Männer in weißen Schutzanzügen begrüßen die Gäste. Schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug wartet das Personal. Temperatur wird gemessen, später werden die nötigen Einreisedokumente überprüft. Passt alles, geht es in eine der acht Kabinen, in denen die PCR-Tests durchgeführt werden. Das Ergebnis folgt in sechs bis acht Stunden, bis dahin heißt es warten im Hotelzimmer. Ist das Ergebnis negativ, ist alles gut. Ist es positiv, warten Quarantäne und weitere Maßnahmen. Das wollen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei den Olympischen Spielen verhindern. Vor allem die Sportler.
Nicht unbedingt die Gegner, nicht die eigene Form, auch nicht die beste Taktik beschäftigen sie so kurz vor dem Start der Olympischen Spiele. Nein, in Corona-Zeiten treibt alle Athleten, die gerade oder in wenigen Tagen nach Peking aufbrechen, lediglich eine Sorge um: Jetzt sich bloß um Himmels willen nicht mit dem Virus anstecken. Denn dann sind die Spiele für einen selbst beendet, bevor sie am 4. Februar mit der Eröffnungsfeier im Pekinger Vogelnest beginnen.
Sorge vor einer Corona-Infektion: Bobpilot Francesco Friedrich meldet Söhne aus der Kita ab
Die Sorge vor der stark ansteckenden Omikron-Variante treibt seltsame Blüten. So ist offensichtlich Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher zu Hause im Schwarzwald in den Keller gezogen, um keinen Kontakt mehr mit der Familie zu haben. Skispringer Karl Geiger sieht seine Frau Franziska und die einjährige Tochter Luisa nur noch aus der Ferne. Und Erik Lesser lässt einkaufen. Den letzten Weltcup in Antholz hat der Biathlet bewusst ausgelassen, um seine Kontakte auf das Nötigste zu beschränken. „Zu Hause fühle ich mich relativ sicher. Wir sind alle 2G-Plus. Wir haben keine familiären Kontakte. Das einzige Einfallstor ist der Kindergarten. Einkaufen versuchen wir wegzulassen und bestellen im Internet“, erzählte der 32-Jährige jüngst beim Weltcup in Ruhpolding.
Noch konsequenter geht Franceso Friedrich zu Werke. Der weltbeste Bobpilot hat seine beiden Söhne aus der Kita abgemeldet. Erst Anfang Februar, wenn der Papa in Peking um die Medaillen im Schlitten durch die Eisrinnen rast, dürfen seine Kinder wieder ihre Freunde sehen. Es geht darum, gesund in die Blase in Peking zu schlüpfen. „Ich würde sagen, dass die Athleten im Augenblick in Peking sicherer sind als in Deutschland“, meint Barbara Gärtner, Virologin des Deutschen Olympischen Sportbundes in einem dpa-Gespräch. Zu sicher sollten sich die Athleten in Asien allerdings nicht sein. „Das Problem heißt Omikron. Bei einem Erreger wie diesem kann es problematischer werden, wenn er einmal eingeschleppt wird in die Blase, weil die Übertragungsfrequenz höher ist“, sagt Gärtner und fügt an: „Es wäre ein größeres Problem, als es durch die Delta-Variante in Tokio gewesen ist.“
Biathletin Franziska Preuß war wegen ihrer Corona-Infektion mental am Tiefpunkt
Wer in diesen Tagen nach Peking möchte, muss organisatorisch sehr begabt sein. Anträge müssen ausgefüllt, ein eigener Corona-Beauftragter benannt sowie eine App auf das Handy gespielt werden, in die der tägliche Gesundheitszustand eingetragen werden muss. Kurz vor Abflug müssen noch zwei PCR-Tests negative Ergebnisse liefern. Das alles gilt für Sportler ebenso wie für Funktionäre und Journalisten. Vorsicht ist das Wichtigste. Ganz sicher aber kann sich niemand sein. Die Biathletin Vanessa Hinz sagt: „Ich weiß nicht, was wir noch mehr machen können.“ Franziska Preuß, eben erst von einer Covid-Erkrankung genesen, wird wohl etwas später als ihre Kolleginnen nach China reisen. Sie war Ende Dezember positiv getestet worden und musste auch den Heim-Weltcup in Ruhpolding auslassen. „Da war ich schon am Tiefpunkt“, sagte die Ex-Weltmeisterin. Sie findet es schade, dass wegen all der Corona-Problematik „das Sportliche in den Hintergrund rückt“.
Die Biathleten bereiten sich gerade in Antholz auf die Olympischen Spiele vor. Sie isolieren sich im Hotel von den anderen Gästen, tragen beim Essen Handschuhe und immer eine Maske. Außer beim Training freilich. Am Montag soll es losgehen nach China. Dort werden sich die Biathletinnen und Biathleten nicht an die Ortszeit anpassen. Sie bleiben in ihrem eigenen Zeitrhythmus, um bei den Wettkämpfen am späten chinesischen Nachmittag topfit zu sein.
Die deutschen Langläuferinnen und Langläufer haben die letzte Woche vor dem Abflug am Samstag in Davos verbracht. Höhenanpassung an die Bedingungen in den Bergen rund um China auf etwa 1700 Meter. Auch die Langläufer schotten sich in Davos ab. „Wir haben unsere sozialen Kontakte fast komplett eingestellt“, sagt Katharina Hennig. Sie spricht von viel Eigenverantwortung und vom Vertrauen in die Kolleginnen, dass die sich genauso strikt an die Vorgaben halten. Ob alles geklappt hat, wird sich in Peking zeigen.
Die allermeisten Sportler werden mindestens doppelt geimpft anreisen. Wer ohne Impfschutz in die Blase schlüpfen will, muss sich einer 21-tägigen Quarantäne unterziehen. Die Schweizerin Patrizia Kummer nimmt das auf sich. Die Snowboarderin ist seit Mitte Januar in einem Hotelzimmer vor Ort einquartiert. Drei Mal täglich bekommt die 34-Jährige Essen vor die Tür gestellt und trainiert auf einer Matte mit Hanteln. Sie klagt nicht. Der Weg zu Olympia kann in diesem Jahr steinig sein.