in den Profifußball schaffen können. Sie dienen jungen Fußballern als Vorbilder, dass ihr Traum beim FCA wahr werden kann.

Mit dem top ausgestatteten NLZ und dem in Kürze fertig werdenden Internatsgebäude schafft der Klub sehr gute Rahmenbedingungen für gute Spieler. Was sind zudem Faktoren, warum Top-Talente trotz regionaler Konkurrenz aus München, Nürnberg oder Fürth für den FCA gewonnen werden können?

Wiedemann: Aus sportlicher Perspektive kann der FCA sicher durch eine hohe Ausbildungsqualität, sehr gute Rahmenbedingungen und hohe Durchlässigkeit überzeugen. Dazu kommt die bereits erwähnte schulische Unterstützung und Förderung. Ganz im Sinne der FCA-Familie herrscht auch am Nachwuchsleistungszentrum eine persönliche und familiäre Atmosphäre, die einigen Talenten die Entscheidung für den FC Augsburg garantiert leichter macht. Es ist uns wichtig, dass sich unsere Spieler vom ersten Tag an sehr wohl fühlen und die Eltern ihre Kinder bei uns in guten Händen wissen.

Jugendarbeit beim FCA: Verbesserte Rahmenbedingungen sollen sich auszahlen

Einen Spieler für den Verein zu begeistern, ist das eine - ihn langfristig zu halten, das andere: Wie will man es schaffen, dass zukünftig Spieler wie Niklas Dorsch oder Arne Maier womöglich nicht zugekauft werden müssen, sondern aus dem eigenen Talentepool kommen.

Wiedemann: Für uns gilt es, unsere bereits gute Arbeit im Nachwuchsbereich kontinuierlich fortzusetzen und die verbesserten Rahmenbedingungen nun effektiv zu nutzen. Auch darf man nicht vergessen, dass es unter anderem mit Lukas Petkov, Maurice Malone, Benjamin Leneis und Jozo Stanic noch weitere Spieler gibt, die es aus dem eigenen Nachwuchs in den Profikader geschafft haben. All diese Talente sind derzeit an andere Profi-Klubs ausgeliehen, um dort wertvolle Spielpraxis zu sammeln.

Mit Kevin Danso und Marco Richter wurden zuletzt zwei Profis abgegeben, die aus dem eigenen Nachwuchs kamen. Wie wichtig ist es für den FC Augsburg, eigens ausgebildete Spieler später einmal zu finanziell attraktiven Konditionen weiterverkaufen zu können?

Wiedemann: Prinzipiell lautet unser Ziel, beim FCA ausgebildete Spieler in Augsburg zu behalten und sich zusammen mit ihnen weiterzuentwickeln. Der Verkauf ist demnach nicht unser Hauptziel, aber sicher auch ein Ausdruck unserer guten Arbeit. Wenn Sie Marco Richter und Kevin Danso ansprechen: Diese Spieler wollten sich verändern und weil es marktgerechte Angebote für sie gab, konnten wir eine Lösung finden, die allen gerecht wurde. Derartige Erlöse können natürlich nun wieder investiert werden.

Derzeit gehören mit Raphael Framberger und Tim Civeja lediglich zwei frühere FCA-Nachwuchskicker zum festen Profikader. Stichwort – mit Mut in die Zukunft: Wie realistisch ist es, dass trotz der aktuellen Abstiegsgefährdung der Profis in dieser Saison noch Nachwuchsleute eine Chance bekommen?

Wiedemann: Wenn unsere Talente weiter fokussiert und geduldig arbeiten, werden sie ihre Chancen bekommen. Das zeigt sich auch darin, dass einige NLZ-Akteure im Sommer-Trainingslager der Profis dabei waren, bei Testspielen Einsatzzeiten erhalten und regelmäßig am Training der Profis teilnehmen. Mit Dikeni Salifou und Dominic Schmidt standen außerdem kürzlich zwei Nachwuchsspieler auch schon im Kader bei Bundesliga-Spielen. Und mit Lasse Günther hat in dieser Saison bereits ein weiterer Spieler sein Bundesliga-Debüt im FCA-Trikot gefeiert, der ebenfalls auf eine Zeit im FCA-Nachwuchs zurückblickt. Es gibt im Nachwuchs aktuell zwölf Junioren-Nationalspieler mit Länderspieleinsätzen und weitere Top-Talente, die in den kommenden Jahren sicherlich ihre Chance suchen können. Das sind in meinen Augen gute Aussichten, sodass wir dem Wunsch von Klaus Hofmann Schritt für Schritt näherkommen.

Der Artikel erschien in unserer Sonderbeilage "Gute Aussichten - Mit Mut in die Zukunft". Hier finden Sie weitere Themen, unter anderem:

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