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WM 2014: Deutscher Standard

WM 2014

Deutscher Standard

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    Freistoß Kroos, Tor Müller: Auch gegen Brasilien klappte es mit den Standards.
    Freistoß Kroos, Tor Müller: Auch gegen Brasilien klappte es mit den Standards. Foto: Marcus Brandt (dpa)

    Wer den Begriff in die Welt gesetzt hat, lässt sich nicht mehr sicher sagen. Vermutungen, er stamme aus der DDR, sei dort in den 70er Jahren erstmals aufgetaucht und später über die Mauer in den Westen gelangt, sind nahe liegend. Wer die Jahresendfigur als Synonym für den Weihnachtsengel erfunden hat, für den ist es nicht mehr weit zur Standardsituation. Jenem Oberbegriff für Eckball, Freistoß, Strafstoß, eben alles, was im Fußball standardisiert ist.

    Standards sind ein mächtiger Trumpf

    Inzwischen kommt keiner, der am Stammtisch als Experte gelten will, mehr ohne den regelmäßigen Gebrauch der „Standards“ aus. Standard – klingt vorhersehbar und gewöhnlich, was Eckbälle und Freistöße tatsächlich auch sind. Andererseits sind sie die Rettung, wenn im freien Spiel nichts mehr passiert, wenn eine Begegnung chancenlos einem 0:0 entgegentreibt.

    Früher, als das freie Spiel über Sieg und Niederlage entschied, galten Standards als eine Art Zugabe, die eine Mannschaft dem Erfolg möglicherweise näher brachte, vielleicht aber auch nicht. Inzwischen sind sie ein mächtiger Trumpf, mit dem jeder Trainer plant.

    Schon nach dem ersten WM-Drittel waren von 49 Toren 16 das Ergebnis von Eckbällen, Freistößen oder Elfmetern – knapp 33 Prozent. Zum Vergleich: Vor vier Jahren in Südafrika waren es insgesamt lediglich 25,5 Prozent gewesen (37 von 145 Treffern).

    Deutschland hat die größte Ausbeute nach Standards

    Besonders gefürchtet ist der deutsche Standard. Von den bislang 17 Treffern, der mit Abstand größten Ausbeute aller Teams, fiel ein Drittel nach Standards. Sechs Tore nach Freistöße oder Eckbällen – auch das ist eine Rekordausbeute.

    Sie ist das Ergebnis intensiven Übens und einer Idealbesetzung, wie sie nur wenige Mannschaften besitzen. Dazu gehört ein Vorbereiter, der an guten Tagen eine Fliege vom Querbalken schießen könnte, der Freistöße und Eckbälle mit der Präzision eines Lasers auf die Häupter und Füße seiner Teamkollegen verteilt. Deutschland hat diesen Spieler: Toni Kroos. Andererseits, sagt Miroslav Klose, „muss man auch sehen, welche Spieler man vorne hat“.

    Was heißt: Es würden auch die besten Kroos-Bälle nichts nützen, wären die Abnehmer kopfballschwach und ungeschickt. Sind sie aber nicht. Im Gegenteil: Sie fühlen sich in fremden Lufträumen wohl und wenn Kroos einmal flach serviert, haben sie eben die Fußspitze am Ball.

    Das war lange anders, was dem Bundestrainer viel Kritik eingetragen hat. Er würde den Standards zu wenig Bedeutung beimessen, sie zu selten trainieren lassen. Die deutsche Torausbeute nach Eckbällen und Freistößen tendierte gegen null. Deutsche Standards galten noch kurz vor der WM als harmlos, bis sie der Bundestrainer dann doch als „ein wichtiges Thema“ ins Zentrum seiner WM-Vorbereitungen platziert hat. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

    Nach allem, was man über Deutschland und Argentinien weiß, ist nicht auszuschließen, dass Standards auch das WM-Finale entscheiden. Wenn nicht nach 120 Minuten, dann im Elfmeterschießen, der Königsform des Standards.

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