Sie haben der Versuchung widerstanden. An anderer Stelle gaben sie sich einen anderen Namen, ließen sich plötzlich Schiedsrichterassistent statt Linienrichter rufen. Das war die Facilitymanager-Werdung des Fußballs. Dabei ist ihre Aufgabe ja mit der ursprünglichen Job-Bezeichnung klar definiert. Sie richten über die Linie. Über Diesseits und Jenseits. Die Fußballer verliehen den Männern an der Linie einen neuen Titel und beschnitten dafür ihren Einflussbereich. Bei Abseitsentscheidungen dürfen sie zwar weiter fleißig mit dem Fähnchen winken - danach überprüft ein Computer aber ihre Entscheidung. Es ist eine schleichende Entmündigung.
Ein wahrer Champion lässt sich von keiner KI erzählen, ob er recht (Linie) oder unrecht (Aus) hat
Ähnlich geht es nun den Berufsgenossen auf den Tennisplätzen dieser Welt. Sukzessive verschwanden sie von den Centre Courts, ersetzt von einer Maschine, die präziser erfassen kann, ob ein Ball die Linie noch gekratzt hat oder schlicht im Aus gelandet ist. Bislang verweigerten sich die Traditionalisten in Wimbledon dieser Entwicklung. Ab dem kommenden Jahr aber richtet auch in London ein künstliches Auge über Diesseits und Jenseits. Was folgt als Nächstes? Erdbeeren mit Wackelpudding, Abschaffung der Besenkammern, Verbot weißer Tennisklamotten?
Kurz nachdem die Organisatoren von der Linie abgekommen waren und ihre Entscheidung bekanntgegeben hatten, richtete sich Rafael Nadal an die Öffentlichkeit. Der Senior Senor hat genug. Karriereende. Das ist linientreu. Ein wahrer Champion lässt sich von keiner künstlichen Intelligenz erzählen, ob er recht (Linie) oder unrecht (Aus) gehandelt hat. Im Jenseits dürfte die Zustimmung groß sein. Dort gibt es einen Schiedsrichter, der keine irdischen Hilfsmittel benötigt.
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