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Arbeiten trotz Rente: Diese Drei halten auch im Ruhestand nicht still

Arbeiten trotz Rente

Diese Drei halten auch im Ruhestand nicht still

Ruhestand? Nicht mit diesen Rentnern!
Ruhestand? Nicht mit diesen Rentnern! Foto: Sylvia Ehrenreich, privat, Tobias Schertler

Der Ruhestand ist eigentlich befreiend: Endlich nicht mehr arbeiten! Stattdessen ganz viel reisen, Zeit mit der Familie und den Enkelkindern verbringen, besonders dicke Romane lesen, knifflige Sudokus und Kreuzworträtsel für Gewinnspiele lösen oder sich mit alten Freunden einfach mal nachmittags zum Kaffee verabreden – das ist ein Traum vieler. Aber nicht aller. Heutzutage gehen fast doppelt so viele Rentner arbeiten als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Und die Zahl steigt immer weiter. Jeder Fünfte im Ruhestand Erwerbstätige ist sogar sozialversicherungspflichtig beschäftigt – übt also mehr als einen Minijob aus.

Arbeiten in der Rente: zwischen Geld und Leidenschaft

Die Gründe der Senioren sind ganz unterschiedlich: Manche brauchen den zusätzlichen Verdienst, andere haben einfach so viel Spaß an ihrer Arbeit, dass sie den Job nicht aufgeben wollen. Auch in unserer Region gibt es sie:

Christian Kniess führt eine Eisenwarenhandlung in Friedberg

  • Alter: 87 Jahre
  • Beruf: Kaufmann in der Friedberger Eisenwarenhandlung Christian Kniess
Christian Kniess führt seit 64 Jahren das Eisenwarengeschäft seines Vaters weiter.
Christian Kniess führt seit 64 Jahren das Eisenwarengeschäft seines Vaters weiter. Foto: Sylvia Ehrenreich

Werdegang: Mein Vater hat im März 1946, also vor 75 Jahren, am Marienplatz in Friedberg eine Eisenwarenhandlung gegründet. Damals war ich immer vormittags in der Schule und nachmittags dann im Geschäft. Mein Vater verstarb 1958. Ich musste mit 24 Jahren das Geschäft übernehmen, das sich nach mehreren Umzügen seit 2000 auf einem neuen Grundstück im Gewerbegebiet befindet. Mittlerweile ist auch mein Sohn miteingestiegen.

Warum arbeiten Sie im Ruhestand weiter? Ich war von Bub an und als Schüler schon gerne nachmittags im Geschäft. Ich hatte nie ein anderes Hobby. Wenn ich heute in den Ruhestand gehe, habe ich nichts zu tun und langweile mich. Gott sei Dank werde ich auch noch gebraucht. Jeden Tag in der Früh um spätestens 5 Uhr fange ich an, bin mittags eine halbe bis Dreiviertelstunde daheim beim Essen, sonst bis abends im Geschäft. Dort erledige ich die Abrechnungen, verteile Aufträge und nehme Kundenbestellungen an. Viele Kunden kenne und schätze ich seit über 60 Jahren.

Mario Schöniger ist Arzt in Nordendorf

  • Alter: 73 Jahre
  • Beruf: Ich bin seit 1981 in einer eigenen Einzelpraxis als „Landarzt“, „Hausarzt“ oder – von mir bevorzugt – „family doctor“ in Nordendorf.
Mario Schöniger ist Arzt aus Leidenschaft und das trotz dem Ruhestand.
Mario Schöniger ist Arzt aus Leidenschaft und das trotz dem Ruhestand. Foto: privat

