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Schweinegrippe: Alles nur Panik?

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Schweinegrippe: Alles nur Panik?

Schweinegrippe: Alles nur Panik?
Schweinegrippe: Alles nur Panik?

Die Arbeitsgemeinschaft Influenza des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin registrierte in ihrem aktuellen Wochenbericht bundesweit nur 43 neue Fälle der Neuen Influenza. Ganz anders im November: Damals wurden in einer Woche über 45 000 Neuinfektionen gemeldet. Von einer Entwarnung will das RKI dennoch nicht sprechen. "Die weitere Entwicklung der Grippeaktivität kann nicht vorausgesehen werden", erklärte Sprecherin Susanne Glasmacher. "Frühere Influenzapandemien sind oft in mehreren Wellen aufgetreten."

Bislang wurden dem RKI rund 226 000 Schweinegrippe-Fälle gemeldet. Darunter waren 243 Todesfälle. Im Gegensatz zur normalen Grippe waren die meisten der Opfer (79 Prozent) jünger als 60 Jahre. Die deutliche Mehrheit, über 80 Prozent, hatte Vorerkrankungen.

Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum mussten wegen einer starken Grippe allein rund 18 700 Menschen ins Krankenhaus. Wie viele genau an Grippe erkrankten, wurde nicht erfasst. Registriert wurde jedoch, dass etwa 4,2 Millionen Erwachsene und Kinder mehr als sonst üblich zu einem Arzt gingen. Auch die Todeszahlen sind wesentlich höher, allerdings beruhen sie auf Schätzungen, und sie schwanken stark: 0 bis 80 Grippetote wurden laut RKI im Jahr 2000/2001 geschätzt, 12 000 bis 15 000 im Winter 2004/2005.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat in 213 Ländern 16 455 Todesfälle registriert. Das Virus zirkuliere noch auf niedrigem Niveau insbesondere in Teilen Südostasiens sowie Ost- und Südosteuropas.

Die WHO hatte im Juni die höchste Pandemie-Alarmstufe 6 ausgerufen. Diese sagt jedoch nichts über die Gefährlichkeit der Viren aus, sondern nur über die Verbreitung. Auch die EU-Kommission und viele Experten hatten damals darauf hingewiesen, dass die Alarmstufe nur wegen der Ausbreitung des Virus erhöht worden sei.

Den Vorwurf, die Gefahr der Schweingrippe zugunsten von Pharmakonzernen hochgespielt zu haben, weist die WHO deutlich zurück. "Die WHO wurde nicht von der Pharmaindustrie unter Druck gesetzt", betonte der stellvertretende Generaldirektor der UN-Sonderorganisation, Keiji Fukada, vor wenigen Wochen ausdrücklich.

Von "Panikmache" will auch das RKI nichts hören. Das RKI habe sachlich über das Geschehen informiert, sagte Sprecherin Glasmacher. "Es ist wichtig, die Unterschiede zu einer saisonalen Influenza zu sehen." Denn bei der jährlichen Grippewelle kenne man die zirkulierenden Viren gut, der Impfstoff werde jährlich angepasst und stehe rechtzeitig vor Beginn der Welle zur Verfügung. "Nun handelt es sich um ein neues Influenzavirus, dessen weitere Entwicklung noch nicht absehbar ist", sagte Glasmacher.

Zu Beginn der Welle habe daher kein Impfstoff zur Verfügung gestanden. Außerdem seien anders als bei einer saisonalen Welle schwere Verläufe und Todesfälle vor allem bei jüngeren Menschen aufgetreten. Hinzu komme, dass in der Bevölkerung keine oder nur eine beschränkte Immunität existiere. Bei der saisonalen Grippe hingegen gebe es in der Bevölkerung einen gewissen Immunschutz, da in den Jahren zuvor ähnliche Viren zirkuliert seien.

Nachdem abzusehen war, dass die Schweinegrippe-Saison milder als erwartet verlief, verzichteten viele Menschen auf eine Immunisierung. Hinzu kam eine Diskussion um Impfstoffverstärker. Die Länder könnte das teuer zu stehen kommen, denn sie müssen vertragsgemäß 34 Millionen Dosen kaufen. Nach jüngsten Zahlen aus dem Gesundheitsministerium von Niedersachsen wurden in Deutschland weit weniger als 8 Millionen Menschen geimpft. Eine Dosis des Serums kostet rund acht Euro. Und die Krankenkassen zahlen diese Summe nur, wenn das Serum gespritzt wird. Daher wird versucht, den Impfstoff an andere Staaten zu verkaufen.

Noch hat sich das Virus nicht ganz verzogen. In der EU ist es laut EU-Seuchenbehörde ECDC insbesondere in Griechenland noch aktiv. Nach Ansicht von Experten wie Prof. Alexander Kekulé von der Universität Halle-Wittenberg kann das Virus im Herbst nochmal aufflackern, bleibe voraussichtlich jedoch ungefährlich.

Die Schweinegrippe sei auch überschätzt worden, weil die Pandemiepläne der Staaten und der WHO nur die Verbreitung neuer Viren betrachten und nicht die Gefährlichkeit. Das müsse geändert werden, forderte Kekulé. "Die strikte Orientierung an den Phasen der WHO ist nicht optimal, weil (die höchste) Phase 6 nicht zugleich eine globale Katastrophe bedeutet, wie viele glaubten."

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