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Kommentar: Mehr als schöne Bilder: Was die Politik von der Ski-WM lernen kann

Kommentar

Mehr als schöne Bilder: Was die Politik von der Ski-WM lernen kann

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    Pappfiguren sind auf der Tribüne in Oberstdorf aufgestellt.
    Pappfiguren sind auf der Tribüne in Oberstdorf aufgestellt. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Irgendwann, so trösten uns zumindest einige Experten, geht die Pandemie zu Ende. Bis dahin darf gestritten werden. Über den richtigen Weg aus der Malaise. Der Profi-Sport hat sich erstaunlich schnell aus dem Würgegriff von Lockdown und Ausgangssperren befreit.

    Die finanziell dick gepolsterte Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat den Weg zurück zum Kerngeschäft vorgezeichnet. Ohne Zuschauer zwar, aber es funktioniert. Andere Sportarten, nicht nur in Deutschland, haben das Blasen-Projekt beobachtet und abgekupfert. Erfolgreich, wie bei der gerade abgelaufenen alpinen Ski-Weltmeisterschaft in Cortina d’Ampezzo zu sehen war.

    Ski-WM in Oberstdorf: Der mächtige Ski-Weltverband Fis drängte auf Ski und Spiele

    Permanente Tests und Hygienemaßnahmen kosten viel Geld. Aber sie sind der Schlüssel, um den Betrieb am Laufen zu halten. Dank 18.000 Schnelltests – davon weniger als zehn positive Fälle – ging die alpine WM reibungslos über die Bühne. Stäbchen in die Nase und 20 Minuten später kommt das Ergebnis per Meldung auf das Handy. Lästig, aber perfekt organisiert, erfüllt das Prozedere seinen Zweck. 90 Millionen Euro ließen sich die Italiener die WM kosten. Wie viel die Sicherheitsmaßnahmen verschlangen, ist nicht bekannt. Der Anteil dürfte nicht unerheblich gewesen sein.

    Die Organisatoren der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf dürften mit Interesse ins Veneto geblickt haben. Das Budget der Skispringer, Langläufer und Kombinierer beträgt etwa 20 Millionen Euro. Nach fünf Bewerbungsanläufen hatte die Marktgemeinde 2016 den Zuschlag für die Wettkämpfe bekommen, die ab Mittwoch ganz anders kommen als gedacht. Null Zuschauer, null Stimmung, wenig Einnahmen sorgen in Oberstdorf, wo bei der Heim-WM 2005 noch über 350.000 Fans eine rauschende Winterparty gefeiert hatten, für Ernüchterung.

    Doch der mächtige Ski-Weltverband Fis drängte auf Ski und Spiele. Die Fernsehsender machten Druck. „Bares für Rares“ kann nicht in Endlos-Schlaufen laufen. ARD und ZDF brauchen neuen Stoff. Skispringen und Langlaufen sind keine Straßenfeger, liefern jedoch stabile Quoten.

    Ski-WM: Ein professioneller Wettkampf um die beste Hygienestrategie hätte dem Land gutgetan

    Um perfekte Bilder produzieren zu können, hat die Gemeinde mit Zuschüssen von Bund und Land 40 Millionen Euro in die Modernisierung des Langlaufstadions Ried und der Schanzen gesteckt. Die Region als touristische Destination wird davon profitieren.

    Nun können sich die Hotellerie und die Geschäftsleute in Oberstdorf damit trösten, dass zumindest die WM-Bilder weltweit in den Wohnzimmern als Werbebotschaft ankommen. Dennoch werden sich die Organisatoren die Frage gefallen müssen: Braucht es das Sportspektakel in Zeiten der Pandemie? Die Zahl der WM-Kritiker wuchs mit der Schneehöhe auf dem Nebelhorn. Tenor: Bei uns sind Hotels und Geschäfte verrammelt, während Wintersportler aus der ganzen Welt den Ort fluten. Das Sommergeschäft ist in Gefahr. Einigen Hoteliers war die Lust auf das Skispektakel vergangenen. Dennoch: Sichere Wettkämpfe sind möglich. Mit permanenten Tests für Aktive, Trainer und Journalisten, mit Maskenpflicht und strengen Auflagen.

    Die Politik muss sich umgekehrt die Frage stellen lassen, warum sie nicht für wichtige Lebensbereiche wie für Schulen oder auch für den Einzelhandel auf intelligentere Lösungen gekommen ist, als die einfachste: Zusperren.

    Ein professioneller Wettkampf um die beste Hygienestrategie hätte dem Land gutgetan. Testen, testen, testen, statt schließen und basta. Man könnte von Skispringern oder Jungmillionären in kurzen Hosen vielleicht mehr abschauen als Herzchen-Jubel.

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