Manch einer hat noch mit über 50 volles Haar, bei manch anderem lichtet es sich schon mit Anfang 20 merklich. Der Haarwuchs auf dem Männerkopf hängt vor allem von der Veranlagung ab. "Entscheidend ist der genetische Code", sagt Uwe Schwichtenberg, Facharzt für Dermatologie und Allergologie aus Bremen.
Wenn sich eine kahle Stelle am Hinterkopf bildet oder das Haar rund um die Stirn immer dünner wird und sich Geheimratsecken offenbaren, spricht man von anlagebedingtem Haarausfall, so Schwichtenberg. Wer wann, wie stark und an welchen Stellen betroffen sein wird, lasse sich medizinisch nicht vorhersehen.
Blick in die Ahnengalerie
Einen Hinweis kann der Blick auf die Vorfahren geben: Wie sah es bei Vater und Großvater aus? Vor allem dem Großvater mütterlicherseits wird eine große Rolle bei der Vererbung des anlagebedingten Haarausfalls zugeschrieben.
"Je eindeutiger das Bild ist, desto eindeutiger kann ich darauf schließen, was auf mich zukommt", ordnet Schwichtenberg ein. Wobei man nicht zwangsläufig in Verzweiflung stürzen muss, wenn nur kahle Köpfe die Ahnengalerie zieren.
"Die Gene kombinieren sich und es kommt nicht immer zur Ausprägung dieser Anlage", erklärt Andreas Finner, Facharzt für Dermatologie und Haarchirurg aus Berlin.
Früherkennung kann Hinweise liefern
Aber wenn man sich aufgrund der familiären Vorgeschichte Sorgen macht, empfiehlt sich aus Sicht von Finner eine Früherkennung in der Haarsprechstunde. Dort werden die Haare ganz genau untersucht - dabei lassen sich auch frühe Hinweise auf Haarausfall erkennen.
Im Spiegel ist das oft noch nicht zu sehen. Sobald deutlicher Haarausfall mit dem bloßen Auge zu erkennen ist, hat sich unbemerkt schon viel getan. "In dieser Situation ist die Behandlung natürlich schwieriger", sagt Finner. "Je früher man es erkennt, umso besser." Mit Medikamenten lässt sich womöglich gegensteuern - und es gibt noch weitere Optionen (siehe Info-Kasten).
Psychische Belastung nicht unterschätzen
Bei manchen Männern beginnt der Haarausfall bereits vor dem zwanzigsten Lebensjahr, bei anderen erst später, manche bleiben ganz verschont. "Die Häufigkeit lässt sich schwer bestimmen", sagt Finner. Man schätzt, führt er aus, dass mit 25 Jahren ungefähr jeder Vierte sichtbaren Haarausfall hat, mit 50 Jahren sind es mehr als die Hälfte. Wobei das natürlich auch davon abhängt, was man als sichtbaren Haarverlust definiert.
Ganz unabhängig davon geht jeder Betroffene anderes damit um. Während der eine es locker nimmt, leidet der andere massiv - unterschätzen sollte man den Einfluss des Haarausfalls auf die Psyche nicht.
"Viele Männer, besonders in jungen Jahren, belastet der Haarausfall sehr, aber sie reden oft nicht darüber", sagt Finner. Teils könnten die Partnerinnen oder Freunde das Problem nicht nachvollziehen und verharmlosen es stattdessen.
Finner rät dazu, die emotionale Belastung durch den Haarverlust bei Männern ernst zu nehmen. "Einige meiner Patienten leiden noch Jahre später unter einem Kommentar, der in einem lustigen Ton über ihre zunehmende Glatze gemacht wird."
Verlorene Haare kommen nicht zurück
Ein wichtiger Punkt, den Männer beachten sollten, die mit Medikamenten gegensteuern wollen: "Man kann mit der Therapie nur erhalten, was noch da ist", sagt Uwe Schwichtenberg. Das heißt: "Verloren gegangene Haare bekommt man dadurch nicht zurück."
Dennoch, wenn man sich dafür entscheidet, es einmal auszuprobieren, sollte man möglichst früh beginnen - und dann dabei bleiben, wenn die Medikamente wie erhofft anschlagen. Denn man muss damit rechnen, dass der Haarausfall nach dem Absetzen dieser Mittel wieder in großem Maß einsetzt. Schwichtenberg schätzt, dass es danach ungefähr ein Jahr dauert, bis es auf dem Männerkopf so aussieht, wie es auch ohne jegliche Therapie ausgesehen hätte. (tmn)