Die deutsche Nationalmannschaft hat sich selbst mit kapitalen Abwehrfehlern schon früh während der Weltmeisterschaft unter Zugzwang gesetzt. Das Team von Bundestrainer Hansi Flick verlor ihr erstes Gruppenspiel gegen Japan trotz teilweise drückender Überlegenheit mit 1:2. In der ersten Halbzeit hatte Ilkay Gündogan die Deutschen mit einem verwandelten Foulelfmeter noch in Führung gebracht (33.). Doch der für Freiburg in der Bundesliga spielende Ritsu Doan (76.) und der für Bochum spielende Takuma Asano (83.) drehten die Partie in der zweiten Halbzeit. Somit stehen die Deutschen bereits vor dem zweiten Spiel gegen Spanien extrem unter Druck. Es ist eine vergleichbare Situation wie schon 2018 in Russland, als man das erste Gruppenspiel gegen Mexiko verlor – und schließlich in der Vorrunde ausschied.
Im Vergleich zum Aus von vor vier Jahren zeigte die deutsche Mannschaft diesmal allerdings zumindest über 70 Minuten eine gute Leistung. Das Team hatte sich offensichtlich nicht von den Diskussionen um Symbolik und Werte aus der Ruhe bringen lassen. Im Gegenteil: Sie befeuerte die Debatte ihrerseits mit einem Zeichen.
Vor Spielbeginn zeigte die DFB-Elf eine Geste statt einer Binde
So wie es noch keine politischere Weltmeisterschaft als jene in Katar gab, so wird das Turnier im Emirat auch als jenes mit den meisten Symbolen in die Geschichte eingehen. Nachdem die Fifa dem deutschen Verband mit Sanktionen gedroht hatte, falls Kapitän Manuel Neuer mit der "One-Love"-Binde auflaufen sollte, verzichtete man auf das Symbol – verwies aber darauf, weiter zu Werten wie Diversität zu stehen. Um ihre Meinung zu unterstreichen, hielten sich die Spieler beim offiziellen Mannschaftsbild vor der Partie gegen Japan allesamt die Hand vor den Mund. Letztlich fand die verbotene Binde dann doch noch den Weg ins Khalifa International Stadium. Und weil sie sich um Oberarm der deutschen Innenministerin Nancy Faeser formte, kam auch kein Fifa-Delegierter auf die Idee einzuschreiten.
Während des Spiel schien der Fokus aber nach anfängliche Unsicherheiten zu stimmen. Die deutsche Mannschaft drückte die japanische Auswahl mit fortschreitender Zeit immer weiter in deren Hälfte. Ein Foul von Keeper Shuichi Gonda an David Raum führte schließlich zum Elfmeter, den Gündogan sicher verwandelte. Er hatte de Vorzug gegenüber Leon Goretzka erhalten, der vorerst auf der Bank hatte Platz nehmen müssen. In der Viererkette wurde dagegen der Charme von 2014 beschworen, als man in Rio mit drei Innenverteidigern wurde. Gegen Japan standen nun Nico Schlotterbeck, Antonio Rüdiger und Niklas Süle in einer von Linksverteidiger Raum verstärkten Kette.
Lange Zeit wirkte die derart zusammengestellte Mannschaft ihrem Gegner weitgehend überlegen. Am Ende der zweiten Halbzeit und vor allem zu Beginn der zweiten Halbzeit ergaben sich dem Team etliche Chancen, das Ergebnis beruhigender ausfallen zu lassen. Doch entweder verfehlte man das Tor oder Torwart Gonda parierte.
So kam es, dass die unterlegenen Japaner nach 70 Minuten immer noch die Chance hatten, mit einem Tor ins Spiel zurück zu kommen – und sie griffen beherzt zu. Doan drückte einen Ball über die Linie, nachdem Manuel Neuer einer Flanke abgewehrt hatte. Sieben Minuten später ließ sich Schlotterbeck von Asano überrumpeln, der ihm nach einem Freistoß aus der japanischen Hälfte entwischte – dazu hatte Süle auch noch eine Abseitsstellung aufgeboben. Asano schob gekonnt ins kurze Eck ein. Es folgten noch einige Halbchancen der deutschen Mannschaft, am Ende aber steht eine Niederlage. Eine, die es wahrscheinlich macht, dass man sich in rund einer Woche in Doha nicht mehr wird mit Symbolen und Zeichen beschäftigen müssen.
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.