Die Sonne bricht sich zwischen den alten starken Stämmen, sie blendet und wärmt. Alles ist still – nur das Rascheln der Blätter ist zu hören und ab und an zwitschert ein Vogel. Die kühle frische Luft erfüllt die Lunge und die Seele wird ruhig. Vielen geht es so, wenn sie einen Spaziergang durch den Wald machen. Manche sind auf der Suche nach Ruhe, andere betätigen sich sportlich, für viele Kinder ist er täglicher Spiel- und Lernort – und für zahlreiche kleine und große Lebewesen ist er Heimat. So ist das auch im Stadtwald Augsburg.
Von solch einem unbeschwerten Blick auf den Wald können Jürgen Kircher, Daniel Kugler und Christian Ripperger nur träumen – denn diesen haben sie aufgegeben, als sie mit ihren Studien zum Förster begonnen hatten. „Der Blick hat sich völlig verändert. Einfach frei durch einen Wald gehen und nur die Natur genießen, geht kaum noch. Man sieht überall, was getan werden muss und hinterfragt kritisch Entscheidungen. So geht es mir auch in anderen Wäldern, die nicht mein Revier sind“, schmunzelt Daniel Kugler, der seit zwei Jahren für das nördliche Gebiet des Augsburger Stadtwalds zuständig ist. Bevor er in die Fuggerstadt zog, war der Baden-Württemberger als Förster in seiner Heimat beschäftigt.
Den südlichen Teil des Waldes betreut der gebürtige Haunstetter Christian Ripperger, der seit seinem Studium für die Augsburger Forstverwaltung arbeitet. „Im Februar 2016 habe ich das Revier übernommen, davor habe ich acht Jahre lang die Waldpädagogik geleitet und schon als Kind war ich immer im Wald unterwegs. Es ist mein Traumjob und ein wahres Glück als Haunstetter dort Förster sein zu dürfen.“ Auch Jürgen Kircher kennt den Wald wie seine Westentasche und war lange als Förster tätig. Seit 2017 führt er als Amtsleiter die Forstverwaltung mit Sitz in der Tattenbachstraße 15 in Haunstetten. In den Wald zieht es ihn, so oft es geht: „Gerade der Lechauwald, wie er auch genannt wird, ist speziell. Es gibt wenig Wälder, die so von Menschen beeinflusst sind. Da Augsburg so alt ist, haben bereits unsere Vorfahren den Wald für Wasser und Holz genutzt. Heute müssen wir unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht werden, was wohl auch den BDF beeindruckt hat.“
Der Augsburger Stadtwald wurde vom Bund Deutscher Forstleute (BDF) als Waldgebiet des Jahres 2024 ausgewählt. Auserkoren hat der BDF das Gebiet aufgrund seiner Vielfalt der Ökosystemleistungen. Konkret bedeutet das, dass der Wald verschiedensten Ansprüchen gerecht werden muss. Inmitten des Stadtgebiets wird der Stadtwald als Erholungsgebiet von den Bürgerinnen und Bürgern regelmäßig besucht. Rund drei Millionen Besucherkontakte zählte man vor der Coronapandemie. Zudem ist er als eines der ältesten und artenreichsten Naturschutzgebiete in Bayern Lebensraum für zahlreiche seltene Pflanzen und Tiere. Hinzukommt, dass der Augsburger Stadtwald als Trinkwasserschutzgebiet gilt. „Allein durch die Wasservorkommnisse werden rund 350.000 Menschen versorgt. Es ist eines der reinsten Trinkwasser in Europa und wird oberflächennah aus dem Stadtwald gewonnen“, sagt Kircher.
Ich arbeite im Revier Siebenbrunn und schätze die Abwechslung in meinem Job. Dass unsere Arbeit ausgezeichnet wird, macht mich stolz!Helmut Preisler, Forstwirt
Um all den Ansprüchen gerecht zu werden, bedarf es einer genauen Planung. „Unsere Arbeiten unterstehen einem Forstwirtschaftsplan. Alle zehn Jahre wird gemessen und errechnet, wie sich der Wald entwickelt. Dabei schaut man, wie das Wachstum verläuft und wie viel genutzt werden kann. So wissen wir, was wir pflanzen und pflegen müssen, um eine Übernutzung zu vermeiden“, sagt Ripperger. Laut dem Bayerischen Waldgesetz ist auch der Augsburger Stadtwald zu einer vorbildlichen Kommunalwaldbewirtschaftung verpflichtet.
Damit alles seinen richtigen Weg geht, arbeiten die Förster gemeinsam mit ihren je drei Forstwirten täglich daran, dass der Lechauwald sich im vorgegebenen Maße entwickelt. Doch warum kann man den Wald nicht einfach machen lassen? Darauf weiß Kircher die Antwort: „Würde man alles wild wachsen lassen, würde alles gleichschichtig hochwachsen. Gleichförmigkeit bedeutet aber auch Anfälligkeit für Schädlinge. Nur durch Vielfältigkeit bekommen wir Stabilität und das steuern die Revierleiter.“
Im Wald selbst machen sich die Arbeiten unterschiedlich bemerkbar. Mal müssen Bäume ersetzt werden, wie beispielsweise am Bach an der Königsbrunner Fretzaubrücke. Hier wurden im Rahmen des Projekts LIFE Stadt-Wald-Bäche standortuntypische Baumarten gefällt und typische Auwaldbaumarten neu gepflanzt. Mittel- und langfristig entwickeln sich so wertvolle Waldbestände und Lebensräume, die stabiler gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels sind. Dass dies funktioniert, zeigt auch das Projekt, bei dem im Augsburger Stadtwald bewusst Schneeheidekieferwälder gefördert werden: „Diese Gebiete zeichnen sich durch ihre lichte Fläche aus. Durch Dr. Eberhard Pfeuffer sind wir darauf aufmerksam geworden, dass der seltene Gelbringfalter diesen Standort bevorzugt. Er kommt nur vereinzelt in Europa vor und hier nur in unserem Gebiet. Das wollen wir fördern“, erklärt Kugler.
In ihrer täglichen Arbeit müssen die Förster und Forstwirte immer mehr Extremereignissen trotzen. Hagel, Hitze, Überschwemmungen, aber auch Schädlinge wie der Borkenkäfer machen den Alltag unberechenbar und kommen zu jahreszeitabhängigen Arbeiten wie Pflanzen, Pflege der Kulturen und Verkehrssicherung noch hinzu. Dennoch ist es eine Arbeit, die von den Förstern und dem Amtsleiter geschätzt wird. „Für diesen Beruf braucht man Passion. Ich bin stolz auf meine Mitarbeiter und freue mich, dass wir der Bevölkerung in diesem Jahr unser Waldgebiet näher bringen können und die harte Arbeit geschätzt wird“, freut sich Kircher.
Aktionen und Infos zum Waldgebiet des Jahres.
Dieser Artikel stammt aus unserer Sonderbeilage "Heimat mit Herz".
Es ist schön, dass unser Beruf und die Arbeit, die dahinter steckt, heuer Aufmerksamkeit bekommt. Schließlich ist der Wald ein Generationenprojekt.Alois Martin Auer, Forstwirt