Von Schanzen gesprungen sind wagemutige Frauen schon vor über einhundert Jahren. Eine Erzählung besagt, dass sich Gräfin Paula von Lamberg in Kitzbühel schon 1911 hinunter gewagt hat. Mit wehendem Kleid. Es sei der erste offizielle Sprung einer Frau gewesen. Auf 22 Meter. Seitdem hat sich freilich einiges getan. Höher, schneller, weiter. Diese Entwicklung hat auch vor dem Frauen-Skispringen nicht halt gemacht. „Das Frauen-Skispringen hat in den vergangenen Jahren Fahrt aufgenommen. Natürlich nutzen die Mädels auch die öffentliche Plattform, um zu sagen, was noch fehlt“, meint Frauen-Bundestrainer Andreas Bauer. Am Mittwochabend dürfen sie in Oberstdorf erstmals bei einer Nordischen Ski-WM ihre Königin auf der Großschanze ermitteln. Der Weg bis dorthin war allerdings steinig und lang.
Ski-WM: Skispringerinnen fordern Gleichberechtigung
Die Skispringerinnen hatten in den vergangenen Jahren immer wieder nächste Schritte hin zur Gleichberechtigung in ihrem Sport eingefordert. Im März 2018 zum Beispiel setzten sich die deutschen Sportlerinnen am Rande des Weltcups in Oberstdorf zusammen mit der Österreicherin Daniela Iraschko-Stolz und Olympiasiegerin Maren Lundby aus Norwegen für die Premiere eines Team-Wettbewerbs bei der WM 2019 in Seefeld ein. Sogar Spruchbänder hatten sie damals im Stadion ausgerollt. Letztlich mit Erfolg. Bei den Titelkämpfen vor zwei Jahren in Tirol war der Team-Wettbewerb erstmals im Programm. Manchmal sind es eben die kleinen Sprünge, die man feiern muss. Wenn man merkt, dass etwas vorwärts geht.
Doch die Entwicklung lief weiterhin schleppend. Ein Weltcup der Frauen ist freilich längst etabliert, seit 2009 gibt es eigene WM-Wettbewerbe, 2014 feierten die Sportlerinnen in Sotschi ihre Olympia-Premiere. Vor allem die Norwegerinnen forcierten den Wunsch nach einer WM-Entscheidung von der Großschanze. Team–Leaderin Lundby ließ in der Vergangenheit kaum eine Möglichkeit aus, dieser Forderung in Interviews mit Medienvertretern aus aller Welt Nachdruck zu verleihen. Unterstützung bekam sie dabei auch von Deutschlands Bundestrainer Bauer. Die jungen Frauen, meint er, würden die Großschanzen inzwischen sehr gut beherrschen. „Die gesamte Saison über sind ja auch genügend große Schanzen im Programm. Daher ist es nur eine logische Konsequenz, dass sie auch ins WM-Programm aufgenommen wurden“, meint er.
Skispringerinnen sind schon lange bereit für die Großschanze
Geht es nach den Sportlerinnen, hätte es gar nicht so lange gebraucht. „Eigentlich sind wir schon lange bereit für die Großschanze“, sagt beispielsweise die Oberstdorferin Katharina Althaus. Die Unterschiede zwischen den Nationen waren allerdings in den vergangenen Jahren noch zu groß. Deutschland, Österreich, die Japanerinnen und die Norwegerinnen, vereinzelt Springerinnen aus Slowenien – sie dominierten das Geschehen. Dahinter kam lange nichts. Das habe sich aber inzwischen geändert, betont Althaus.
Bei der WM in Oberstdorf herrscht nun mit je drei Wettbewerben erstmals Schanzengleichheit zwischen Frauen und Männern. Kontroverse Debatten über den Anschluss der Frauen gibt es in aller Regel meist, wenn die Vierschanzentournee der Männer ansteht. Die Organisatoren betonen zwar seit Jahren ihr Vorhaben, das Event für Frauen zu öffnen. Das scheitert aber bislang an der Logistik, die Corona-Krise tat im Sommer 2020 ihr Übriges. Der Wunsch nach Gleichberechtigung ist demnach noch nicht gänzlich erfüllt worden. Bauer schlug vor nicht allzu langer Zeit vor, den nächsten Schritt zu machen: Weltcups der Frauen und Männer zur selben Zeit an denselben Orten auszutragen. Wie beim Biathlon.
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