Werdegang: Ich wollte Schauspieler, Sänger, Musiker oder Clown werden. In der Oberstufe erwachte dann meine naturwissenschaftliche Neugier mit Interesse an der Zoologie. Den Berufswunsch „Tierarzt“ hatte ich bis zum Abitur. Durch die Erkrankung meiner Großmutter wollte ich aber Menschen zur Seite stehen. 1967 habe ich das Studium „Tiermedizin“ begonnen, da ich am Numerus clausus scheiterte. Nach einer Zeit bei der Bundeswehr wurde ich zwei Jahre später zum Medizinstudium an der LMU München zugelassen. Eine Doktorarbeit war mir zu theoretisch, wissenschaftlich und nicht praxisrelevant. Im war 18 Monate Medizinalassistent in verschiedenen Abteilungen in Krankenhäusern. 1976 erhielt ich meine Approbation als Arzt. Weil ich Allgemeinarzt werden wollte, war ich zunächst in München, wo ich eine Praxis hätte übernehmen können. Aber ich wollte Landarzt werden. Daher ging ich in ländliche Regionen wie nach Aichach und Mering. Wenige Jahre später hatte ich einen neu geschaffenen Kassenarzt-Sitz in Nordendorf in Aussicht. Im Dezember 1980 bekam ich meine Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin und eröffnete zum Jahresbeginn eine große Praxis. Meine Praxisstruktur habe ich dann immer wieder etwas variiert: Ich machte eine Ausbildung in Chirotherapie, Akupunktur und Qi Gong, eine Weiterbildung in Phlebologie, schließlich noch eine Ausbildung zum Diabetologen und eine Weiterbildung in Palliativmedizin.

Warum arbeiten Sie im Ruhestand weiter? Eigentlich arbeite ich nicht, sondern ich bin „beruf(ungs)stätig“. Durch den ständigen Wandel meiner Aufgaben ist es eine spannende, faszinierende Tätigkeit für mich – ganz abgesehen von dem Abenteuer und den Entdeckungen, die die Medizin bereithält. Daraus erwächst eine Begeisterung, meine Patienten zu motivieren, mit über 50 Jahren Berufserfahrung zu diagnostizieren, behandeln und zu überzeugen.

Wolfgang Sailer macht ein Seniorenstudium an der Universität Augsburg

  • Alter: 66 Jahre
  • Beruf: Student an der Universität Augsburg
Wolfgang Sailer ist Seniorenstudent an der Universität Augsburg.
Wolfgang Sailer ist Seniorenstudent an der Universität Augsburg. Foto: Tobias Schertler

Werdegang: Von Beruf war ich Förster und habe an der LMU München von 1975 bis 1980 Forstwissenschaften studiert. Mein Werdegang war von verschiedenen Positionen an unterschiedlichen Orten geprägt. Ein Schwerpunkt waren Führungspositionen im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, verbunden mit Aufgaben als bayerischer und deutscher Ländervertreter im Forstbereich auf Bundes- und EU-Ebene. Mit dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bin ich im Mai vergangenen Jahres in den Ruhestand versetzt worden. Seit Oktober bin ich als Student an der Universität Augsburg eingeschrieben und studiere Philosophie (B.A.) mit dem Nebenfach Jura.

Warum studieren Sie im Ruhestand noch einmal? Ruhestand bedeutet für mich, dass ich mich zwar zwangsweise von meiner langjährig ausgeübten beruflichen Tätigkeit verabschiedet habe, aber deswegen mich noch lange nicht wirklich „zur Ruhe“ setzen möchte. Ein erneutes Studium schien mir daher eine passende Gelegenheit, um meine persönlichen Interessen und Neigungen zu vertiefen. Außerdem verspreche ich mir durch das Studium, weiterhin geistig fit zu bleiben und auf diese Weise auch andere (vor allem jüngere) Menschen kennenzulernen. Vielleicht zum Schmunzeln und zum Abschluss noch ein für mich genüsslicher Effekt eines in Pension befindlichen Studenten: Wenn es an Kassen von Museen oder öffentlichen Einrichtungen für den Eintritt Preisermäßigungen gibt, kann ich mir immer aussuchen, ob ich einen als Rentner oder als Student in Anspruch nehme. Interessant ist der Gesichtsausdruck der Person hinter der Kasse auf jeden Fall, wenn ich meinen Studentenausweis vorzeige.

Weitere Artikel aus der Verlagsbeilage "Unsere Region, unsere Heimat" gibt es hier.

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